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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Schweine!«, ertönte die laute Stimme von Fritz Wutschke, dessen Segelschiff gegenüber am gleichen Anleger wie die
Vanitas
schaukelte. »Sie haben meine Objektive!« Der ältere Mann stand in Unterhose an Deck und hielt sich die Stirn, wo Blut aus einer Platzwunde rann und seine nackte Brust verunzierte.
    Konstantin blickte den Steg entlang und sah zwei Männer, die mit den geraubten Fototaschen davonrannten.
    Ein böses Lächeln stahl sich auf sein Gesicht.

[home]
    II

    Death, the only immortal who treats us all alike, whose pity and whose peace and whose refuge are for all – the soiled and the pure, the rich and the poor, the loved and the unloved.
    Mark Twain
    Minsk, Weißrussland
    E in Blutschwall sprudelte wie aus einem Geysir empor. Es füllte die mit einem Skalpell geschaffene Wunde, rann über Hals und Nacken des Patienten. Die eben noch deutlich sichtbar gewesenen Wirbel versanken in dem Lebenssaft.
    Professor Smyrnikov zog das Skalpell hastig zurück. »Eine Blutung«, bellte er unter seiner Maske auf Englisch seine Diagnose hervor und ließ sich eine Klemme geben, während die Helfer dem roten See mit Saugern und Tupfern zu Leibe rückten.
    Leise fluchend verfolgte er, wie die Schwestern versuchten, ihm freie Sicht zu verschaffen, damit er das verletzte Gefäß abklemmen konnte, doch das Blut floss schneller, als sie es beseitigten.
    Smyrnikov hatte gerade die Separierung des Schädels vom Rückgrat vorbereiten wollen. Sehnen, Muskeln, Gefäße, eins nach dem anderen, bis zur Trennung der Wirbel. Diese Komplikation machte seinen Bemühungen einen Strich durch die Rechnung.
    Er wechselte einen raschen Blick mit seinen beiden Assistenzärzten McNamara und Lange. In ihren Augen sah er, dass sie das Gleiche dachten.
    Leise plätschernd rann das Blut wie in einem Miniaturwasserfall zu Boden und formte einen zweiten kleinen See.
    »Blutdruck fällt rasch«, meldete der Pfleger an der Überwachungseinheit, mehrere Maschinen gaben Alarmgeräusche von sich.
    Der Einsatz von Blutkonserven wäre der normale nächste Schritt, um dem operierenden Arzt genug Zeit zu geben, die verletzte Ader zu finden und sie abzuklemmen, damit der Patient keinen schwereren Schaden nahm.
    Doch der Patient, dessen Nummer  77 lautete, lag nicht in einem herkömmlichen Krankenhaus und war auch nicht freiwillig auf dem Operationstisch von Smyrnikov gelandet. Daher unternahmen seine Ärzte nicht das, was sie in der Ausbildung beigebracht bekommen hatten.
    »Planänderung«, sagte Smyrnikov in die Runde. »Wir machen eine Entnahme. Alles vorbereiten für Nährmittellösung und Sauerstoffversorgung. Ich will das Gehirn von Patient 77 in neuer Bestzeit entfernt sehen. Professor McNamara, Sie tun es. Doktor Lange, Sie assistieren.«
    Niemand wagte Widerspruch. Jedem Mitglied des Teams war klar, dass Smyrnikov den Mann auf dem Tisch abgeschrieben hatte und dass es darum ging, dass McNamara und Lange als Neue im Team Routine bekamen.
    »Die Zeit läuft ab … jetzt!« Smyrnikov zog sich in den Hintergrund zurück und sah zu, wie die jungen Ärzte die Regie im OP übernahmen. Die Überwachungsgeräte wurden abgeschaltet, der Mann würde ohnehin sterben. Aber sein Verstand, in der pursten Form, war vielleicht zu retten.
    McNamara und Lange lagerten Nummer  77 rabiat auf den Rücken um und setzten ihn auf, sein Blut sprenkelte die OP -Schürzen der Ärzte. Schläuche wurden entfernt, blitzschnell war der Schädel in eine Halterung eingespannt, damit er nicht wegrutschte. Als McNamara zögerte, nahm Lange die elektrische Rundsäge in die Hand. Das Gerät heulte auf und fräste sich durch Haut und Knochen, das austretende Blut wurde von den Helfern entfernt.
    Dafür, dass auf dem kahlen Schädel keine Schnittlinien markiert waren, arbeitete Lange sehr präzise. Smyrnikov schätzte, dass er die ruhige Hand des Brasilianers gut gebrauchen konnte. McNamara dagegen, der bleichhäutige Ire, stand unschlüssig neben 77 und schien zu zaudern. Beide waren ausgebildete Chirurgen, die lange Zeit an Krankenhäusern gearbeitet hatten, bevor sie eine Einladung nach Minsk erhielten. Anscheinend hatte McNamara ein Problem mit dem Auftrag.
    »Durch«, meldete Lange und ließ die Helfer die Schädeldecke entfernen.
    Darunter kam das Zerebrum zum Vorschein, eine grauweißliche Masse mit Maserungen, die an eine unreife Walnuss erinnerte. Rosafarbenes Hirnwasser lief über die Stirn des Patienten, über die Nase und den offen stehenden Mund. Die Augen glotzten

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