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Onkel Horatios 1000 Sünden

Onkel Horatios 1000 Sünden

Titel: Onkel Horatios 1000 Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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«Können über nichts anderes reden als über irgendeinen wahnsinnig uninteressanten Taifun, in den sie im Sargasso-Meer gerieten, oder ähnliches.»
    Der Telegraph zuckte nieder. «Ich wäre Ihnen äußerst verbunden, Sir, wenn Sie freundlich davon Abstand nehmen wollten, beleidigende Bemerkungen über die englische Handelsmarine zu machen.»
    «Und ich wäre Ihnen äußerst verbunden», versetzte George ungerührt, «wenn Sie freundlich davon Abstand nehmen wollten, sich in unser Gespräch einzumengen.»
    «Ich stamme zufällig von einer sehr alten Seefahrerfamilie ab», erklärte der Mann, und seine Augenbrauen krümmten sich wie kämpfende Hermeline.
    «Ach, mein Bester, wir kommen doch alle aus der Arche», murmelte Morag.
    George lachte.
    «Mein Großvater», bellte der Blattlaus-Fahrer, «ging bei Jütland unter. Mein Urgroßvater erlitt in seinem eigenen Teefrachter vor dem Kap Schiffbruch. Einer meiner entfernteren Verwandten, wie ich Ihnen nicht vorenthalten möchte, wurde von der spanischen Armada versenkt.»
    «Lauter tapfere Seeleute, nichts zu sagen», erkannte George großmütig an.
    «Wenn auch einigermaßen von Unfällen verfolgt», ergänzte Morag mit dunkler Stimme.
    Zum Glück wurde ein weiteres Gespräch durch das Erscheinen der verschnupften Kellnerin mit dem Essen verhindert.
    «Kellnerin!» rief der Rotgesichtige.
    «Jaaa?»
    «Nennen Sie das ein Roastbeef?»
    «So steht’s auf der Speisenkarte», erklärte sie schnüffelnd.
    «Das gebe ich zu. Ich gebe sogar zu, daß das Fleisch, daß Sie mir vorgesetzt haben, ursprünglich vom Rind stammte. Ich sage nichts weiter, als daß es Ihnen gelungen ist, es bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen.»
    «Bei mir brauchen Sie sich nicht beschweren.» Sie schnupfte abermals laut. «Ich habe es ja nicht gekocht.»
    «Darf ich Ihnen zu Ihrer Aufklärung verraten, daß Roastbeef rot, saftig und in der Mitte blutig zu sein hat? Dies hier ist grau, ausgetrocknet und schwimmt in einem Saft, der offenbar aus brauner Schuhpaste zubereitet wurde.»
    «Bis jetzt hat sich noch keiner beschwert», entgegnete die Kellnerin und hielt damit den Fall für erledigt.
    «Ich kann Leute nicht ausstehen, die in einem Restaurant Krach schlagen», sagte George ganz allgemein, aber dafür um so lauter in Morags Richtung.
    «Wenn es mehr Leute gäbe, die den Mut hätten, den Mund aufzumachen, verdammt noch mal, würde den Gästen nicht ein solcher Fraß von einem Klüngel stinkfauler, profitgieriger Wirte vorgesetzt werden.»
    «Wenn Sie doch nicht immer unsere Unterhaltung unterbrechen würden!» sagte George müde.
    Der Mann erhob sich. «Ich verzichte auf dieses Essen.»
    «Zahlen müssen Sie es aber trotzdem», sagte die Kellnerin.
    «Sie können mir die Rechnung in die Bar bringen. Und richten Sie Ihrem Chef aus, daß ich gern bereit bin, gutes Geld für den Vorzug zu zahlen, nicht in seinem Lokal zu essen. Guten Tag.»
    Die Tür schlug zu.
    «Seien wir froh, daß wir den nie wiedersehen müssen», bemerkte George. «Noch ein bißchen Pudding?»
     

12
     
    Die Snowdonia war eines dieser hypermodernen Schiffe, auf denen alles aus Plastik zu bestehen schien, selbst das Meer. Natürlich sah sie nicht im entferntesten wie ein Schiff aus. Die modernen Schiffe tun das ja alle längst nicht mehr. Es ist traurig, daß solch fröhliche Begleiterscheinungen der Schiffahrt wie die Schornsteine und Masten, der Teergeruch und das Pfeifen des Windes in der Takelung genauso unbarmherzig wie das Kielholen und das Ertränken unliebsamer Matrosen verbannt worden sind. Die Snowdonia war ein großes, weißes, schlankes Ding, nicht schön, aber elegant. Inmitten all der Kisten und Krane des Southampton-Docks erinnerte sie an jene mageren Modelle, die immer wieder vor alten Backsteinmauern und leeren Milchflaschen für die Modezeitschriften fotografiert werden.
    Aber selbst wenn ein Schiff wie eine schwimmende Seifenschale aussieht, kann es nicht ohne Kapitän in See stechen.
    Es ist sonderbar; in einer Welt, in der die Könige ihre Kronen en gros abgetreten, Generale ihre Schwerter und den Purpur fortgeworfen haben, Millionäre in fliegender Hast ihre Millionen für wohltätige Zwecke ausgeben und berühmte Ministerpräsidenten sich die Westen auf dem Fernsehschirm aufknöpfen, um zu beweisen, daß sie genauso schlichte Menschen sind wie Sie und ich, verblieb nur einer Figur unverändert absolute Befehlsgewalt: dem Schiffskapitän.
    Diktatoren ducken sich bebend in kugelsichere Verstecke und

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