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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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Bewegung. Um ihn herum wurde es schneller dunkel, als er vermutet hatte, und bald sah er nur noch graue Schemen vor sich. Als unvermittelt ein stechender Schmerz von seiner Stirn durch seinen Kopf zuckte und sich wie eine eiserne Klaue um seinen Schädel legte, musste er sein Tempo drosseln. Ein heißer Schauer packte ihn. Stöhnend blieb Ondragon stehen und presste sich die Hände an die Schläfen. Mit einem Seufzer legte er seinen Kopf in den Nacken und blinzelte ein paar Mal, bis sein Blick wieder klar war. „Schon gut. Es sind nur Kopfschmerzen. Ich werde es überleben“, sagte er sich und wollte seinen Trott gerade wieder aufnehmen, da bemerkte er einen Schatten zwischen den Bäumen vor sich. Er hob die Waffe. Sein Arm zitterte von der Anstrengung.
    Langsam bewegte sich der Schatten nach links. Ondragon zog die Augenbrauen zusammen, um bei dem schlechten Restlicht noch etwas zu erkennen. Es war eindeutig ein Mensch, der da lief. Wut packte ihn. Er hatte keine Lust mehr auf diese Versteckspielchen. Mit ausgestreckter Waffe ging er auf die Person zu und rief: „He! Warte! Stehenbleiben!“
    Doch der Schatten hatte sich bereits hinter einen Baum gekauert. Wer zum Teufel war das? Einer vom Suchtrupp?
    „Kateri? Pete?“ Als er nur noch zwanzig Schritte von dem Baum entfernt war, sprang die Person plötzlich los, schlug sich mit großen Sprüngen ins dichte Gebüsch und war verschwunden. Ondragon blieb überrascht stehen, denn nicht nur der ihm bekannte Pestgestank drang in seine Nase.
    „Mortimer?“, brüllte er dem Jungen mit dem grauen Haarschopf hinterher. Kein Zweifel, es war Petes Bruder gewesen. Nur, warum lief der hier alleine im Dunkeln herum, und das soweit von seinem Zuhause entfernt? Das Knacken der Schritte im Gebüsch erstarb. Hatte Mortimer angehalten?
    „He, Momo! Komm heraus. Ich bin ein Freund von deinem Bruder Pete. Kannst du mir helfen? Ich habe mich verirrt.“ Er lauschte angestrengt in die immer dichter werdende Finsternis. Es knackte leise, fast unentschlossen. Der Gestank war wieder fort, wahrscheinlich hatte er ihn sich eh nur eingebildet. Inzwischen war er so durch mit dem Thema, dass er sich auf seine Sinne nicht mehr verlassen wollte. „Momo?“

    Was dann geschah, war der Höhepunkt eines alptraumhaften Tages, den man nicht einmal seinem schlimmsten Feind wünschen würde.
    Gerade, als Ondragon erneut den Mund öffnete, um nach Momo zu rufen, sprang eine schwarze Masse von links auf ihn zu und prallte mit voller Wucht gegen ihn. Seine Waffe wurde ihm aus der Hand geschlagen, und mit dem Rücken schrammte er gegen einen Baumstamm. Mit glasklarem Entsetzen spürte er, wie seine Haut unter dem Pulli aufriss und eine Rippe knirschte. Schmerz stach ihm in die Lunge, als er zu Boden gerissen wurde. Er wollte aufstehen, doch erneut traf ihn ein schwerer Schlag auf den lädierten Brustkorb und raubte ihm fast die Besinnung. Grelle Sternchen blitzten vor seinen Augen auf, und mit weit aufgerissenem Mund versuchte er Luft zu holen. Jeder Atemzug verursachte ihm höllische Pein. Mit Armen und Beinen wehrte er sich gegen die Kreatur, die rittlings auf ihm hockte und nach ihm schnappte und schlug. Der Gestank, der von ihr ausging, war unbeschreiblich, und ihr Gewicht erdrückend. Ondragon spürte, wie seine Kräfte schwanden. Verzweifelt versuchte er, mit einer Hand an das Klappmesser in seiner Hosentasche zu gelangen, doch aufgrund seiner Schmerzen und der bleiernen Masse des Viehs war es unmöglich. Mit letzter Luft und Hoffnung begann er um Hilfe zu schreien, während er mit seinen Fäusten blindlings zurückschlug. Doch plötzlich ließ die Bestie von ihm ab, streckte ihren Oberkörper und heulte warnend in die Nacht hinaus wie ein Wolf, der sein Revier verteidigte. Ondragon nutzte die Gelegenheit und wich rückwärts kriechend von ihr zurück. Über seinem Kopf erklang ein zischendes Geräusch, das ihm irgendwie bekannt vorkam, und es folgte ein dumpfer Aufschlag. Erneut stieß das Monstrum ein schauriges Heulen aus, diesmal erfüllt von Schmerzen. Es erhob sich auf seine langen Hinterbeine, sah sich unsicher um und schnellte schließlich mit einem wütenden Knurren davon. In der Dunkelheit konnte Ondragon gerade noch erkennen, dass ein langer, dünner Gegenstand aus seiner Schulter ragte. Mit einem erleichterten Lachen ließ Ondragon sich auf den Rücken fallen. Was für ein beschissener, abgefahrener Irrsinn!

38. Kapitel

    2009, im Wald fünf Meilen nordöstlich des Moose Lake,

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