Onkel Schwein (German Edition)
verfassten Listen, verwarfen sie, schrieben neue Aufstellungen.
Axelsson arbeitete damals in einer kleinen Firma, die nautische Geräte vertrieb. Er hätte sein Hobby zum Beruf gemacht, sagte er immer, arbeitete nicht übermäßig viel, sondern kümmerte sich lieber um seine Familie, seinen weiteren Interessen und seine Freundschaften.
Doch das sollte nicht so bleiben. Schleichend, wie eine Krankheit, änderten sich die Prioritäten. Alles begann mit dem unerwarteten Erfolg eines besonders leistungsstarken Echolots, für das die Firma das Alleinvertriebsrecht bekam. Axelsson war plötzlich bis 10 Uhr abends im Büro, reiste in Schweden und nach Finnland oder Norwegen. Als erstes litt darunter die Zeit für Freunde und Hobbys, dann, so kam es Teever vor, auch die Aufmerksamkeit für die Familie. Teever hatte einen halbherzigen, vergeblichen Versuch unternommen, seinen Freund darauf anzusprechen. Dann kaufte sich Axelsson ein neues Auto mit Ledersitzen und allem Schnickschnack und ein größeres Boot, das er kaum nutzte. Schließlich bezog die Familie eine Villa am See mit Pool und Fitnessraum. Irgendwann hatte der Firmengründer, ein knorriger Finnlandschwede, genug Geld verdient und fühlte sich reif für den wohlverdienten Ruhestand auf den Kreuzfahrtschiffen in der Südsee. Axelsson kratzte seine Ersparnisse zusammen, belieh das Haus und nutzte geschickt seine guten Kontakte zu den Banken, um die Firmenanteile seines Chefs zu übernehmen.
Mit seinem Freund Torbjörn traf er sich kaum noch. Und wenn, empfand Teever die Sprachlosigkeit zwischen ihnen nicht mehr angenehm und leicht wie im Sarek oder auf der Ostsee, sondern als bedrückend und schwer. Sie lebten nicht nur in unterschiedlichen Welten, sondern dachten auch so. Teever fragte sich manchmal, ob er neidisch auf Axelsson war; auf dessen geschäftlichen Erfolg und das Geld. Sein eigenes Gehalt als junger Polizist reichte gerade zum Nötigsten und die Aussichten auf eine Karriere gingen gen Null. Aber er war zumindest überzeugt, seine Ideale nicht preisgegeben zu haben.
Die Entfremdung schritt voran, was Teever womöglich noch verstanden hätte, aber als Verrat empfand er, als Axelsson mit Geschäftspartnern eine Crew für eine Wintertour nach Spitzbergen zusammenstellte. Durch einen entfernten gemeinsamen Bekannten hatte Teever zufällig davon erfahren. Nach dem ersten Erstaunen wartete er darauf, dass sich sein alter Freund bei ihm melden würde. Einmal sahen sie sich kurz im Einkaufszentrum, doch es blieb bei Allgemeinplätzen und einem „man sieht sich“. Teever brachte es nicht fertig, direkt zu fragen, flüchtete in die Hoffnung, dass esein Missverständnis gewesen sein musste. Axelsson konnte diese Sache einfach nicht ohne ihn durchziehen.
Doch der Anruf oder ein Besuch blieben aus. Teever seinerseits konnte nicht über seinen Schatten springen und so kam es wie es kommen musste: Axelsson verwirklichte den gemeinsamen Traum tatsächlich ohne ihn. Selbst das erfuhr Teever nur zufällig, als er in einer Bank gelangweilt eine Zeitung durchgeblättert hatte. Axelsson und seine Begleiter hatten auf der Rückfahrt einen Fischer aus Seenot gerettet. Teever hatte fassungslos auf das Bild von einem grinsenden Axelsson und dem erleichtert dreinblickenden Lofoten-Fischer gestarrt und sich traurig und enttäuscht gefühlt, so als wäre er um eine ganze Freundschaft und alle gemeinsamen Erlebnisse betrogen worden. Die Nennung des Schiffsnamens hatte ihm den tiefsten Stich versetzt. Axelsson hatte das Boot „Senta“ genannt, einer Figur aus „Der fliegende Holländer“.
Teever war nicht wütend geworden. Er hatte nur geweint, was ihm vor sich selbst unendlich peinlich gewesen war. Männer weinen nicht, hatte sein Vater immer gesagt.
Teever wusste nicht, ob Axelsson eine Ahnung davon hatte, dass er von der Segeltour wusste. Eine Weile drängte die Enttäuschung andere Gedanken in den Hintergrund. Statt von toten Kindern träumte er von Axelsson, womit sich immerhin endlich einmal der Lieblingsspruch seiner verstorbenen Tante bewahrheitete: Wer weiß, wofür es gut ist.
Catharina hatte kein Verständnis für seine Gefühle gezeigt, sondern Vorhaltungen gemacht, Teever Schwäche vorgehalten und ihm später sogar erzählt, dass sie von Axelssons Plänen gehört hatte, ohne Teever etwas zu sagen. Ein weiteres Tröpfchen für das Fass mit der Aufschrift „Beziehung“.
Der Kontakt zu Axelsson und seiner Frau versandete endgültig. Erst noch eine
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