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Oma klopft im Kreml an

Oma klopft im Kreml an

Titel: Oma klopft im Kreml an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Telscombe
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Türzuschlagen unterbrochen wurde.
    «Was meinen Sie, soll ich ihnen Tee bringen? » flüsterte Jackie schließlich.
    Humphrey schüttelte den Kopf.
    «Lassen Sie’s lieber», riet er. «Lange kann’s ja nicht mehr dauern.»
    Wenige Minuten später nahmen zu ihrem Erstaunen Miss Baker und Sir Reginald liebenswürdigen Abschied voneinander. Sir Reginald sah zwar nicht gerade triumphierend aus - aber niedergeschlagen wirkte er auch nicht.
    «Sie müssen bedenken, Miss Baker, daß ich auch ein vielgereister Mann bin», sagte er, als er die Tür in die Diele öffnete. «Also überlegen Sie sich’s ein paar Tage. In einer Kirche mit einfachen, gutherzigen Leuten zu wohnen, klingt sehr interessant und abenteuerlich, aber wissen Sie, nach einem Weilchen wird es ohne die gewohnten Bequemlichkeiten ziemlich anstrengend - besonders in unserm Alter. Alles romantisches Zeug.»
    «Aber da irren Sie sich», antwortete Miss Baker. «Es stimmt, wenn man in einem drittrangigen Hotel mittelschlecht untergebracht ist, dann ist das sehr irritierend. Aber wenn es überhaupt keinen Komfort gibt, dann fängt es an, dem richtigen Reise-Fan Spaß zu machen. Ich habe Ihnen doch von dem Jahr im afrikanischen Dschungel erzählt. Das war eines meiner schönsten Reiseerlebnisse.»
    «Vielleicht haben Sie recht. Um Ihretwillen möchte ich’s hoffen», sagte Sir Reginald. «Und ich danke Ihnen für Ihr Versprechen, die Presse zu ignorieren. Ich weiß, daß ich mich darauf verlassen kann. Ja, dann lassen Sie mich bitte wissen, wenn Sie sich’s überlegt haben. Heute bleibt Miss Marsh am besten bei Ihnen. Nein, kommen Sie bitte nicht mit zur Tür. Es sind bestimmt schon Journalisten da.»
    Stewart Ferguson hatte wirklich bereits von drei Kollegen Gesellschaft bekommen. Er versuchte vergebens, sie abzuwimmeln, als der Botschafter aus der Wohnung trat.
    «Kein Kommentar», knurrte Sir Reginald über die Schulter und ging, ohne sich umzusehen, die Treppe hinunter. Die Journalisten blieben unentschlossen an der Wohnungstür stehen, die Sir Reginald fest hinter sich zugezogen hatte, und wußten nicht, ob sie weitere Entwicklungen vor der Wohnung abwarten oder dem Botschafter folgen und ihn zu einer Äußerung bewegen sollten.
    Aber Sir Reginalds schroffes «kein Kommentar» hatte so entschieden geklungen, daß sie schließlich ein paarmal auf den Klingelknopf drückten und sich dann zu einer langen Belagerung im Treppenhaus niederließen.
    In der Wohnung hatten Jackie und Humphrey inzwischen den Versuch aufgegeben, Miss Baker zu einem Bericht über ihr Gespräch mit dem Botschafter zu bewegen. Sie sagte lediglich, daß ihr der «sehr nette Schwatz» mit dem Botschafter großen Spaß gemacht habe.
    Wie zu erwarten, hatte sie sich auch über Sir Reginald ihr eigenes und von allen anderen Meinungen abweichendes Urteil gebildet.
    «Ein reizender Mensch», sagte sie. «Aber natürlich bin ich völlig anderer Meinung als er.»

16

    Als wenn ein sechster Sinn sie geführt hätte, versammelten sich immer mehr Journalisten vor Jackies Wohnungstür. Um zwölf Uhr mittags saßen sie überall im Treppenhaus verstreut. Nicht alle wußten, warum sie eigentlich gekommen waren. Die meisten hatten nur das sich mit Windeseile ausbreitende Gerücht gehört, daß der britische Botschafter am Vormittag in einer der Wohnungen mit jemand ein Gespräch geführt hatte.
    Nur Stewart Ferguson wußte, daß Miss Baker in der Wohnung war, und von dieser Tatsache versuchte er durch eine Reihe frei erfundener Schauergeschichten, eine immer unwahrscheinlicher als die andere, abzulenken.
    «Ein tragischer Fall», sagte er zu den ersten Ankömmlingen und schüttelte traurig den Kopf. «In allen Wohnungen hier haben die Badezimmer ziemlich veraltete Gasboiler. Und als Miss Marsh, die Botschaftssekretärin, heute morgen ihr Bad einließ, explodierte das Ding. Ich habe gehört, sie hat mehrere Stunden bewußtlos gelegen. Als sie schließlich zu sich gekommen und über die Diele gekrochen war, wurde sie am Telefon wieder ohnmächtig. Zum Glück riefen sie gerade von der Botschaft an, weil sie nicht zum Dienst erschienen war, und sie kam gerade so lange wieder zum Bewußtsein, daß sie etwas ins Telefon flüstern konnte.
    Wenn ihr hier gewesen wäret, als ich kam, hättet ihr die drei russischen Spezialisten von der Polyklinik gesehen. Einer ist immer noch da und kämpft um ihr Leben. Ich nehme an, sowie sie transportfähig ist, wird der Krankenwagen kommen.»
    Stewart berichtete das

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