Onkel ist der Beste
ging, erblickte er zu seinem Erstaunen einen älteren Herrn, den die Hecke am Hosenboden festhielt. Robert seinerseits erblickte einen Herrn ärztlicher Profession, der ihn erschrocken und besorgt ansah, offenbar unentschlossen, ob er ihn befreien oder Hilfe holen solle. Kurzangebunden sagte er: »Befreien Sie mich bitte von diesen Ranken. Sie sehen ja, daß ich gefangen bin.«
Dr. Gresham kam zögernd näher. Der alte Mann mußte leicht verrückt sein. Was sollte er sonst in der Hecke tun? Wahrscheinlich litt er an Verfolgungswahn und versteckte sich vor einem eingebildeten Feind. Steif sagte er: »Sie hängen an einem Brombeerzweig fest. Wenn Sie einen Augenblick stillhalten... Da, jetzt sind Sie frei. Erlauben Sie mir die Frage, was Sie in der Hecke da getrieben haben?«
Robert kam langsam auf die Beine. Er fühlte sich wie ein Trottel und war auf seinen Retter wütend. »Ich wollte mich nur — hm — ausruhen. Meinerseits möchte ich aber wissen, warum Sie das Haus meiner Nichte betreten haben und was Sie drin wollten.«
Dr. Gresham rang sich ein müdes Lächeln ab. »Ich bin der neue Arzt. Jemand hat mich angerufen, ich solle eiligst zu einer Mrs. Sims kommen. Der Weg, den man mir beschrieb, schien mir nicht sicher, ich ließ also den Wagen an der Brücke, um mich zu vergewissern, daß dies das richtige Haus ist.«
Das klang plausibel, doch Robert war entschlossen, später bei den Sims’ nachzufragen. Er sagte: »Mrs. Sims wohnt vier Meilen weiter, die erste Abzweigung nach rechts. Die jungen Leute scheinen nicht da zu sein, und meine Nichte hat Kopfschmerzen.«
»Ich weiß. Sehr unangenehm, aber doch nicht so, daß ärztliche Hilfe nötig wäre.«
Robert war wütend wie noch nie. Dieser Flegel war also tatsächlich in Doras Zimmer eingedrungen.
»Hoffentlich bekommen Sie in Zukunft zutreffendere Angaben«, sagte er.
Dr. Gresham lächelte überlegen und erwiderte: »Und ich hoffe, daß Sie ein angenehmeres Plätzchen zum — hm — Ausruhen finden.«
Er wollte offensichtlich das letzte Wort behalten, und das bereits lebhaft rosa gefärbte Gesicht Roberts wurde zu einem wenig vorteilhaften Hochrot. Der Mann war kaum verschwunden, als Terry und Judy hinter dem Haus hervorstürmten, beide in den letzten Zügen eines erschöpfenden Lachkrampfes. »Onkel Robert, wie schrecklich! Wir haben mitgelitten. Auf allen Vieren zu knien und an der Hose zu hängen!«
Er fuhr sie wütend an. »Eine sehr peinliche Situation und ganz deine Schuld. Ist dir klar, daß die Geschichte in der ganzen Gegend die Runde machen wird? Der Mann glaubt womöglich, er hat einen Irren vorgefunden!«
Judy kämpfte um Fassung. »Sicher, es tut mir leid, aber warum bist du heraufgekrochen? Warum bist du nicht auf deinem Plätzchen geblieben?«
»Ich bin natürlich heraufgestiegen, als ich sah, wie der Mann offenbar das Haus deiner Mutter ausrauben wollte. Es wäre deine Pflicht gewesen, herauszukommen und ihn davon abzuhalten.«
Terry konnte sich vor Lachen kaum halten. »Ihn abzuhalten? Sehen Sie doch Judys Gesicht an! Genau das hat sie daran gehindert!«
Er betrachtete sie und konnte es verstehen, denn Judys Gesicht sah jetzt noch schlimmer aus. Zu den Pastelltönen hatte sich ein schwarzer Streifen gesellt, der aus der Kohlenablage stammte, in der sie sich versteckt hatten. Im Haar war eine große Spinnwebe. Robert sah sie an, und in seinem Innern rührte sich etwas. Er kämpfte es nieder. Er wollte sich nicht von diesen albernen Lachgewohnheiten anstecken lassen und meinte: »Wenn der Arzt dich gesehen hätte, hätte er sicher Reißaus genommen. Wenn er mich schon für senil hielt, weil ich auf allen Vieren durch die Hecke kroch, so hätte er dich für geisteskrank gehalten.«
Und dann wurden alle drei von einem Lachkrampf befallen. Sie waren davon so erledigt, daß sie den leisen Schritt auf dem Weg hinter ihnen nicht hörten. So war es für sie ein Schock, als eine Stimme sagte: »Verzeihen Sie, Sie haben gesagt rechts, nicht wahr?«
Sie drehten sich hastig um, und der Arzt sah von einem zum anderen. Er machte den Mund auf, nickte wissend und machte sich wieder auf den Weg. Es hatte keinen Sinn, mit Leuten zu sprechen, die so aussahen und sich so benahmen.
Bei seinem Wagen zögerte er. Er dachte an die Frau, die vernachlässigt und allein dalag, während ihre Familie im Garten wie irr kreischte. Man mußte ihretwegen etwas unternehmen. Er würde ganz sicher wiederkommen.
12. Kapitel
Die Jahreszeiten auf
Weitere Kostenlose Bücher