Onkel Schwein (German Edition)
„Ich bin ein guter und vorbildlicher Bürger, der den Ort eines möglichen Verbrechens gemeldet hat.“
„Ehrlich gesagt hatten wir, als ich anrief, die Stelle noch nicht gefunden“, entschuldigte sich Wilhelmsson und nieste erneut. Einer der Techniker sah ihn böse an.
„Du gehörst ins Bett“, sagte er, „nicht in den Wald. Du erschrickst einen ja zu Tode.“
Der Gescholtene winkte wortlos ab und stellte den Kragen seines Mantels wieder auf. Der Wind nahm zu und verwirbelte den Schnee.
„Habt ihr schon was gefunden?“ fragte Teever in die Runde.
Der Techniker schüttelte den Kopf. An seinem Bart hing ein gefrorener Tropfen. „Ein paar Knochen, aber das meiste dürften die Tiere weggeschleppt haben. Man müsste den ganzen Wald untersuchen und würde wahrscheinlich doch nichts finden. Die Natur leistet in solchen Fällen ganze Arbeit. Da kommt nichts um.“
„Was ist mit dem Kiefer?“ fragte Teever, zu Wilhelmsson gewandt.
„In diesem Fall kann ich dir wohl Auskünfte kaum verweigern“, meinte Wilhelmsson und hustete bellend, „wo du so ein vorbildlicher Staatsbürger bist. Ich lasse gerade die Zahnärzte der Gegend abgrasen. Allerdings ist das am Wochenende und vor Weihnachten nicht so leicht. Die Ärzte sind alle im Süden und verprassen das Geld. Als du mir am Telefon gesagt hast, dass es sich womöglich um die Überreste von Waldéns Frau handeln könnte, habe ich gleich jemanden zu seinem Hof geschickt, um nochmals nach Unterlagen zu suchen. Arztrechnungen, andere Nachweise über Behandlungen. Oder Einträge in ein Telefonbuch. Aber nichts! Den Schrank voller Medikamente und keine Nummer vom Hausarzt. So etwas habe ich auch noch nicht erlebt.“
„Vielleicht ist sie immer im Urlaub zum Arzt gegangen?“
„Aber auch davon müsste es doch irgendwelche Unterlagen geben. Oder über die Urlaube? Verträge! Versicherungen! Rentennachweise! Steuerunterlagen! In dem Haus gibt es gar nichts. Nur eine verdammte Schaufensterpuppe in der Montur eines Polizisten.“
Teever hoffte, über ausreichende schauspielerische Fähigkeiten zu verfügen. Er konnte schlecht zugeben, dass er das Haus kannte. Also schwieg er und blickte überrascht drein.
„Lebensgroß“, bekräftigte Wilhelmsson.
Teever schüttelte erstaunt den Kopf. „Leute gibt es. - Habt ihr eigentlich aus Kent und diesem Freddy etwas herausbekommen“, fragte er, um das Thema zu wechseln.
Wilhelmsson legte den Zeigefinger vor die Lippen und machte eine Geste der Ablehnung.
„Das darf ich dir nicht sagen.“
„Dann huste, wenn es neue Erkenntnisse gibt. Habt ihr andere Verdächtige gefunden. Was ist mit den Waffen.“, bat Teever genervt.
Wilhelmsson hustete und grinste Teever an.
„Heißt das ja, oder was? Niese, wenn es keine gibt.“
Wilhelmsson nieste.
Teever verdrehte die Augen.
„Ich darf dir nichts sagen. Nur so viel: Wir haben keine neuen Erkenntnisse.“ Er überlegte.
„Es sei denn, du möchtest uns etwas mitteilen?“ fragte Wilhelmsson.
Teever kämpfte mit sich selbst. Ein paar Verdächtige hatte er ja schon zu bieten. Mein-Calle, Liza, die Porno-Connection. Doch andererseits waren dies bloß Vermutungen und er wollte dann schon lieber mit etwas Handfestem aufwarten. Bei dem Gedanken an das Lido tat er Helgi innerlich Abbitte. Nicht nur das Schwein Waldén hatte dort verkehrt – Teever musste über die Doppeldeutigkeit des Wortes zur Verwunderung Wilhelmssons schmunzeln –, sondern auch sein isländischer Freund.
Er beschloss, sich Zeit zu lassen. Die Polizei hatte ihre Geheimnisse, er hatte seine.
Fast umgehend nach Annahme der Einladung hatte er die Antwort bereut. Er wollte nicht mit Lennart Axelsson an einem Tisch sitzen und Smalltalk machen. Er wollte keine alten Wunden aufreißen, die gerade erst verheilt waren. Oder lediglich durch ein Pflaster verdeckt wurden. Dieses Pflaster waren die anderen Probleme, die ihn grübeln ließen. Andererseits hatte ihm seine weise Tante einmal gesagt, dass man Freundschaften pflegen musste. Ob an derFreundschaft zu Lennart noch etwas zu pflegen war, schien ihm mehr als unwahrscheinlich, zu tief saß der Stachel in ihm. Da er aber dennoch der Bitte um Hilfe nachgekommen war, musste noch irgendetwas vorhanden sein. Reichte das, um der Freundschaft eventuell doch wieder Leben einzuhauchen?
Teever saß an dem von Eva Axelsson vorbestellten Tisch in einer aus unbehandelten Ziegelsteinen gemauerten Ecke des Restaurants. Die Dekoration war schlicht. Keine Bilder von
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