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One: Die einzige Chance (German Edition)

One: Die einzige Chance (German Edition)

Titel: One: Die einzige Chance (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Elsäßer
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Verantwortlichen rufen nach staatlicher Hilfe. Zeitgleich sind im Internet geheime Dokumente führender Ratingagenturen aufgetaucht, die belegen sollen, dass sie durch Insiderinformationen an der Spaltung Europas Milliarden verdient haben.«
    Samuel hielt den Blick gesenkt. Das Herz pochte ihm bis in die Kehle und vor seinen Augen tauchten wieder die Bilder von Justus’ aufgedunsenem Gesicht auf. Das viele Blut, die Wunden … das Messer. Wie hatte er nur so dumm sein können, es anzufassen?
    »Können wir bitte gehen?«, fragte Samuel leise. Er hatte Mühe, das Zittern aus seiner Stimme zu halten.
    Fabienne lehnte sich zu ihm herüber. Der Wirt hatte den Ton stumm geschaltet und das Gemurmel war angeschwollen. »Bleib ruhig. Keiner hat dich erkannt. Auf dem Bild siehst du aus wie ein Milchgesicht.«
    »Aber ich …«
    Sie rollte mit den Augen. »Ich weiß, dass du es nicht warst.«
    Am Tisch gegenüber erhob sich ein Mann mit einem Bierglas in der einen und einem Messer in der anderen Hand. Er starrte Samuel an. Hatte er ihn erkannt?
    Samuel blieb das Herz stehen.
    Der Mann lächelte und schlug gegen das Glas. »Alle mal herhören«, rief er über den Lärm hinweg. »Wenn schon alles den Bach runtergeht, dann lassen wir’s noch mal richtig krachen.« Jubel. Er zog ein Bündel Geldscheine aus seinem abgetragenen Ledermantel und fuchtelte damit in der Luft herum. »Ab jetzt geht alles auf meine Rechnung!« Er winkte den Wirt herbei und drückte ihm das Bündel in die Hand. Dann setzte er sich wieder hin, begleitet von Jubelrufen, Applaus und Gebrüll.
    »Lass uns gehen«, flüsterte Fabienne. Die meisten Leute waren aufgestanden und drängten nun vor an den Tresen, wo das Personal dazu überging, den Schnaps flaschenweise aus den Regalen zu räumen und der aufgepeitschten Menge entgegenzustrecken. Samuel und Fabienne verschwanden nach draußen. Keiner drehte sich nach ihnen um. Keiner rief: »Da ist der Mörder!« Draußen angekommen, gingen sie bis ans Ende der Straße und bogen links in eine Gasse ab. Der gepflasterte Weg stieg leicht an und führte durch eine Schrebergartensiedlung. Hinter dem letzten Grundstück stießen sie auf eine Holzbrücke, die sich im Bogen über einen Bachlauf spannte, dahinter begann ein Waldstück. Zum Glück hatte die Dämmerung bereits eingesetzt.
    Fabienne blieb stehen und starrte Samuel kopfschüttelnd an. »Irgendwas mit Finanzen …« Sie seufzte. »Dein Onkel war ein verdammt hohes Tier. Aber wieso glauben die, dass du ihn umgebracht hast? Ich mein, ist ja nicht gerade gewöhnlich, dass Neffen zu Mördern werden, oder?«
    »Ich hab das Messer angefasst.«
    »Du hast was?«
    »Ja, verdammt, ich hab nicht drüber nachgedacht. Ich war total durcheinander! Das Blut, die Wunde … Ich weiß nicht, warum ich das getan hab.«
    Fabienne schlug sich die flache Hand vor den Kopf. »Ich fass es nicht. Jetzt sind Sie alle hinter dir her.« Sie ging rasch ein paar Schritte, machte auf dem Absatz kehrt und stieß wütend die Luft aus. »Mit einem Gentest werden die blitzschnell rausfinden, dass ihr verwandt seid. Bin gespannt, was die Reporter daraus machen.«
    »Er ist nicht mein richtiger Onkel.«
    »Ist er nicht?«
    »Nein. Mein Vater ist ein Einzelkind. Justus war mal sein bester Freund. Ich hab ihn als Kind immer Onkel genannt und das ist so geblieben.«
    »Ihr seid also nicht verwandt?«
    »Nein, sind wir nicht. Ich muss mich der Polizei stellen. Die halten mich doch für den Mörder.«
    »Hat er mit deinem Vater studiert?«
    »Was?«
    »Na ja. Woher kennen sich die beiden denn?«
    Samuel schaute Fabienne fragend an. »Aus der Schweiz. Ich glaub, sie haben sich dort kennengelernt. Bei der Arbeit. Aber genau weiß ich das nicht.« Er zuckte die Schultern und schüttelte den Kopf. Die Polizei war hinter ihm her!
    »Ist ja eigentlich auch egal«, sagte Fabienne und machte eine beruhigende Geste. Sie zog ihr Handy raus und öffnete eine Übersichtskarte des Geländes. »Morgen werden wir das regeln. Bis zum Stützpunkt sind es noch drei Kilometer. Einiges davon bergauf. Schaffst du das?«
    »Ich … ich muss erst meinen Vater anrufen. Er muss wissen, was passiert ist.« Mit zitternden Händen drückte Samuel auf Wahlwiederholung. Wieder die abgehackte Frauenstimme, die den Anrufer auf einen späteren Zeitpunkt vertröstete. Diesmal wegen dringend notwendiger Wartungsarbeiten. Auch bei seiner Mutter hatte er kein Glück. Hier brüllte ihm ein verzerrter hektischer Ton entgegen, den man kaum

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