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On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

Titel: On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Birr
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Seine Frau schaute ohnehin schon die ganze Zeit konzentriert in die andere Richtung, als hätte sie damit nichts zu tun.
    »Vor allem frag ich mich: Wovor haben diese Leute Angst? Es gibt keine absolute Sicherheit im Leben. Niemand ist unsterblich: ich nicht, Sie nicht und – glauben Sie es oder nicht – ein Nichtraucher auch nicht. Das ist doch auch das Kranke an unserer Zeit: Alle glauben, sich gegen irgendwas schützen zu können. So wie diese Fahrradhelmträger. Haben Sie so was früher gesehen? Nein! Früher war klar: Wer Fahrrad fährt, lebt gefährlich. Kommt ein Laster, biste Matsch. Aus. Ende. Da hilft auch kein Helm.«
    Der Gast guckte nur und sagte gar nichts.
    »Oder diese Idioten mit den Rollkoffern. Glauben doch tatsächlich, dass sie sich mit einem normalen Koffer den Rücken verbiegen und den Arm ausleiern. Gab es doch früher nicht. Wenn das stimmen würde, dann wäre bei den Leuten früher ein Arm länger gewesen als der andere. Jetzt frag ich Sie: Haben Sie das schon mal gesehen? Ich nicht. Trotzdem laufen die jetzt mit ihren dämlichen Rollkoffern rum und machen Lärm: deduck! Deduck! De-Drrrrr! Selbst mit ihren kleinen Scheißdingern. Sind nicht größer als die kläffende Fußhupe meiner dicken Nachbarin, die immer diese Labberklamotten anhat, aber müssen gezogen werden, weil, man könnte sich beim Tragen ja was tun.«
    Der Lippenbewegung des Rentners zufolge sortierte er in der ihm gebotenen Geschwindigkeit seine Gedanken und stand kurz davor, etwas zu erwidern. Der Kellner setzte zum Endspurt an:
    »Wenn die versuchen, hier auf dem Schiff Schwimmwestenpflicht einzuführen, dann bin ich die längste Zeit Kellner gewesen, das können Sie aber singen. Ich lauf doch nicht mit sonem orangenen Ding rum, da seh ich ja aus wien Müllmann. Wenn das Schiff absäuft, gehen wir halt drauf. Ist nun mal so. Kammer nüscht machen, sarickma. Ich beschwer mich nicht. Ist dann wohl Gottes Wille, obwohl ich ja eigentlich nicht an Gott glaube. Aber diese Sicherheitsfanatiker werden sich noch mal ganz schön wundern, wenn sie irgendwann tot sind. Huch, der Sensenmann! Wie kann das sein? Ich hab doch nie geraucht und immer einen Helm getragen. So einfach ist das nämlich nicht, liebe Freunde. Die haben so viel Angst um ihr Leben, dass ich mich frage: Wofür leben die dann noch? Kein Alk wegen ungesund, keine Zigaretten wegen Krebs, nich vögeln wegen AIDS und kein Steak wegen BSE. Na, was bleibt denn da noch? Kirche, oder was? Vielen Dank. Da kann ich gleich in die Kiste hüppen. Ich sag immer: Lebt, solange ihr noch könnt! Im Himmel gibts nix mehr zu feiern, obwohl ich ja eigentlich nicht an den Himmel glaube, sarickma. Aber stellen Sie sich mal vor, Sie hätten vierzig Jahre lang kein Bier getrunken und sehen am Ende doch so aus wie Ottfried Fischer. Ich würd mich ärgern.«
    Da machte es Klick beim Rentner.
    »Ich hätte gern ein Bier«, sagte er und steckte seine Pfeife wieder in die Tasche seiner beigefarbenen Microfaserweste.
    »Und ich hätte gern Feierabend«, sagte der Kellner.
    Wieder ließ der Rentner den Mund offen stehen.
    »Kleiner Scherz«, sagte der Kellner. »Bar ist wieder offen«, rief er über das Deck und ging hinter seinen Tresen. Als er dem Rentner das Bier brachte, kläffte der Kapitän von der Brücke:
    »Na? Ist der Herr Servicemitarbeiter fertig mit seiner Predigt? Können wir mal ablegen? Oder willst du nächstens den Job vom Stadtbildzerstörer übernehmen?«
    »Nix«, kläffte der Kellner zurück. »Ick lass mir doch nicht vorschreiben, was ich zu sagen habe.«
    Zehn Minuten bevor wir anlegten, ging er herum und kassierte ab, wobei er an jedem Tisch noch einen Spruch machte:
    »Ich müsste Ihnen mal ein paar Euronen abnehmen. Ja, ist nicht schön, ich weiß. Mit dem Bezahlen verplempert man das meiste Geld.«
    Als alle Passagiere von Bord waren, ging ich zu ihm an die Bar.
    »Hallo, ich hab mich vorhin gar nicht vorstellen können. Ich bin Tilman.«
    »Ja. Dit hilft dir jetze ooch nüscht mehr.«
    Zweifelsfrei: ein Scherzkeks.
    »Und wer bist du?«, fragte ich.
    »Ich bin der philippinische Heizer. Ich schaufel unter Deck die Kohlen in den Ofen.«
    »Und wie heißt du?«
    »Klaus.«
    »Ach komm, lüg doch nicht«, sagte ich.
    Klaus lachte.

Das kennen Sie nicht mehr
    E in paar Lücken hatte ich noch, das war mir in der ersten Schicht aufgefallen. Hoffentlich aber sonst niemandem. Mal hatte ich eine Jahreszahl vergessen und erfand einfach eine, die mir plausibel schien, mal fehlte

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