Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
Vom Netzwerk:
Überall standen niedrige Liegen verborgen hinter Vorhängen und Paravents, darauf lagen Menschen zumeist auf der Seite und mit geschlossenen Augen. Lange filigrane Pfeifen steckten in ihren Mündern oder erschlafften Händen. Eine Handvoll Chinesen ging von Liege zu Liege und kontrollierte die Schlafenden. Dünne Rauchfäden stiegen von den Pfeifen auf und vereinten sich zwischen den purpurnen Lampions unter der Decke zu einem rötlichen Nebel.
    Philemon wusste, was das hier war, fühlte sich aber, als habe er eine Zwischenwelt betreten.
    „Hier kann man sich angenehme Träume erkaufen“, raunte eine Stimme neben seinem Ohr. „Wollen Sie auch einen?“
    Philemon wandte den Kopf. Neben ihm stand Joe Herkimer und grinste ihn mit glasigem Blick an. Er trug nur noch Hemd und Hose und wirkte leicht derangiert. Ob er seinen Traum für heute schon gehabt hatte?
    „Nein, danke“, lehnte er ab.
    „Na ja, vielleicht später.“ Herkimer zuckte mit den Schultern. „Wissen Sie, das hier ist das einzige Vergnügen, das man in Colorado Springs noch hat. Alkohol und Huren hat der alte Bastard Palmer ja bereits verbannt.“
    „Dann wird es nicht mehr lange dauern und er macht dieses Etablissement auch dicht“, sagte Philemon. Er folgte dem Telegraphisten durch den schummrigen Raum zu einem flachen Tisch, wo sie sich auf großen Kissen niederließen.
    Herkimer schüttelte den Kopf. „Das glaube ich kaum, denn der gute Master Palmer hat ein kleines Laster, das er vor der Methodisten-Schnepfe, die sich seine Ehefrau schimpft, geheimhält.“
    „Buddhas Träume?“
    Herkimer schlug sich lachend auf den Oberschenkel. „Ganz genau, Sie sind ja ein Poet, mein lieber Phil! Buddhas Träume! Einmal in der Woche, wenn Madame Palmer im St. Georges-Ladies-Club weilt, kommt Mr. Palmer hierher und raucht seine Pfeife.“
    Philemon war nicht besonders überrascht darüber. Überall auf der Welt herrschte Scheinheiligkeit. Warum also nicht auch hier?
    „Und was wollen Sie jetzt so Wichtiges mit mir besprechen?“, fragte er ohne Umschweife. Er hatte nicht vor, länger als nötig in dieser Räucherhöhle zu bleiben. Seine Augen begannen schon, von den wabernden Opium-Schwaden zu brennen.
    „Aber, aber, nicht so hastig. Erst wollen wir gemütlich miteinander trinken und auf unsere Freundschaft anstoßen!“ Herkimer zauberte einen Flachmann hervor und goss eine klare Flüssigkeit in zwei kleine Gläser. „Wodka! Das reinste Teufelszeug! In Manitou Springs gibt es zwei Polen, die brennen den Schnaps in ihrem Hinterhof. Ist aus Kartoffeln, sagen sie, schmeckt aber mindestens genauso gut wie Bourbon.“ Herkimer hob sein Glas. „Na los, was ist? Oder sind Sie auch so einer von diesen verknöcherten Typen von der Anti-Alkohol-Liga?“
    Philemon schüttelte den Kopf, überwand sich und stieß mit Herkimer an. Er kippte sein Glas in einem Zug herunter und keuchte unvermittelt auf. Das Zeug brannte höllisch in der Kehle, stand einem anständigen Whiskey aber tatsächlich in nichts nach. Philemon schüttelte sich und spürte wie die Flüssigkeit sich warm ihren Weg in seinen Magen bahnte. Ah, wie gut das tat, nach all den Wochen der Enthaltsamkeit! Insgeheim hoffte er, Herkimer würde noch einen Drink springen lassen. Und als der Telegraphist gleich darauf nachfüllte, legte sich ein entspanntes Lächeln auf seine Lippen.
    Ein Chinese kam und bot Herkimer eine Pfeife an. Der winkte ab und zog stattdessen ein Zigarrenetui aus seinem Jackett, das hinter ihm an einem Haken an der Wand hing. Er bot Philemon eine Zigarre an und diesmal griff dieser zu. Genüsslich rauchend lehnten sie sich kurz darauf in die Kissen zurück, und schon recht bald begann Philemon, die gedämpfte Atmosphäre in diesem mit Tüchern verhangenen Kellerraum zu mögen. Herrjeh, wie er New York vermisste! Er warf einen heimlichen Seitenblick auf Herkimer. Vielleicht war der Kerl ja doch gar nicht so übel. Mal sehen, was er zu erzählen hatte.
    Nachdem sie die Zigarren ausgedrückt und sich noch einen Wodka genehmigt hatten, kam der blonde Telegraphist zur Sprache.
    „Bestimmt wissen Sie ja bereits, dass die Pinkertons in der Stadt sind.“
    „In der Tat, ich hab’s vom alten Ben erfahren.“
    „Oh, Sie waren bei ihm?“ Herkimer grinste. „Und Sie haben kein Loch im Bauch? Das ist erstaunlich, denn der Alte ist schießwütig wie eine Rothaut auf dem Kriegspfad und meistens hat er sie nicht alle beisammen.“ Er ließ seinen Zeigefinger neben seiner Schläfe

Weitere Kostenlose Bücher