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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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getragen hatte.
    »Glauben Sie an die Macht der Schnitterringe?«, hakte Konstantin nach, um Hoyas Abwesenheit zu nutzen.
    »Sagen wir, ich stehe den Geschichten nicht so ablehnend wie mein Vater gegenüber. Jede Legende birgt einen wahren Kern, und die Häufung von Unglücksfällen rund um einige Edelsteine wäre schon ein sehr großer Zufall. Es gibt mehr um uns herum, Señor Korff.« Sie spielte mit der kleinen Lupe. »Dass Menschen unter uns wandeln, die mit dem Tod sprechen können, halte ich nicht für abwegig.«
    Marna lachte auf und hielt sich die Hand vor den Mund. »Entschuldigung«, sagte sie. »Ich … bin nur gerade …«
    Carola fühlte sich durch Marnas Reaktion herausgefordert. »Was ist daran so komisch, Señora Herbst? Nur weil Sie nicht daran glauben, heißt das nicht, dass solche Menschen nicht existieren.«
    Konstantins Herzschlag beschleunigte sich. Das Gespräch entwickelte sich in die richtige Richtung. »Wie meinen Sie das?«
    »Hellseher führen die Polizei an Leichenfundorte, Medien kommunizieren mit dem Jenseits, Menschen wissen Dinge, die sie unmöglich wissen können. Es gibt so vieles, das wir uns nicht erklären können«, führte Carola aus und legte die Lupe auf den Tisch.
    »Weil es keine wissenschaftlichen Beweise gibt«, wandte Marna ein.
    Señora Hoya lächelte überlegen. »Es gab zunächst auch keine wissenschaftlichen Beweise für dunkle Materie oder für Quantenteilchen, bis man die entsprechenden Nachweise entwickelte. Möglicherweise wird sich das in den kommenden Jahren für das Übersinnliche ebenfalls ändern.« Sie richtete den Blick auf Konstantin. »Warum sollte es keine Menschen geben, die außergewöhnlich sind und die den Tod sehen und mit ihm sprechen können?« Sie beschrieb mit dem rechten Arm eine ausladende Geste, die auf die Vitrinen zielte. »Vielleicht bergen auch diese Schmuckstücke Kräfte, die wir heute nicht messen können. Physikalisch ausgedrückt sind es vielleicht Katalysatoren, Konverter für noch nicht erfassbare Energien.«
    Marna ertränkte eine Erwiderung mit ihrem Port, aber Konstantins Hoffnung wurde durch Carolas Äußerungen genährt. Was wiederum bedeutete, dass er den Harlekin’s Death unbedingt zurückbekommen musste.
    »Ich verlange gar nicht, dass Sie meine Ansichten teilen, Señora. Aber ebenso wenig rücke ich von meinem Standpunkt ab. Ein Standpunkt, den mein Vater geringschätzig
mystisch
nennt. Ich würde eher solche besonderen Menschen sammeln als alles andere.«
    Carola schüttelte den Kopf und wollte den Diashowmodus beenden – als Konstantin eine Gestalt im Hintergrund auffiel.
    »Halt«, rief er und sprang vom Sessel auf. Er kniete sich vor Carola, legte die Finger auf das Touchpad. »Da hinten, neben dem Baum. Da ist doch eine Bank …« Er wartete nicht auf ihre Erlaubnis, sondern vergrößerte das Foto.
    Zwar ging dabei die Schärfe verloren, das Bild verpixelte zusehends von Zoomstufe zu Zoomstufe. Doch die Umrisse des Mannes genügten Konstantin. Die untypische Garderobe und das ausladende Objektiv, das er sehr gut in Erinnerung hatte, waren unverkennbar. »Thielke«, raunte er unwillkürlich.
Ist der auch noch in Madrid.
    Carola drehte den Computer, um ebenfalls etwas zu sehen. »Der Mann ist mir nicht aufgefallen«, sagte sie nachdenklich. »Er fotografierte mich?«
    »Sie und Arctander«, verbesserte Konstantin.
    »Arctander? Ist das der Name des Mannes, den ich getroffen habe? Wieso kennen Sie die beiden Männer?« Carola warf ihm einen misstrauischen Blick zu, den sie auch auf Marna schleuderte. »Was geht hier vor?«
    »Ich habe keine Ahnung, Señora Hoya!«, stieß Marna hervor. »Ich höre davon auch zum ersten Mal.«
    Ich muss Jester anrufen. Madrid ist ein heißes Pflaster.
Konstantin ging zum Wagen mit den Spirituosenflaschen und goss sich in ein Glas Cognac ein, von dem er einen raschen Schluck nahm. »Monsieur Bouler hat meinen Ring gestohlen und ihn vielen Leuten versprochen«, spann er seine nächste Lüge für Hoya. »Eine Frau namens von Windau hat mich auf der Suche nach dem Harlekin’s Death in Idar-Oberstein aufgespürt und Frau Herbst und mich beinahe getötet. Thielke ist ebenso hinter dem Ring her und scheint sich an Arctander geheftet zu haben. Das hat ihn zu Ihnen geführt.«
    Die Tür schwang auf, Hoya kehrte zu ihnen zurück. Den Ring trug er in einem Glaskästchen, gebettet auf einem schwarzsamtenen Kissen, damit er noch mehr zur Geltung kam. Dem Funkeln des Silbers nach hatte er die

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