Omka: Roman (German Edition)
alles! Verlieren Sie keine Zeit!« Verwundert schaute Omka auf den Boden und dann nochmals hin, da drehte sich die Frau zu ihr um, und sie erkannte, dass sie ein bleiches, schmales Gesicht hatte, das von einem dunklen Kopftuch eingerahmt war, und eine Sonnenbrille trug, sodass ihr Gesicht wirklich auf den ersten Blick aussah wie ein Totenkopf. Verwirrt von der Täuschung schüttelte Omka ihren Kopf und rieb sich ihre Augen. Die Frau war weg.
»Erleben Sie jetzt die neue Dimension von Shopping! Mit der Mega-Genusszone!«
Omka rieb sich die Augen, wollte eigentlich aufspringen und davonlaufen, blieb aber sitzen und überlegte sich, ob sie wirklich aufspringen und davonlaufen sollte und wozu das denn gut sein sollte und dass es überhaupt nichts ändern würde. Also blieb sie mit einem unbehaglichen Gefühl sitzen und beobachtete die vorbeilaufenden Frauen mit ihren Kindern und die bunt flackernden Bildschirme an den Wänden des Kaufhauses.
Josef hatte sich beruhigt. Seine Hände hatten aufgehört zu zittern, und er fühlte sich wieder, als habe er Boden unter den Füßen. Der Stapel Zettel vor seiner Nase ärgerte ihn auf einmal, und er hätte jetzt gerne beschlossen, für heute fertig zu sein. Die Arbeitszeit war noch lange nicht vorbei, und an das große Projekt zu gehen, hatte er keine Lust mehr. Irgendetwas reizte ihn jetzt daran, nach Hause zu fahren und Omka etwas zu tun.
Omka hatte es irgendwie geschafft, alle Einkaufstüten auf dem Fahrrad schiebend nach Hause zu transportieren. Velinka war etwas länger geblieben, hatte Omka, als sie zur Tür hereinkam, Jonas in die Hand gedrückt und war schnell gegangen. Das Kind begann zu weinen, als es seine Mutter sah. Der große Hut, die Sonnenbrille und die Spitzenhandschuhe machten ihm Angst, und erst, als er Omkas Stimme hörte, beruhigte er sich. Er schaute sie mit großen Augen an, um dann seinen Kopf an ihre Brust zu drücken und seinen Mund lautlos aufzumachen, seine Augen waren geschlossen, und Omka strich über den Flaum auf seinem kleinen Köpfchen. Sie stand zwischen ihren Einkaufstüten, die teilweise umgefallen waren und deren Inhalt sich wie bunte Pfützen aus Wolle, Papier und Glas auf den Fußboden ergossen hatte, das Kind auf ihrem Arm, und überlegte, was sie jetzt als Nächstes machen sollte.
Josef konnte es nicht erwarten, nach Hause zu kommen. Der verbleibende Arbeitstag hatte sich zäh hingezogen wie lauwarme Zuckerpaste, und er hatte unter dem Vorwand, ihm sei nicht gut, das Büro verlassen. Jetzt hoffte er, dass das Kind schlief, in seinem Kopf und seiner Brust war irgendein Kribbeln, und aus irgendeinem Grund zitterten seine Knie jetzt wieder. Er war etwas Bestimmtem auf die Schliche gekommen, so zumindest fühlte es sich an. Ihre herrische Art fiel ihm ein, ihr Getue, wenn sie ihn fragte, ob er böse auf sie sei, und ihre Reaktion, wenn er sich dann wirklich ärgerte, und ihm kam der hässliche Gedanke, dass sie nur ein Spiel mit ihm trieb, und er glaubte, es jetzt durchschaut zu haben und dass er deshalb bei der Arbeit nicht von dem Gedanken an die Nächte mit Omka lassen konnte.
»Du bist betrunken«, sagte er mit verstellter Frauenstimme und schaute durch das Glas der Windschutzscheibe in den Himmel, wo sich dunkle Wolken zusammenschoben.
»Hast du den Verstand verloren?«, sagte er.
Plötzlich rollte ein Schatten wie eine Kugel vor ihm über die Straße, er trat reflexartig auf die Bremse und sah etwas Großes mit runden, gleichmäßigen Bewegungen davonlaufen, es lief in den Wald. Es hatte keine Erschütterung gegeben, keinen Aufprall, kein Geräusch, weil nichts passiert war. Josef saß hinterm Steuer, und sein Herz schlug bis zum Hals.
Omka hatte ihre Sachen noch nicht weggeräumt und sich nicht umgezogen, weil Jonas auf ihrem Arm eingeschlafen war und sie ihn daraufhin in sein Bettchen legte, langsam und ruhig, und dabei seinen Kopf abstützte, damit er nicht wieder wach wurde. Sie deckte ihn zu, sah ihn an und lächelte. Dann hastete sie ins Bad, zog die Kleider aus, legte alles zusammen und wickelte die roten Schuhe wieder ins weiße Papier ein, um sie dann zurück in die Schachtel zu tun.
Nachdem sie fertig war, setzte sie sich in die Küche und begann zu trinken.
Es war noch eine Flasche Weißwein kühl gestellt, und sie schenkte sich etwas von dem gelben Wein in ein kleines Glas, und es verlangte sie danach, zu reden, zu weinen, sich zu erklären, sie sehnte sich nach etwas Tiefsinnigem, Echtem, Wahrem
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