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Oma klopft im Kreml an

Oma klopft im Kreml an

Titel: Oma klopft im Kreml an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Telscombe
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Parties, und ein paar Leute von der Antifaschistischen Delegation waren auch dabei. Wahrscheinlich hat Jackie seitdem nichts von ihr gesehen und gehört, aber mir kam eben der Gedanke, daß man’s vielleicht doch versuchen sollte. Kommen Sie doch mit zu ihr nach dem Essen.»
    «Ich kenne sie doch gar nicht. Ich habe sie heute nachmittag nur flüchtig in der Botschaft kennengelernt», versuchte Humphrey, sich herauszureden. Stewart zog amüsiert die Augenbrauen hoch.
    «Jackie ist sehr unkonventionell. Ihr macht das nichts. Sie wird uns was zu trinken geben und uns rausschmeißen, wenn wir sie stören. Passen Sie mal auf - ich werde sie anrufen und ihr sagen, daß wir kommen.»
    «Sie sah sehr - hm - müde aus, heute in der Botschaft. Ich glaube, sie ist die ganze Nacht durchgefahren. Sie wird wahrscheinlich früh ins Bett wollen», stammelte Humphrey zutiefst beunruhigt. «Außerdem will ich selbst heute früh ins Bett gehen.»
    «Wir können ja beim Essen noch mal drüber reden», schlug Stewart vor. «Wollen Sie wirklich nicht mit zum Postamt kommen?»
    Humphrey lehnte wieder ab, wartete nur, bis Stewart durch die Schwingtüren verschwunden war, sprang auf und begab sich auf die Suche nach einem Taxi. Es war bereits sieben Uhr, und da Miss Baker nicht aufgetaucht war, saß sie sicher längst wieder in Jackies Wohnung.
    «Nichts?» fragte Jackie, als sie die Tür öffnete. «Hier auch nichts. Wo mag sie bloß geblieben sein?»
    Jackie hatte in der Zwischenzeit offensichtlich nicht tatenlos herumgesessen. Sie hatte sich umgezogen und trug nun bequeme Hosen und einen Pullover. Ihr Haar war frisch gewaschen, und aus der Küche duftete es wenig verführerisch nach verbranntem Toast.
    «Diese russischen Toaster! » schimpfte Jackie, während sie in die Küche stürzte. «Man kann diese verdammten Dinger nicht eine Sekunde allein lassen.»
    Humphrey folgte ihr und sah ihr zu, wie sie verkohlte Reste aus einem alten und schon reichlich verbeulten elektrischen Brotröster zog. Es schien ihm nicht der richtige Augenblick, sich in eine ernsthafte Diskussion über Miss Baker oder Stewart Fergusons unmittelbar bevorstehende
    Ankunft einzulassen.
    «Schinken mit Spiegelei?» fragte Jackie. «Das esse ich gerade. Es scheint auch gar nichts anderes da zu sein. Miss Baker ist wohl keine große Esserin, aber ich bin am Verhungern.»
    «Vielen Dank», sagte Humphrey. «Sie sehen nicht aus, als wenn Sie^ sich große Sorgen machten.»
    «Na ja, es hat doch keinen Zweck, sich aufzuregen, wenn man nichts unternehmen kann, oder?» sagte Jackie. «Die Botschaft habe ich bereits angerufen, und das ist alles, was ich tun kann. Sir Reginald muß zum Abendessen in die Italienische Botschaft, aber er hat gesagt, er würde später noch einmal anrufen. Er klang sehr zufrieden mit sich.»
    Sie legte sorgfältig ein paar Schinkenscheiben in die Bratpfanne.
    «Ja? Was hat er heute nachmittag erreicht?»
    Jackie zündete die Gasflamme unter der Pfanne an und griff nach den Eiern, bevor sie ungeduldig antwortete. «Ich hab ihn nicht gefragt, und er hätte mir durchs Telefon auch gar nichts sagen können, selbst wenn er gewollt hätte. Es war schon schwierig genug, meine eigene Information so anzubringen, daß niemand anders sie verstehen konnte. Ich habe nur gesagt, ich sei allein in der Wohnung, und er hat gesagt, ich solle wieder in der Botschaft anrufen, wenn ich um zehn Uhr immer noch allein sei. Soll ich Ihren Schinken gut durchbraten?»
    Humphrey sagte ja, und dann erzählte er ihr von Stewart Ferguson.
    «Machen Sie sich keine Gedanken über Stewart, mit dem werde ich fertig», beruhigte ihn Jackie. «Zwei Eier?»
    «Nur eins», sagte Humphrey, der allmählich verzweifelte, weil Jackie nicht zu einer ernsthaften Diskussion der Lage zu veranlassen war. «Aber Sie verstehen mich ja gar nicht. Was passiert, wenn er zu gleicher Zeit mit Tante Lavinia vor Ihrer Tür steht?»
    «Dann müssen wir eben hoffen, daß er Ihrem Rat folgt und anruft, ehe er kommt», sagte Jackie mit unvermindertem Optimismus. «Könnten Sie wohl die Bestecke auf den Tisch im Wohnzimmer legen? Ich bringe jetzt sofort das Tablett.»
    Nach dem Essen zeigte Jackie sich etwas zugänglicher. Sie stimmte zu, daß es etwa hundert Möglichkeiten gab, Miss Bakers erneutes und diesmal echtes Verschwinden zu erklären. Sie konnte spazierengegangen sein und sich verirrt haben. Sie konnte von einem aufmerksamen Milizsoldaten erkannt und festgenommen worden sein. Sie konnte in

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