Omnia vincit amor - Liebe besiegt alles
den Waschbeckenunterschrank. Die Tür wurde aufgebrochen und die Zwillinge blickten ängstlich in den Raum. Meine Faust blutete, was ihre Panik erklärte. Sie mussten es gerochen haben.
»Verschwindet! Lasst mich alleine!«, forderte ich und schickte ein paar leise Flüche hinterher. Ich versuchte aufzustehen und Elias kam mir zu Hilfe. Er packte mich unter den Armen und zog mich auf die Beine. Statt ihm zu danken schlug ich hysterisch nach ihm.
»FASS MICH NICHT AN!«, schrie ich und funkelte ihn wütend an.
»Miri …«, stammelte Ana, während ihr Bruder mich einfach nur verletzt ansah. Ich wollte sterben, wieso hatte man nicht mich getroffen? Dann müsste ich jetzt nicht diese Schuld mit mir herumtragen. Elias schluckte und sah zu seiner Schwester.
»Geh«, krächzte er mit belegter Stimme. Irritiert kam sie auf ihn zu, um ihn noch einmal zu drücken und zu küssen. Die beiden verließen gemeinsam das Badezimmer, doch Elias blieb im Wohnzimmer mit dem Rücken zu mir stehen. Aus Wut über mich selbst knallte ich die aufgebrochene Tür wieder zu, doch das dumme Ding ging sofort wieder auf. Scheiße. Ich setzte mich auf den Badewannenrand und sah ins Wohnzimmer. Elias hatte es sich mit angezogenen Beinen auf der Couch bequem gemacht. Ich schloss meine Augen und sah Emilia vor mir. Ihr Blick, das ganze Blut. Tränen überfluteten meine Augen und ich spürte das dringende Bedürfnis, zu meiner Mutter zu laufen und sie fest an mein Herz zu drücken. Es klingelte an der Tür und ich öffnete meine Augen wieder. Mit einem Seufzen erhob sich Elias und ging, ohne zu mir herüberzusehen, zur Tür.
»Du armes Kind!«, hörte ich die Stimme der Frau, an die ich eben noch gedacht hatte. Ich hörte Elias weinen und erhob mich langsam. Unsicher wankte ich zum Türrahmen und traf sofort auf den Blick meines Vaters.
»Mit dir und dem Baby alles klar?«, fragte er besorgt und ich nickte, wobei ich ein paar Tränen wegblinzelte. Mama sah mich an Elias vorbei an. Mein Mann hatte meine Mutter wie einen Rettungsanker umklammert und schluchzte laut in ihren Armen. Irgendwann würde ich an seiner Stelle sein, doch da war keine Emilia, die mich trösten könnte, niemand. Wie David schon gesagt hatte: Dafür gab es keinen Trost. Die Welt ist und war schon immer ein Arschloch. Wenn es einen Gott gab, wieso hatte er dann das Leben einer treuen Gläubigen genommen? Wieso? Das würde ich zu gerne mal den Papst fragen, aber seine Antwort war mir schon bekannt: Vampire sind keine Kinder Gottes.
»Wir wollten nur mal nach euch sehen«, sagte Mama und schob Elias sanft von sich weg. Widerwillig ließ er sie los und drehte mir den Rücken zu. »Ihr kommt klar, oder?«
Ich nickte ihr zu.
»Wir sind da, wenn ihr uns braucht«, bot Papa seine Hilfe an und verschwand mit Mama im Arm. Als er die Tür hinter sich schloss fühlte ich mich noch grauenhafter. Elias schien sich mit den Händen die Tränen aus dem Gesicht zu wischen.
»Wenn du ein Mensch wärst«, flüsterte ich mit heiserer Stimme, »würde ich dich fragen, ob du was essen oder trinken magst.« Ich zuckte für mich selbst mit den Schultern. »Aber so weiß ich nicht, wie ich dir helfen kann.«
Elias war ganz still und regte sich nicht. Nimm ihn in den Arm! schrie eine Stimme in mir, aber ich ignorierte sie und verzog mich wieder in mein Zimmer. Das Wort Feigling war noch viel zu nett für mich!
Neben Elias im Bett zu liegen und ihn nicht zu berühren war seltsam. Dazu kam noch, dass er weinte und ich einfach nur dalag und ins Dunkle starrte. Die Schuld am Tod seiner Mutter lähmte mich. Irgendwann nach Mitternacht war Ana dazugekommen und hatte sich mit ins Bett gequetscht. Die beiden ließen mir jede Menge Platz und schafften somit eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen und mir. So sollte das nicht sein! Ich sollte zumindest Elias im Arm haben. Ich sollte mit ihm wach sein. Mit ihm reden oder ihn einfach nur halten. Wieso verhielt ich mich so? Lag es daran, dass ich immer noch das Gefühl hatte, dass Emilia oben bei Roman war und fröhlich lachte, nähte oder betete? Oh lieber Gott, sie war tot! Ich knipste das Licht neben mir an, was die Zwillinge aufschrecken ließ.
»Wie kann sie es nur wagen?«, keifte ich aus purer Verzweiflung. »Wie kann sie einfach sterben?« Ich klang wie eine hysterische Furie. Elias und Ana setzten sich auf und sahen mich besorgt an.
»Verdammt sie hätte wegbleiben sollen!«
»Nein!«, rief Elias dazwischen und schüttelte den Kopf.
»Ich kann
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