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Onkel Robinson

Onkel Robinson

Titel: Onkel Robinson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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Französisch-Algerien.« »Für solch einen Breitengrad«, erwiderte Marc, »war es im März aber reichlich kalt.«
    »Tja, junger Herr«, sagte Flip, »Sie dürfen eben nicht vergessen, daß in manchen Jahren sogar die Bäche Afrikas zufrieren! Im Frühjahr 1853 habe ich in Saint-Denis-du-Sig in der Provinz Oran Eis gesehen. Sie wissen ja auch, daß in New York, das wie Madrid oder Konstantinopel auf dem vierzigsten Breitengrad liegt, die Winter sehr streng sind. Das Klima hängt stark von der Bodenbeschaffenheit ab. Es kann also durchaus sein, daß die Winter an dieser Küste sehr kalt sind, und daß sie dennoch ziemlich niedrig liegt.«
    »Es ist schon mißlich, daß wir ihre Lage nicht bestimmen können«, sagte Marc.
    »In der Tat ist es mißlich, Monsieur Marc«, anwortete der Seemann, »aber wir haben keinerlei Instrument, mit dem wir uns über unsere Position Klarheit verschaffen könnten, und so sind wir eben auf Vermutungen angewiesen. Aber ob diese Kalebassenbäume nun eigenlich hier wachsen dürften oder nicht, auf jeden Fall sind sie da, und das müssen wir ausnützen.«
    Während ihrer Unterhaltung waren Marc und Flip wieder an der Felswand angekommen. Von den Früchten des Kalebassenbaumes brachten sie etwa ein Dutzend mit. Sie sahen wie Flaschenkürbisse aus und ließen sich auch vorteilhaft als Flaschen verwenden. Flip stellte sie in eine Grottenecke, denn noch hatten sie ja weder Tisch noch Schrank, und die Grotte war durch keinerlei Zwischenwand in verschiedene Zimmer aufgeteilt. Dennoch ließ sich an so mancher Anordnung von Gegenständen das methodische Vorgehen Mrs. Cliftons ablesen, und man hätte auch in den Sand die imaginären Linien zeichnen können, durch die hier das Eßzimmer abgetrennt war, da das Schlafzimmer, dort das Anrichtezimmer und daneben die Küche; und überall herrschte peinliche Sauberkeit. Mrs. Clifton versuchte sich den Kummer nicht anmerken zu lassen, den sie unablässig auf dem Herzen trug, und wirkte fieberhaft an der Gestaltung des gemeinsamen Schiffbrüchigendaseins mit. Man sah, daß diese Mutter nicht für sich selbst arbeitete, sondern für ihre Kinder, die ihr viel bedeuteten. Für sie bemühte sie sich, stark zu sein. Sie vergaß nicht, sie beherrschte sich nur. Flip, der sie beobachtete, begriff, wieviel Anstrengung es sie kostete, der Verzweiflung zu widerstehen. Er ahnte wohl als einziger, wie sehr diese heldenhafte Frau litt. Vielleicht wußte auch Marc es, denn manchmal nahm der tapfere Junge die Hand von Mrs. Clifton, küßte sie und sagte leise: »Kopf hoch, Mutter, Kopf hoch!«
    Den geliebten Marc, der seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten war und schon die gleiche gütige Klugheit ausstrahlte wie der Ingenieur, drückte Mrs. Clifton dann an die Brust und überschüttete ihn mit leidenschaftlichen Küssen! Zur großen Freude der Kinder gelang es Flip während dieser Woche, in mühsamer Kleinarbeit ein wenig Angelgerät herzustellen. Er hatte zum Glück eine zur großen Familie der Hülsenfrüchte gehörige Baumart entdeckt, die Akazie nämlich, deren spitze Dornen sich als Angelhaken verwenden ließen, wenn man sie über dem Feuer krümmte und an einer Kokosnußfaser befestigte. Als Flip einige solcher Angelleinen gebastelt hatte, versah er sie mit kleinen Fleischstücken als Köder und legte sie in Begleitung der Kinder und ihrer Mutter am Seeufer aus.
    Flip setzte große Hoffnungen in diese notdürftige Ausrüstung, und er wurde nicht enttäuscht. Die Wasser des Sees waren fischreich. Viele Fische bissen an, und wenn auch die meisten sich wieder befreien konnten, so gelang es doch, wenigstens einige durch kurzes Anreißen der Leine im richtigen Augenblick festzuhaken und an Land zu ziehen. Der sehr geduldige Marc fing so einen forellenähnlichen Fisch, dessen silbriger Leib mit gelblichen Pünktchen übersät war. Obwohl das Fleisch dieses Tieres sehr dunkel war, schmeckte es her-vorragend, nachdem es auf glühenden Holzscheiten gebraten worden war. An den folgenden Tagen wurden noch viele solcher Fische gefangen, da sie sehr gefräßig waren und sich wie besinnungslos auf den Köder stürzten. Es biß auch eine größere Anzahl von Stinten an, die von den Leckermäulern der kleinen Kolonie genüßlich verzehrt wurden.
    So ernährten sie sich also von Wasserschwein-und Wildkaninchenfleisch, von Fischen – Stinten und Forellen –, von Taubeneiern, Weichtieren, Krebsen und Bohrmuscheln, und mit den Pinienkernen waren auch Früchte vertreten:

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