Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)
auf dem Gang verzogen sie sich in eine Ecke, in der sie ungestört reden konnten.
„Ich werde noch heute nach Marokko fliegen und meinen Auftrag erledigen“, begann Ondragon. „Und Sie werden Pandora bekommen. Das verspreche ich Ihnen!“
„Was haben Sie vor?“
Ondragon lächelte müde. „Das werde ich Ihnen nicht verraten.“
Kubicki nickte. „Was anderes hätte ich auch nicht von Ihnen erwartet. Wie bleiben wir in Verbindung?“
Ondragon zeigte auf sein Handy.
Der BND-Agent verzog keine Miene. „Es gibt da übrigens noch zwei Dinge, die Sie interessieren könnten. Zum einen haben wir die Kiste in dem Hotelzimmer sichergestellt. Wie erwartet ist sie leer. Doch dann haben wir noch etwas entdeckt. Ein in mikroskopisch kleine Teile zerrissenes Flugticket, das wir in einem Mülleimer in der Lobby gefunden haben. Wir haben es wieder zusammengesetzt. Air France von Paris nach Fortaleza auf den Namen Chester William Black. Genau der Name, unter dem unser Unbekannter das Zimmer angemietet hat. Sagt Ihnen das was? Unsere Datenbank gibt nämlich nichts über ihn her.“
„Leider nicht“, log Ondragon. „Paris, sagten Sie?“ Er dachte nach. Das passte zwar zu der Telefonnummer von der Groupe Hexagone, war aber nur eine mäßig heiße Fährte. Er glaubte nicht, dass der Unbekannte nach Paris unterwegs war, behielt diese Vermutung aber für sich, ebenso dass es einen neuen Mitspieler in Form eines Energiekonzerns gab. Geheimes Wissen war sein Kapital in diesem Spiel, das als Jackpot die Büchse der Pandora bereithielt.
Er nickte und hob zum Abschied zwei Finger an die Stirn. „Ich melde mich, falls ich Unterstützung aus der Luft brauche. Ach, und Ihre Funkausrüstung finden Sie unten im Schließfach mit der Nummer 44. Man sieht sich.“
„Ganz bestimmt“, sagte Kubicki trocken und sah ihm nach.
Draußen vor der Intensivstation pellte Ondragon sich aus der keimfreien Kleidung und warf sie in den Container, wie die ominösen Japaner es vor ihm getan hatten. Zumindest wusste er jetzt, dass er mit seinem Gefühl recht gehabt hatte. Einer von den drei Männern war Charlizes Vater gewesen. O sombra!
Mit dem Fahrstuhl fuhr er nach unten, wo er sich seine Tasche aus einem anderen Schließfach holte, bevor er gut gelaunt das Hospital verließ. Auf der Straße rief er sich ein Taxi herbei und ließ sich vom Fahrer zum Flughafen bringen. Es war an der Zeit, den Kontinent zu wechseln!
37. Kapitel
21. August 1899 Colorado Springs abends
Gegen viertel vor neun verließ Philemon das Hotel und marschierte in der herannahenden Abenddämmerung zur Pikes Peak Avenue. Nur noch vereinzelt flanierten Kurgäste durch die Straße, eine Kutsche rollte vorbei in Richtung Bahndepot. Hinter dem langgestreckten Gebäude quoll die schwarze Wolke einer wartenden Lok hervor und verdüsterte den Himmel noch mehr. Um neun Uhr fuhr der letzte Zug aus Colorado Springs ab, und als das pfeifende Signal sich in die kühle Abendluft erhob, wusste Philemon, dass er den Laden mit den Waren aus Fernost rechtzeitig erreicht hatte.
Unauffällig sah er an der Fassade hinauf. Über dem Eingang zum Laden schlängelte sich auf einem Schild ein roter Drache. Er schwebte über einer Reihe chinesischer Schriftzeichen und den Worten James Bo Fun Da – Chinagoods . Das Schaufenster war knallbunt dekoriert und an der Tür hing ein Schild, auf dem ‚geschlossen‘ stand. Darunter prangte ein auf Englisch übersetzter Spruch. „Hüte dich vor Männern, deren Bauch beim Lachen nicht wackelt!“
Amüsiert verzog Philemon das Gesicht. Was wollte ihm diese chinesische Weisheit sagen? Dass ein ehrlicher Mann mit dem ganzen Körper lachte und nicht nur mit den Lippen? Er sah sich um. Niemand schien ihn zu beachten und er nutzte die Gelegenheit, durch die Toreinfahrt auf den dunklen Hof zu schlüpfen. Das einzige Licht dort stammte von einer funzeligen roten Laterne, die über dem Hintereingang zum Laden hing. Philemon ging zur Tür und klopfte. Ein Chinese öffnete. War das China Jim?
„Der träumende Buddha schaut durch das Tor der Ewigkeit“, sagte Philemon den Spruch auf und der Chinese ließ ihn wortlos eintreten. Er wurde von ihm durch einen ebenso schummrigen Gang zu einer Treppe gebracht, die in den Keller führte. Ein durchdringend süßlicher Geruch lag in der Luft. Neugierig geworden stieg Philemon die Stufen hinab, strich am Ende der Treppe einen schweren, roten Vorhang zur Seite und staunte, als er in den großen Raum dahinter blickte.
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