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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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hatte, bevor sie losgegangen war. Die Wasserschweinschinken waren in den dichten Rauch gehüllt, der von einem Haufen grüner Zweige aufstieg. Flip machte sich sofort daran, einem der vier Nager das Fell abzuziehen. Dann wurde das Kaninchen auf einen Stock gespießt und auf zwei in die Erde gesteckte gabelförmige Halterungen gelegt. Unter dem künftigen Braten wurde ein prasselndes Feuer entzündet. Schließlich wurde der kleine Jack damit beauftragt, den Spieß stetig zu drehen, und es hätte sich wohl ein Küchenjunge dieser Aufgabe nicht besser entledigen können.
    Als die Mutter ihren Sohn Robert mit seinen schlammbedeckten Kleidern erblickte, sah sie ihn nur wortlos an. Der Junge verstand aber diesen stummen Vorwurf und klopfte sorgfältig seine Sachen ab, von denen der getrocknete Schlamm als Staub herunterfiel. Auf sein Bläßhuhn wollte er jedoch nach wie vor nichts kommen lassen. Er rupfte es notdürftig, wobei er ihm allerdings genausoviel Fleisch herausriß wie Federn, und nachdem er ihm beim Ausnehmen noch den halben Kropf weggerissen hatte, spießte er es auf und überwachte höchstpersönlich den Bratvorgang. Der Kaninchenbraten war inzwischen gar, und so konnte auf dem Sand vor der Grotte das Abendessen serviert werden. Das Tier hatte den Geschmack all der aromatischen Gräser angenommen, von denen es sich ernährt hatte. Es wurde als ausgezeichnet befunden und bis auf die Knochen abgenagt. Ums Haar wäre auch noch einer seiner Kollegen verzehrt worden; dann begnügte man sich aber mit einem Dutzend Taubeneiern. Roberts Bläßhuhn, das beim Braten halb verkohlt war, wurde zerlegt, und jeder bekam eine Portion. Der kleine Jack beschloß, davon zu kosten. Beim ersten Bissen verzog er jedoch das Gesicht zu einer angewiderten Grimasse und mußte das Stück wieder ausspucken, das sein Bruder ihm hatte zukommen lassen. Das Fleisch des Bläßhuhns roch dermaßen nach Schlamm und Sumpf, das man es unmöglich hinunterbrachte. Robert aber gab sich nicht geschlagen, und da sein Magen es mit seiner Eigenliebe aufnehmen konnte, vertilgte er das Tier, das es sich gefallen ließ, tapfer bis zum letzten Rest.
    Den folgenden Tag verwandten Flip und Mrs. Clifton auf verschiedenerlei Einrichtungsarbeiten. Der Seemann beschäftigte sich damit, aus Bambuszwischenknoten Gefäße herzustellen. Beim Bearbeiten dieses harten Materials, für das eigentlich eine Säge erforderlich gewesen wäre, machte er überaus geschickt Gebrauch von seinem Messer. So brachte er zustande, was ihm vorschwebte, und konnte der Hausfrau schließlich ein Dutzend sauber gearbeiteter Behältnisse überreichen, die in eine Grottenecke gestellt wurden. Die größeren wurden sogleich mit Süßwasser gefüllt, und die kleineren sollten als Trinkgläser dienen. Mrs. Clifton war genauso glücklich über diese hölzernen »Glaswaren«, wie sie sich über ein Service aus Böhmen oder Venedig gefreut hätte. »Ja mehr noch«, sagte sie, »denn diese Gläser hier sind nicht einmal zerbrechlich!«
    An jenem Tag entdeckte Marc eine Art eßbare Frucht, die etwas Abwechslung in ihren Speisezettel brachte. Es waren eigentlich Kerne, und sie stammten von einer häufig am Wiesenrand wachsenden Kiefernart, der Pinie. Diese Kerne sind äußerst schmackhaft und werden in den gemäßigten Regionen Amerikas und Europas sehr geschätzt. Die Pinienkerne, die Marc seiner Mutter mitbrachte, waren reif, und so wurden die anderen Kinder aufgefordert, gemeinsam mit ihrem Bruder möglichst viele davon aufzusammeln. Sie ließen sich auch nicht lange bitten und durften als Belohnung einige Kerne gleich essen.
    So besserte sich also die Lage der kleinen Kolonie von Tag zu Tag. In das Herz der vom Schicksal so hart geprüften Mutter zog allmählich wieder etwas Hoffnung ein. Doch seit wie vielen Tagen hielt sich eigentlich die Familie schon an dieser Küste auf? Weder Mrs. Clifton noch Flip, noch eines der Kinder hätten das vermutlich zu sagen gewußt. Und als an jenem Abend Jack fragte, »was für ein Wochentag« denn sei, da blickten sie zum ersten Mal wieder zurück.
    »Was für ein Tag?« wiederholte Flip. »Hm, ich muß zugeben, daß ich keine Ahnung habe.«
    »Was«, sagte Robert, »wir wissen gar nicht, vor wie vielen Tagen wir hier gelandet sind?«
    »Ich könnte es nicht sagen!« erwiderte Mrs. Clifton.
    »Und ich genausowenig wie meine Mutter«, setzte Marc hinzu.
    »Also, ich weiß es«, sagte da die kleine Belle.
    Alle drehten sich zu dem Mädchen um und sahen dann zu,

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