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Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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Wandregal stand unverändert die Reihe von Notizbüchern und auf dem Tisch lagen in sorgsamer Ordnung Papiere und Zeichenutensilien. Auch das Notizbuch mit dem goldenen Ring auf dem Einband war noch dort. Philemon nahm es ehrfürchtig zur Hand und befühlte das glatte Leder. Schließlich öffnete er es und las einige der Zeilen, die in gestochen scharfer Handschrift verfasst waren.
    „All meine Studien zur drahtlosen Übertagung von Energie haben ergeben, dass es sehr wohl machbar ist. Und noch mehr als das! Unmögliche Dinge werden möglich werden, wenn es mir gelingt, mein Weltensystem zu etablieren. Ich werde der Wegbereiter für ein neues Zeitalter sein. Ein Zeitalter ohne Grenzen. Das Geheimnis liegt allein in der Beschaffenheit des Äthers. Mit diesem Wissen wird es mir gelingen, Signale rund um den Globus zu senden und Zeit und Raum zu überwinden.“
    Er blätterte weiter. Das Buch schien mehr ein persönliches Tagebuch zu sein als Aufzeichnungen über Versuche. Philemon stieß auf eine schön ausgearbeitete Zeichnung eines Bauwerks. Es war ein Turm und offensichtlich eine Weiterentwicklung der beiden Terminals, von denen sie eines auf dem Pikes Peak errichtet hatten. Doch anders als die Terminalröhren, war der Turm achteckig im Grundriss und verjüngte sich nach oben hin. Auf der Spitze saß eine mächtige, pilzförmige Kuppel, die eine Korona aus Strahlen umgab. Zwischen den Strahlen und der Kuppel schmiegte sich ein merkwürdiges Wort in die Rundung. WORLDWIRELESS.
    Das war Teslas Weltensystem, dachte Philemon und las den Namen, der unter der Zeichnung stand. Stanford White, NY – Architekt. Und er kam nicht umhin, den Maßstab des Bauwerks zu bestaunen.
    56 Meter Höhe und 20 Meter Breite für den Kupfertorus! Beim Heiligen Joseph, das war gewaltig! Neugierig blätterte er weiter und fand eine Stelle, an welcher der verschollene Assistent Erwähnung fand.
    „25. Juni 1899 – Röhnfeldt-Experiment, Versuchsphase I. Frederick Myers ist ein wagemutiger Mann. Er hatte nicht nur eine brillante Idee, sondern stellte sich auch für das Experiment mit dem von mir erwarteten Enthusiasmus zur Verfügung. Und mit großem Stolz kann ich berichten, dass er als erster Mensch an einer Transmission von äthergelöster Materie in Form von elektrischer Energie partizipierte.“
    Philemon runzelte die Stirn. Äthergelöste Materie? Röhnfeldt-Experiment? Davon hatte er Tesla und die anderen noch nie reden hören. Was war das? Er las weiter.
    „Ich war außer mir vor Freude, und meine Assistenten teilten diese Euphorie. Das Experiment war gelungen und ich war mir sicher, dass wir jetzt nur noch einen winzigen Schritt von unserem großen Ziel entfernt seien. Doch dann warf uns ein unvorhergesehener Zwischenfall zurück und bereitete unserer Hoffnung ein jähes Ende. Obwohl ich persönlich sämtliche Apparate für die Versuchsphase II kalibriert und die Frequenzen für die Transmission optimiert hatte, ging zu meinem Leidwesen etwas schief. Frederick Myers war im Terminal, als wir die Spannung auf dreißig Millionen Volt erhöhten, doch dann gab es einen Kurzschluss und die Stromversorgung brach zusammen. Wir eilten zum Terminal und sahen nach, aber Myers war …“
    „Eindrucksvolle Lektüre, nicht wahr?“
    Vor Schreck klappte Philemon das Buch zu. Er fuhr herum. Hinter ihm stand eine aufrechte, hagere Gestalt mit den glimmenden Augen eines Mephistos.
    „Doktor Tesla! Ich … äh, bitte vielmals um Verzeihung. Das Sch-schloss am Eingang zum Labor war offen, aber niemand war da. Ich … dachte, hier wäre jemand eingedrungen und hätte etwas gestohlen.“ Philemon spürte, wie er bei dieser fadenscheinigen Erklärung hochrot anlief. Angstvoll schnappte er nach Luft, bekam aber kaum etwas durch seine Kehle, so sehr hielt ihn der hermetische Blick des Doktors gefangen. Teslas Gesicht wirkte so abweisend und reglos wie das eines Mannes, der schwer enttäuscht worden war. Noch nie hatte Philemon sich so klein und schäbig gefühlt und er duckte sich unwillkürlich. Aber der erwartete tödliche Blitzschlag aus den Augen Teslas blieb aus, stattdessen trat unvermittelt Milde auf seine blassen Züge. Mit erhobener Hand kam er auf ihn zu.
    „Dies“, sagte er und wies auf das Notizbuch, das Philemon noch immer in seinen bebenden Händen hielt, „ist mein Vermächtnis! In diesem Buch habe ich all meine Gedanken zu meiner größten Erfindung verewigt. Es ist wertvoller als alle anderen Aufzeichnungen zusammen und ich trage es

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