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One: Die einzige Chance (German Edition)

One: Die einzige Chance (German Edition)

Titel: One: Die einzige Chance (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Elsäßer
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vorsichtig.
    »Wenn es noch mehr von der Sorte gibt, dann gefährdet das den Zeitplan. Im schlimmsten Fall werden sie eine neue Gruppe gründen und alleine weitermachen.«
    »Das geht?«
    »Wir … wir können sie nicht dazu zwingen, uns zu unterstützen. Das ist jedem freigestellt. Auch jetzt noch.« Sie wischte sich schniefend die Nase am Ärmel ab, stand auf und ging hinüber zum Laptop. Kaum hatte sie Verbindung zum Internet, wählte sie sich in das Spiel ein. Sie klickte die aufwendige 3-D-Grafik weg und schaute sich Diagramme und Zahlenprotokolle an. Wie sein Vater, wenn er sich einem mathematischen Problem annäherte, dachte Samuel. So sah der Ausdruck auf Fabiennes Gesicht aus. Als würden die Ziffern in ihrem Kopf ein Bild entstehen lassen. Ein schönes Bild, denn langsam breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus, das aber schon nach kurzer Zeit wieder verschwand. Für Minuten versank sie in Zahlen und Schaubilder und schien die Welt um sich herum zu vergessen. Sie sah aus wie weggetreten. Ihr Mund war leicht geöffnet und manchmal bewegten sich ihre Lippen, formten stumm Worte. Samuel stand schweigend neben ihr. An ihrem Handgelenk war ein Striemen zu erkennen. Der Typ musste verdammt fest zugedrückt haben. Wahrscheinlich war Fabienne genauso ein Mathegenie wie Vincent, wie sein Vater. Wahrscheinlich konnten solche Menschen deshalb nicht richtig glücklich sein, weil sie zu genau hinschauten. Weil sie immer das Haar in der Suppe suchten, selbst wenn alles perfekt lief.
    Sie klappte den Laptop wieder zu, atmete tief durch und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Sie wirkte erleichtert. Die Tränen waren verschwunden. »Sieht gut aus. Ist wohl nur ein Einzelfall. Die erste Phase ist angelaufen und es funktioniert. Immer mehr Leute schließen sich uns an.«
    »Ohne Strom?«
    »Der geht immer wieder an. Diese Zeitfenster genügen, um die entsprechenden Informationen an Neuankömmlinge zu übermitteln und sie Paten zuzuweisen, die sich dann über herkömmliche Wege mit ihnen in Verbindung setzen. Es gibt zentrale Treffpunkte in jeder Stadt. Von Angesicht zu Angesicht gelingt es noch besser, Leute zu rekrutieren.«
    »Und was ist mit der Polizei?«
    »Die Polizei tappt im Dunkeln. Sobald wir die Neuankömmlinge online oder bei einem Treffen überprüft haben, bekommen sie die nötigen Informationen, um uns zu unterstützen, und werden mit den passenden Schlüsselcodes ausgestattet, die es ihnen ermöglichen, auch weiterhin Kontakt zu halten. Über unser ganz privates Internet im Internet, sozusagen.« Sie grinste.
    »Ihr überprüft die Leute?«
    Fabienne nickte eifrig und ihre Augen begannen zu strahlen. »Pablo hat sich dabei von den Banken inspirieren lassen. Wer einen Kredit will, muss seine Bonität nachweisen. Wir haben einfach nur die Kriterien angepasst.«
    Samuel musterte Fabienne. Wie konnte sich die Laune eines Menschen innerhalb von Sekunden um hundertachtzig Grad wenden? »Und was ist deine Aufgabe?«, fragte er. »Was musst du als Nächstes tun?«
    »Mit dir deine Volljährigkeit feiern.« Fabienne zog seinen Reisepass und sein Portemonnaie hinter dem Rücken hervor. »Lagen im Auto unterm Sitz. Wollte ich dir eigentlich gestern schon geben.« Sie lächelte, als hätte sie einen Schalter umgelegt. Vielleicht war sie schizophren oder so, anders konnte sich Samuel diese Stimmungsschwankungen nicht erklären. »Hier«, sagte sie und legte die Sachen auf den Tisch. Dann erhob sie sich und gratulierte ihm mit Küsschen und einer Umarmung zum Geburtstag, als wären sie gute Freunde. »Entspann dich.« Sie löste sich von ihm. »Ich will dir nichts tun.« Sie deutete zum Rucksack auf dem Boden. »Ist das Geschenk da drin von deinen Eltern?«
    »Von meinem Vater. Woher weißt du davon?«
    »Hab an der Tankstelle gedacht, dass du vielleicht auch Verbandszeug dabeihast. Deshalb hab ich reingeschaut. Vielen Dank übrigens, dass du dich dem Deppen entgegengestellt hast. Das war sehr nett.«
    »Kein Problem.« Samuel entblößte seinen Oberkiefer und ließ den lockeren Zahn einmal wackeln.
    Fabienne lachte. »Sollen wir ihn ziehen? Hier gibt’s bestimmt irgendwo eine Schnur oder eine Zange. Das krieg ich hin.«
    »Besser nicht.«
    »War nur Spaß.« Sie deutete zum Rucksack. »Willst du nicht wissen, was sich dein Vater für dich überlegt hat?«
    »Doch, natürlich.«
    »Worauf wartest du dann noch?« Ohne seine Antwort abzuwarten, ging sie hinüber zu ihrer Tasche und zog einen kleinen Lederbeutel

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