Onkel Horatios 1000 Sünden
verärgert aus. «Was fällt Ihnen denn ein! Wenn Sie die Frechheit haben, hierher zu kommen und sich am Tisch meines Onkels vollzustopfen und dann die Hände auf dem Bauch zu falten und anzudeuten, daß er nichts weiter ist als ein gemeiner -»
«Ich habe meine Verpflichtung als Rrechtsanwalt und als Staatsbürger.»
«Ich weiß nicht, ob Sie nicht eine Tracht Prügel verdienen.»
«Aye, Anklage wegen tätlichen Angriffes.»
«Jetzt hören Sie mir einmal zu, Mr. McInch. Es müßte wohl dem primitivsten Schwachkopf klar sein, daß mein Onkel ein Mann von äußerst -»
Er wurde dadurch unterbrochen, daß die Salontür geöffnet wurde.
«Teddy, mein Junge!» rief Lord Brickwood. «Du sollst der erste sein, der es erfährt. Ich habe eine prachtvolle Neuigkeit.»
«Ach ja?»
«Gracie und ich haben uns soeben verlobt.»
Er kam in das Speisezimmer und hielt Mrs. Prothero bei der Hand, als führe er sie nach dem Grand National-Rennen in die Siegerbox.
«Großer Gott!» murmelte Teddy. Sein Mund, der bereits geöffnet war, um eine weitere Drohung gegen Mr. McInch auszustoßen, klappte noch weiter auf.
«Ich bin die allerglücklichste Frau der Welt!» ließ Mrs. Prothero sich hören und faltete die Hände.
«Und ich», sagte Lord Brickwood, «ich bin der größte Glückspilz unter der Sonne. Hätte ich noch vor kurzer Zeit in Hongkong zu denken gewagt, daß Gracie der Zucker in meinem Kelch des Glückes werden würde?»
«Lieber Teddy!» rief Mrs. Prothero und kam auf ihn zu. «Du mußt mir jetzt einen ganz großen Kuß geben.»
«In der zukünftigen Lady Brickwood», sagte Onkel Horatio, «habe nicht nur ich eine Frau, sondern du, Teddy, hast auch ein Tantchen gefunden.»
«Ähäm», bemerkte Mr. McInch.
«Jetzt hören Sie endlich mit diesen abscheulichen Geräuschen auf», beklagte Lord Brickwood sich ungehalten.
«Mrs. Prrothero - ich muß Ihnen drringend etwas sagen.»
«Mein guter McInch», versetzte Onkel Horatio stirnrunzelnd, «selbst unter Ihrem granitenen Äußeren müssen sich doch irgendwelche Gefühle verbergen, oder? In einem solchen Augenblick ist die Einmengung eines Anwalts wohl wirklich nicht am Platze.»
«Mrs. Prrothero, ich muß darauf bestehen-»
«Nein, wirklich!» schalt sie ihn. «Sie sehen doch, daß ich im Moment andere Dinge im Kopf habe.»
«Eine Sache von grrößter Bedeutung -»
«Hol’s der Teufel, McInch!» explodierte Lord Brickwood. «Wenn Sie so besorgt darum sind, ob Ihre lächerliche kleine Honorarnote bezahlt wird -»
«Ich lasse mich nicht länger beleidigen», krähte Mr. McInch und sprang auf. «Wenn Sie sich zu einer Närrin machen wollen, meine Gnädigste, kann ich nur mit rreinem Gewissen behaupten, daß Sie es gegen den ausdrücklichen Rrat Ihres Rrechtsanwalts tun.»
«Was erlauben Sie sich?» rief die rot anlaufende Mrs. Prothero.
«Verschwinden Sie, Sie verdammtes kleines, faules schottisches Ei!» fügte Lord Brickwood hinzu. «Ehe ich meinen Neffen bitte, Ihnen Ihren dreckigen Kragen umzudrehen.»
«Das wird nicht nötig sein. Ich bitte, mich zu entschuldigen.» Er ergriff seine Aktenmappe. Dabei warf er Mrs. Prothero einen tief gekränkten, erbarmungswürdigen Blick zu, wie eine Spinne, auf die jemand getreten ist. «Sie wissen ja, wo ich jederzeit zu finden bin.»
«Hinaus!» brüllte Lord Brickwood und hob den Fuß.
Die Tür knallte ins Schloß. Onkel Horatio beugte sich wieder schwungvoll über die Brillanten. «Meine Teuerste, was für eine abscheuliche Szene! So ein ungehobelter Mensch! Ich nehme an, er ist nicht verheiratet, wie? Hm. Das dachte ich mir. Natürlich ist er eifersüchtig.»
«Eifersüchtig, Horatio?»
Lord Brickwood nickte ernsthaft. «Du wärest überrascht, welche Illusionen sie sich über ihre reizvollen weiblichen Klienten machen, diese Kerle. Hat wohl erwartet, dabei außerdem nicht schlecht abzuschneiden, schätze ich. Ich bin ein Mann von Welt, mir kommt vieles unter. Es wäre auch besser, wenn jemand deine Konten einer kritischen Prüfung unterzöge. Ich habe nie ein verdächtigeres Defraudantengesicht gesehen. Deine Angelegenheiten werden in den Händen meiner eigenen Anwälte bedeutend besser aufgehoben sein», fuhr er fort und tätschelte die Brillanten. «Duff& Trimm, eine kleine Firma unten im Old Bailey. Sie haben mir in der Vergangenheit viele gute Dienste erwiesen. Alastair, noch eine Flasche Champagner!» befahl er. «Du mußt auf unsere Gesundheit anstoßen, Teddy. Für den Rest des Nachmittags furchte ich
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