Oma und Frieder - Sammelband
lieber die weißen Stiefel haben will, die mit den silbernen Sternen. Aber die Oma kauft braune, die schon. Nie kriegt er das, was er will, nie! Frieder bohrt die Fäuste in die Augen und schluchzt laut auf und hockt und wartet und die Oma kommt ewig nicht.
Endlich kommt sie aber doch. Aber Frieder spricht nicht mit ihr. Kein Wort. Die Oma sagt auch nichts. Sie sperrt die Tür auf und wütend stapft der Frieder hinter ihr die Treppe hoch. Oben, in der Küche, dreht sich die Oma zu ihm hin und sagt: »Zieh Schuhe an, Bub! Du sollst doch nicht barfuß laufen bei der Kälte, wie oft soll ich das noch sagen!« Frieder steht und schweigt und starrt auf seine Sockenfüße. »Bub«, sagt die Oma noch mal, »zieh Schuhe an. Du wirst mir ja krank.« Klar wird er krank. Und wie. Die Oma ist selber schuld. Frieder steht und schweigt und tut sich selber furchtbar Leid.
»Bub«, mahnt die Oma geduldig, »Schuhe anziehen! Zieh halt die neuen Schuhe an. Mir zur Freude, ja?«
Die neuen Schuhe anziehen? Die blöden braunen Stiefel? Nie und nimmer. Frieder denkt gar nicht dran. Die kann die Oma selber anziehen! Frieder bleibt stocksteif stehen und schaut auch nicht hin, als die Oma mit Papier raschelt. Die Oma packt aus. Sie packt lange aus. Sie raschelt laut mit dem Papier. Und dann schaut der Frieder doch hin. Weil nämlich die Oma dauernd mit was Weißem vor seiner Nase wedelt. Mit was Weißem? Die neuen blöden Stiefel sind doch braun, oder? Sie sind es nicht! Sie sind weiß! Frieder reißt die Augen weit auf, da kniet schon die Oma vor ihm, hebt seinen Fuß, den rechten, und zieht einen Stiefel drüber, hebt seinen Fuß, den linken, und zieht einen Stiefel drüber. Und die Stiefel sind weiß. Alle beide. Und silberne Sterne glitzern. Frieder seufzt tief auf, starrt auf seine weißen Glitzerstern-Stiefelfüße und flüstert: »Mensch Oma!« »Ich hab gedacht, die passen halt doch am besten«, sagt die Oma und grinst. »Juchhu!«, schreit der Frieder und tut einen gewaltigen Hops, genau vor Omas Nase. Diesmal fällt er nicht hin. In weißen Stiefeln kann man gar nicht fallen.
Er lacht und strahlt und spaziert um die Oma herum, links herum und rechts herum. Und dann hockt er sich zur Oma auf den Boden, streichelt die Stiefel, seine schönen, weißen Stiefel, und streichelt die Oma, seine liebe, liebste Oma.
Bis die schließlich aufsteht, sich stöhnend den Rücken reibt und einen heißen Pfefferminztee
aufbrüht. »Gegen Schnupfen, Barfußlauser du«, sagt sie und grinst. Frieder holt die Zuckerdose und schmeißt sechs Zuckerstücke in Omas Tee und sagt: »Weil du meine liebe Weiße-Stiefel-Glitzerstern-Schuhkauf-Oma bist!« Und dann sitzen Oma und Frieder am Küchentisch, trinken Tee und reden den ganzen Nachmittag lang über die neuen Schuhe. Und als Frieder schlafen gehen muss, da geht er schlafen ... mit den Stiefeln an seinen Füßen. »Ausnahmsweise«, sagt die Oma und deckt den Frieder und die Stiefel zu. »Ausnahmsweise«, grinst der Frieder und schläft zufrieden ein.
»Oma«, schreit der Frieder und zupft an Omas Rock. »Oma, ich mag jetzt mal ein Räuber sein.« ^»Ja, lässt du mich gleich los, Rotzbub!«, zetert die Oma. »Jetzt spiel du schön. Eins rechts, eins links, eins über Kreuz.« Die Oma sitzt in der Küche und strickt. Der Pullover ist bald fertig. »Aber Oma!«, schreit der Frieder. »Räuber spielen doch nicht! Die räubern doch!« Mit einem Sprung ist er bei der Oma und zieht ihr blitzgeschwind eine Stricknadel aus der Strickerei. Und flitzt damit ab ins Kinderzimmer. Blitzgeschwind.
»Ja spinnst du jetzt?«, schreit die Oma hinterher. »Her mit der Nadel, Lauser!« »Bin kein Lauser, bin ein Räuber!«, brüllt der Frieder vergnügt zurück und haut die Stricknadel auf den Tisch, dass es scheppert. Die ist jetzt sein Schatz. Sein Räuberschatz. Räuber räubern Schätze und verstecken sie. So steht's im Bilderbuch. Räuberschätze glitzern, die Stricknadel glitzert auch. Ein toller Räuberglitzer-schatz. Und den muss er jetzt verstecken. Frieder schaut sich um. Das Bett! Das Bett ist ein prima Versteck. Frieder grinst und steckt die Stricknadel unters Kopfkissen. So! Jetzt ist sie weggeräubert und nie und nimmer findet sie die Oma. Frieder klopft das Kopfkissen schön glatt und setzt den Teddy drauf. Der bewacht jetzt den Räuberschatz. Und er muss noch mehr räubern, noch viel mehr ... aber erst mal muss er aufs Klo. Frieder saust los ... und als er zurückkommt, da sieht er mit einem Blick: Der
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