Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)
Umlaufbahnen rund um die Erde kreisten und erst nach neunzig Minuten wieder an derselben Stelle ankamen. Jedoch verfügten das US-Militär und einige andere Organisationen durch einen Zusammenschluss mehrerer geostationärer Satelliten über eine stabile und dauerhafte Liveübertagung von Bildern mit einer Auflösung von bis zu zehn Zentimetern! Genug, um ein Nummernschild oder ein Gesicht zu identifizieren. Die vollkommene Überwachung aus dem Weltall war also nicht mehr länger nur der feuchte Traum aller Geheimdienste dieser Welt, sondern längst Wirklichkeit geworden.
„Gibt es nähere Informationen über das Schiff?“, erkundigte sich Ondragon.
„Das Schiff heißt Tethys II und fährt unter marokkanischer Flagge. Ein Öltanker mit einer Größe von hundertfünfzigtausend Bruttoregistertonnen. Er hat vor ein paar Tagen Öl nach Brasilien gebracht und fährt nun leer zurück. Sein Ziel ist der Heimathafen Casablanca.“
Ondragon horchte auf. In Marokko war sein Mitarbeiter Achille Mercier stationiert. Er könnte ihn noch heute informieren und nach Casablanca beordern, damit er alles für die Ankunft des Tankers vorbereitete, und anschließend selbst ein Ticket dorthin buchen. „Wie lange braucht der Tanker für die Überfahrt?“
Kubicki schien die Strecke im Kopf zu überschlagen. „Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 Knoten, das sind 28 km/h, benötigt er ungefähr, hm … acht Tage.“
„Das ist verdammt lang“, murmelte Ondragon vor sich hin. „Ich frage mich, warum der Kerl das macht? Warum fährt er mit einem Schiff?“
„Nun, ich schätze, er wusste, dass er nicht durch die Kontrollen am Flughafen kommt, deshalb hat er den Seeweg gewählt. Das ist nicht ganz so blöd, wie es auf den ersten Blick erscheint, denn solange sich das Schiff in internationalen Gewässern befindet, können wir nichts ausrichten. So einfach ist das.“
„Dann muss der Typ das von langer Hand geplant haben, man kommt nicht so ohne Weiteres als Passagier auf einen Öltanker“, warf Steiner ein.
Kubicki nickte. „Das denke ich auch.“
„Wo könnte er hinwollen?“ Ondragon hatte zwar bereits eine gewisse Ahnung, doch konnte er den BND-Agenten natürlich nicht verraten, dass er das Logbuch der Junkers gelesen hatte. „Was für Ziele liegen noch auf dieser Strecke?“
„Die Kapverdischen Inseln und die Kanaren“, sagte Kubicki.
„Hm.“ Ondragon überlegte. „Könnte der Kerl mit einem Boot oder Hubschrauber von dem Schiff fliehen?“
„Ja, natürlich, aber das würden wir über die Satellitenüberwachung mitbekommen. Ein Alarmsystem informiert uns über jede Bewegung an Bord oder in der Nähe des Schiffes. Ich habe veranlasst, dass auf den Kanaren ein Hubschrauber der deutschen Marine bereitsteht. Die Inseln gehören zur EU und deshalb können wir dort operieren, ohne zeitraubende Bittgesuche beim spanischen Staat einzureichen. Mit Marokko sieht das anders aus, dort müssen wir verdeckt agieren. Dasselbe gilt unglücklicherweise auch für die brasilianischen Küstengewässer. Mangels eines internationalen Haftbefehls haben uns die brasilianischen Behörden abblitzen lassen und dem Tanker freie Fahrt gewährt. Kommt er allerdings den Kanaren zu nahe, können wir zuschlagen.“
Ondragon bezweifelte, dass der Unbekannte diesen Fehler machen würde, aber man wusste ja nie. Es war auf jeden Fall gut, dass sie auf Luftunterstützung zurückgreifen konnten. Was seine eigenen Möglichkeiten anging, so hielt er sich bedeckt, denn er wollte in Afrika auf seine Art operieren und nicht auf die Hilfe anderer angewiesen sein. Das hatte ihm schon genug Scherereien eingebracht. Im Kopf hatte er den Plan bereits ausgearbeitet und musste ihn jetzt nur noch umsetzen. Ondragon tastete in der Hosentasche nach dem Handy. Es war höchste Zeit, einen Anruf zu tätigen.
Plötzlich ging hinter ihnen die Tür auf und ein blassgesichtiger Mann in einem weißen Kittel erschien. Ondragon eilte auf ihn zu und fragte: „Wie geht es ihr?“
Der junge Arzt hob beide Hände. „Es geht ihr soweit gut. Seien Sie unbesorgt. Wir haben die Blutung stoppen können und die Wunde versorgt“, erklärte er in holperigem Englisch. „Sie kommt jetzt auf die Intensivstation, wo sie die nächsten Tage zur Beobachtung bleiben wird.“
„Kann ich zu ihr?“, hörte Ondragon sich fragen und kam sich dabei vor wie in einer billigen Arztserie.
Der Mediziner schüttelte den Kopf. „Kommen Sie morgen früh wieder. Dann können Sie sie
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