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Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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sich noch immer schreckliche Vorwürfe, weil sie an dem Tag allein auf dem Weg nach Hause gewesen war – ohne ihren Bruder. Obwohl sie nicht viel daran hätte ändern können, da die Lehrerin nur ihr gestattet hatte, früher zu gehen, weil ihr unwohl gewesen war.
    Frédéric hatte in der Schule bleiben müssen und gerade am Mathematikunterricht teilgenommen, als es passierte. Zusammen mit seinen einundzwanzig Mitschülern war er von der einstürzenden Betondecke des Klassenzimmers erschlagen worden wie auch der Großteil von Christines Klassenkameradinnen im Nebenraum. Es hatte eine Woche gedauert, bis man Frédéric endlich unter den Bergen von Schutt gefunden hatte. Sein kleiner Körper hatte unter der weißen Staubschicht, die seine dunkle Haut bedeckte, kaum eine Verletzung aufgewiesen. Ihr Bruder hatte ausgesehen, als ob er schliefe. Wäre da nicht der eingedrückte Schädel gewesen. Ein Betonbrocken hatte ihn am Hinterkopf getroffen und die Knochen ins Gehirn gedrückt.
    Christine erinnerte sich an den Anblick des Wundkraters und des getrockneten Blutes darin, das sich mit dem Dreck und der gelblichen Masse vermischt hatte, die aus Frédérics Kopf ausgetreten war. Sie hatte viel geweint seitdem, hatte ihren Bruder und das Schicksal der Menschen aus ihrem Dorf betrauert, aber nun waren ihre Tränen versiegt. An anderen Tagen waren ihre Augen immer feucht geworden, wenn sie Frédérics Namen auf dem Kreuz gelesen hatte, doch seit einiger Zeit hatte sie keine Kraft mehr dafür. Sie sah täglich so viel Leid, und darüber war die heilsame Quelle ihrer Trauer schlichtweg versiegt, ohne dass sie es so recht bemerkt hatte. Sie spürte die Taubheit ihrer Gefühle, konnte aber nichts daran ändern. Jeden Tag arbeitete sie gemeinsam mit ihrer Mutter am Wiederaufbau ihrer Hütte und bei der Bewirtschaftung des Wenigen, das ihnen geblieben war.
    Im Stillen dankte Christine dem Lieben Gott und Bondieu, dem Obersten aller Loas, dafür, dass ihr zumindest die Mutter geblieben und sie nicht zu einer Waisen geworden war. Sie hatte von den vielen Tausend Kindern gehört, die ihre Eltern bei der fürchterlichen Katastrophe verloren hatten und nun hilflos in den Straßen der zerstörten Städte umherirrten. Für Christine ein Albtraum. Aber zum Glück war ihre Mutter noch da.
    Cécile Dadou hatte ihrer Tochter berichtet, sie hätte im Wald Holz gesammelt, als sich der Boden unter ihren Füßen in wogende Erdwellen verwandelt und sie von den Füßen gerissen hatte. Auch die Bäume um sie herum waren ins Wanken geraten und hatten wie betrunkene Riesen mit ihren Ästen nach ihr geschlagen. Angstvoll hatte sie sich zusammengekauert, während einige der Bäume entwurzelt worden und mit einem lauten Krachen umgefallen waren. Wie durch ein Wunder hatte Christines Mutter keinen Kratzer abbekommen und war zu ihrer Hütte geeilt, nachdem das Zittern im Boden nachgelassen und die Baumriesen sich wieder beruhigt hatten. Fassungslos hatte sie auf die Trümmer gestarrt, ihre Gedanken ebenso paralysiert wie ihr Körper. Da hatte sie plötzlich einen Laut aus den Überresten der Hütte vernommen – ein Rufen. Mit Schrecken hatte sie erkannt, dass es ihre Tochter war, die da um Hilfe rief. Ohne zu zögern, hatte sie mit bloßen Händen begonnen die Trümmer beiseitezuräumen, und nach einer quälend langen Schinderei war sie endlich zu Christine vorgedrungen. Mit Freudentränen in den Augen hatte die Mutter ihre Tochter aus einem Spalt bergen können. Das Mädchen war bis auf einen Schock unversehrt geblieben, da das Bett, unter das sie geflüchtet war, sie davor bewahrt hatte, vom Dach erschlagen zu werden.
    Christine war überglücklich gewesen, schließlich aus der erstickenden Enge ihres rettenden Verstecks zu entkommen. Sie hatte geweint und ihre Mutter umarmt. Beide hatten noch nicht begriffen, was geschehen war, und so hatten sie lange im Staub vor dem Schutt ihres einstigen Heims gehockt und einander festgehalten.
    Eines jedoch hatte Christine währenddessen fieberhaft beschäftigt. Lag ihr Vater, der zu einem Zombie geworden war und sie verfolgt hatte, auch unter den Trümmern begraben? War er nun wirklich tot?
    Nur widerwillig erinnerte sie sich heute an die grauenvoll verrenkte Fratze ihres Vaters mit dem heruntergerissenen Kiefer und dem Blut, das sein zerlumptes Hemd besudelt hatte.
    Erst zwei Tage nach dem Beben hatte sie sich getraut, ihrer Mutter von dem Zombie zu erzählen, der einst ihr Vater gewesen war. Dabei hatte sie nicht

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