Omnia vincit amor - Liebe besiegt alles
mich um. Niemand, der mich auffing. Niemand, der sich dafür interessierte, wie es mir ging. Ich gab mir selbst eine Ohrfeige auf die rechte Wange. Als das schmerzlich kribbelnde Gefühl nachließ, entschied ich mich nach David zu suchen. Ana und Elias waren mit Sicherheit zu ihrem Vater gegangen und der Gedanke, jetzt mit Elias alleine zu sein, bereitete mir Übelkeit. Als ich an Davids Zimmer angekommen war, klopfte ich hastig an. Ohne auf ein Wort zu warten, öffnete ich die Tür und fand Hallow und meinen Bruder am Fußende ihres Bettes. Sie saßen nebeneinander und sahen mich gespannt an.
»Ich bin ein furchtbarer Mensch«, teilte ich auch ihnen mit. David sprang auf und zog mich auf einen Stuhl.
»Setz dich erst einmal, du furchtbarer Mensch«, sagte er mit beruhigender Stimme. Er kniete sich vor mich und sah mich mit seinen hellblauen Augen an.
»Elias wird sich nicht freuen, wenn unser Baby kommt. Dabei ist es doch unser erstes!«, plapperte ich vollkommen von Sinnen und unter Tränen. Mein Bruder runzelte die Stirn und ließ mich reden.
»Er trauert und ich bin wütend auf ihn, weil er nicht für mich da ist. Dabei sollte ich jetzt für ihn da sein. Ich bin von Grund auf Böse, eine richtige Egoistin.«
»Nein«, sagte David sanft und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. »Du bist eine hochschwangere, werdende Mutter, die verängstigt ist und zum ersten Mal in ihrem Leben so richtig mit dem Tod konfrontiert wird.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Nein«, schluchzte ich. »Ich bin gemein. Von Grund auf böse.« Wieso war ich nur so sauer auf Elias? »Ich hasse Elias dafür, dass er nicht für mich da ist.«
»Pssst«, machte mein Bruder. »Wut ist ganz normal, wenn man trauert.« Er sah zu seiner Hallow hinüber. »Sorry, aber das schreit nach ein bisschen Geschwisterzeit.«
Die Hexe nickte und schlenderte dann zur Tür hinaus.
»Ich muss auch hier raus«, brabbelte ich spontan. Ich verspürte den Drang wegzulaufen. Wovor? Vor mir selbst?
»Nein«, versuchte David mich zu beruhigen. »Du bleibst hier ruhig sitzen und atmest erst …«
Ich stand auf und quetschte mich hastig an ihm vorbei zur Tür. Er folgte mir und hielt mich an einer Hand fest.
»Jetzt beruhig dich doch erst mal!«
Ich schoss zu ihm herum und funkelte ihn böse an.
»NEIN!«, kreischte ich über den ganzen Flur. »Ich muss hier raus. Ich halte es hier keinen Moment länger aus.«
David sah mit einem entschuldigenden Blick über mich hinweg. Ich drehte mich um, um zu sehen, wen er da ansah. Mein Herz blieb fast stehen, als ich das weiße, traurige Gesicht von Elias sah.
»Miriam?«, fragte er beinahe tonlos. David zog mich an sich heran.
»Sie hat schrecklichen Hunger«, log er. »Ich fahre mit ihr einen Döner essen.« Er zog an mir, doch ich blieb in Elias‘ Ausdruck versunken stehen. »Komm, Miriam.«
Nur langsam konnte ich mich lösen und folgte meinem Bruder. Elias wirkte traurig und verletzt. Er suchte meine Nähe, doch ich suchte nur das Weite. Ich ließ mich von David die Treppe hinunter in die Eingangshalle führen. Melissa und Ana standen dort, ineinander verschlungen und sich küssend. Ich sah zurück zur Treppe, von der aus mir Elias nachsah. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, mich übergeben zu müssen, kämpfte den Brocken in meinem Hals jedoch nach unten.
»Wie konnte das nur passieren?«, fragte ich meinen Bruder vollkommen in Gedanken verloren, als er mit mir und einem der Wachleute in seinem alten VW Golf durch Köln fuhr. Ein Schwarm Vampire verfolgte uns zu Fuß. Alles fühlte sich so surreal an. Als würde es jemand anderem passieren und ich sah nur total fassungslos zu. Wieso hatte mich niemand vorgewarnt?
»Scheiße passiert jeden Tag auf diesem verdammten Planten. Die große Frage ist nur: Wann trifft sie uns?«, sagte mein Bruder, den Blick wütend auf den Verkehr gerichtet.
»Niemand wird mein Baby jetzt noch lieben«, sagte ich und sah auf meinen Bauch, auf den eine Träne tropfte.
»Ich kann zumindest von vier Leuten sagen, dass sie es tun werden.«
Ich sah ihn neugierig an. Für einen kurzen Moment grinste er.
»Denkst du etwa, ein echter Michels könnte den Kleinen auch nur ansatzweise NICHT vergöttern?«
»Du wirst ihn lieben?«, fragte ich voller Hoffnung. Ungläubig schüttelte mein Bruder den Kopf über meine Frage.
»Er ist dein Sohn, es gibt keinen Grund, warum ich mich nicht für ihn vor einen fahrenden Bus werfen würde.«
Ich schluchzte.
»Emilia hat dich und
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