On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)
mit sechzigjährigen Engländern. Und schon nach zehn Minuten läuft vor dir einer, dem fällt was aus der Hand, und er bückt sich auch noch danach, genau vor dir.«
»Ha! Interrail habe ich auch mal gemacht, einen ganzen Monat lang. Weißt du, worauf ich mich danach am meisten gefreut habe?«
»Na?«
»Endlich wieder im Sitzen kacken.«
»Was ich ja am schlimmsten finde am Campingurlaub: Du wachst morgens auf, hörst, wie der Regen auf dein Zelt prasselt, und musst aufs Klo. Da fängt der Tag schon mal richtig scheiße an.«
»Oh ja, das kenn ich auch. Wenn du erst mal eine Minute laufen musst, bis du beim Toilettenhäuschen bist. Riesenabturn.«
»Aber für euch Männer ist das doch kein Problem.«
»Glaubst du, ich piss da irgendwo zwischen die Zelte, oder was?«
»Auf dem Campingplatz, wo ich das letzte Mal war, haben das Leute gemacht.«
»Waah! Wo war das denn?«
»Auf Ibiza. Voll mit Engländern.«
»Oje.«
»Dann ist es da immer so laut. Nachts hörst du die Pärchen im Nachbarzelt. Dann wird da so viel geklaut. Auf einem französischen Campingplatz kannst du echt nichts aus den Augen lassen. Die saufen dir die Cola aus der Flasche weg, wenn du mal kurz nicht aufpasst. Und du kannst nicht mal zur Aufsicht gehen und das melden, weil die kein Englisch sprechen. Französisch ist eh komisch, hab ich nie verstanden. Da steht E-A-U-X, aber gesprochen wird es O.«
»Oder diese verschwurbelte Literatur. Ich weiß bis heute nicht, wer Montaigne und wer Montesquieu war. Der eine war schwul und der andere Jurist. Aber frag mich nicht, welcher welcher war.«
»Ach, Literatur! Ich konnte mir ja nicht mal den Unterschied merken zwischen chapeau, château und gateau.«
»Oder diese Denkfranzosen, Derrida und so Zeug. Die anstrengendsten Typen auf der Uni waren immer die, die dauernd von Foucault gelabert haben und sich dabei total geil fühlten. Wenn einer sich gemeldet hat und gesagt hat: ›Ich glaube, so pauschal lässt sich das nicht sagen‹, dann wusstest du schon: Jetzt kommt er gleich mit Foucault angeschissen.«
»Aber die würdest du ja nicht auf dem Campingplatz treffen.«
»Stimmt. Also, man kann ja viel gegens Campen sagen, aber der große Vorteil ist: Foucault-Arschlöcher gibt es da keine.«
»Man muss ja nicht nach Frankreich. Italien würde ja auch gehen.«
»Aber die können ja noch weniger Fremdsprachen. Bei den Italienern muss man ja schon froh sein, wenn sie Italienisch können.«
»Oder die Griechen.«
»Die Griechen können schon Englisch, aber die können keine Zischlaute. Die sagen sit, wenn sie shit meinen. Mich hat mal einer zugetextet: ›What is that sit? I don’t like that sit. Don’t tell me no sit.‹ Ich hab erst gar nicht gerafft, was der wollte. Weißt du, was Garage auf Griechisch heißt?«
»Na?«
»Garaz. Und weißt du, welche Crossoverband in Griechenland die beliebteste ist?«
»Hm?«
»Reydz egenst the messìn.«
»Und die Deutschen?«
»Ach, die Deutschen … Wenn du Glück hast, findest du schon einen Deutschen, der Englisch spricht. Aber die, die nie eine Fremdsprache gelernt haben, behandeln Ausländer so, als wären die alle geistig zurückgeblieben. Die glauben, man muss einfach ganz langsam reden und vor allem laut, dann verstehen die einen schon. Ich weiß noch, wie meine Oma in Spanien im Laden stand und die Verkäuferin angeschrien hat: ›Fräulein, jetzt hören Sie mir mal genau zu: HOOONIG ! ICH HÄTTE GERNE HOOONIG !‹ Die hat mit ihr geredet wie mit dem Dorfdeppen in ihrer steirischen Heimat.«
»Ach, es ist ja auch immer irgendwas.«
»Genau. Und vor allem überall.«
»Ob wir da in Urlaub fahren oder nicht …«
»Wir sitzen hier auf dem Balkon und trinken Wein. Ist doch wie Urlaub.«
»Wir müssen halt nur morgen arbeiten gehen.«
»Ich nicht. Ich hab morgen frei.«
»Ach ja. Ich ja auch.«
»Und morgen ist Markt auf dem Boxhagener Platz. Da können wir ja ein bisschen Fisch kaufen.«
»Joa. Könnten wir eigentlich machen.«
»Pass auf, wir gehen morgen zusammen zum Fischverkäufer und quatschen ihn auf Englisch an. Das wird echtes Urlaubsfeeling.«
»Nee, wir gehen getrennt voneinander zum Fischverkäufer und quatschen ihn auf Englisch an. Und wer ihn schneller dazu bringt, ganz langsam und laut deutsch mit uns zu reden, hat gewonnen.«
»Abgemacht.«
Die Zukunft
Die Tochter zeigt viel Bein
sie hats noch vor sich.
Die Mutter hüllt sich ein
sie hats schon hinter sich.
Der Vater macht sich klein
er wär gern für
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