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Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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Schlaf, der nun folgte, war sehr erholsam.
    Am nächsten Morgen genoss er sein Frühstück, als sei es sein erstes in einem neuen Leben. Dabei plante er seinen Tagesablauf, schließlich war er nicht zum Vergnügen hier. Seine Feierlaune würde heute Abend noch genügend Auslauf bekommen, wenn er die Bourbon Street unsicher machte. Aber zuerst wollte er diese Madame Tombeau in ihrem Laden aufsuchen und ihr die Bilder von dem Voodoo-Kram aus Tyler Ellys‘ Haus zeigen. Danach wäre er hoffentlich um eine Erkenntnis reicher und würde damit nach Chalmette fahren und mit Sylvester Stern sprechen, vorausgesetzt, er war zu Hause.
    Ondragon wählte die Nummer des Mailman. Diesmal erklang das Besetztzeichen. Na, das war mal eine Abwechslung. Er steckte das Telefon wieder weg, ließ für den Kellner etwas Trinkgeld auf dem Tisch zurück und machte sich auf den Spazierweg zu der Adresse, die er von Günther Ludewig bekommen hatte. Es waren nur ein paar Schritte die Bourbon Street entlang, auf der im hellen Morgenlicht eine verschlafene Stimmung und reger Lieferverkehr herrschten. Noch merkte man nichts davon, dass hier in einer Woche der verrückteste Karneval der Welt gefeiert werden würde. Zum Mardi Gras würden tausende Feierlustige das French Quarter überschwemmen und es in Bier ertränken. Aber noch herrschte wunderbare Ruhe. Ach, New Orleans!
    Ondragon atmete tief den Duft der Stadt ein: schwanger von Feuchtigkeit mit einer leicht fauligen Note, was natürlich davon herrührte, dass das ganze Viertel auf Flussschlamm erbaut worden war. Man sah kaum noch etwas von den Schäden, die 2005 der Hurrikan Katrina hinterlassen hatte. Die Einheimischen hatten N’awlins , wie sie ihre Stadt nannten, mühevoll wieder aufgebaut und zu neuer Blüte verholfen. Ondragon dachte erneut daran, dass er, wenn er nicht in Los Angeles seine Heimat gefunden hätte, sicherlich diesen moderigen, vor Sünde überbordenden Pfuhl ausgesucht hätte. The Big Easy und er hätten bestimmt gut zusammengepasst; eine verdorbene Schönheit und ihr Liebhaber.
    Während Ondragon auf dem von eisernen Balkonarkaden überdachten Bürgersteig entlangschlenderte, erfreute er sich an den bunt glitzernden Auslagen der Touristenshops, den Bars, Restaurants und Musikschuppen, für die das French Quarter so berühmt war.
    Als er vor dem Laden mit dem Namen „Captain Zombie“ ankam, schaute er kurz in das Schaufenster, das von oben bis unten mit Voodoo- und Esoterikzubehör vollgestopft war. Ein süßlich würziger Geruch drang aus der offenen Ladentür. Mit einem belustigten Lächeln trat er ein und wurde von einem völlig fremden Universum empfangen. Halb staunend, halb erheitert schritt er, den neugierigen Touristen mimend, durch die schummrigen Räume und betrachtete die zum Bersten vollgestopften Regale.
    Es gab alles! Komplette Voodoo-Schreine mit Opfergaben, Marienstatuen, Heiligenbilder, Kruzifixe in sämtlichen Ausfertigungen von schlicht bis pompös mit Halbedelsteinen besetzt, Tarotkarten, Glücksbringer aller Art, Hexenzutaten, Flaschen mit Heil- und Zaubertränken, in gelbliche Flüssigkeit eingelegte Artefakte, die Ondragon nicht zuordnen konnte, Kristalle, Liebesamulette, Zigarren, Zähne, Haare, Knochen, Räucherwerk, handgezogene Kerzen, Mojo-Bags, Voodoo-Puppen und Ketten aus getrockneten Samen. Von der Decke hingen Kräuterbündel und Teile von Tieren, vornehmlich Alligatorenköpfe und -klauen. Und von all diesem Zeug ging dieser durchdringende Geruch nach blumigem Parfum und mumifizierter Tierhaut aus, der Ondragon einen leichten Ekel bescherte.
    Unauffällig ließ er seinen Blick schweifen und zählte zwei weitere Kundinnen im Geschäft, wovon es eine tatsächlich ernst zu meinen schien. Zumindest war sie in ein eifriges Gespräch mit der Frau hinter dem mit Hexen-Artikeln zugebauten Kassentresen vertieft.
    Ondragon musterte die dunkelhäutige und etwas fülligere Dame hinter dem Tresen eingehend. In ihrer weißen Bluse mit Rüschenkragen, dem roten Kopftuch und den großen, goldenden Ohrringen sah sie aus wie eine typische Cajun-Königin. Immer wieder holte sie beschriftete Blechdosen aus dem Regal hinter sich, füllte daraus geheimnisvolle Ingredienzen in Papiertüten, wog sie ab und reichte sie der Kundin. War das Madame Tombeau?
    Ondragon ging hinter einem Stehregal in Stellung und lugte darüber hinweg zur Kasse. Er würde warten müssen, bis die Kundin weg war, schließlich wollte er sich nicht blamieren, wenn sich diese Adresse als

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