Online Wartet Der Tod
verdiente. Er hasste sie nicht. Er wollte sie wiedersehen. Und er hatte sich ohne den geringsten Widerstand bereit gefunden, den Namen Enoch zurückzuhalten.
Flann wandte sich gleich den anstehenden Aufgaben zu. »Ich habe den Brief ins Labor geschickt, aber es wird eine Weile dauern, bis wir von dort etwas hören.«
»Sie werden sowieso nichts finden.« Bislang hatte Enoch keinerlei Spuren hinterlassen. »Unser FBI-Agent hat uns da einen viel besseren Hinweis geliefert, schätze ich.«
Während sie ihm von ihrem Gespräch mit Charlie Dixon berichtete, aß Flann das Tiramisu.
»Die Chekova ist also ermordet worden, weil sie dem FBI was verraten hat, und dann ist unser erstes Opfer mit derselben Waffe erschossen worden wie sie? Das passt doch nicht zusammen.«
»Wenn Enoch irgendwie mit den kriminellen Machenschaften zu tun hat, von denen Tatiana wusste, dann passt es.«
»Also suchen wir russische Heroindealer, oder – was mir viel interessanter scheint – wir sehen uns Mark Stern noch mal an. Meinen Sie, Stern könnte es sein?«
»Jeder hat eine dunkle Seite. Aber dass Stern der Mörder ist, glaube ich nicht. Ich sehe noch die Panik in seinem Blick, als wir ihm gesagt haben, dass da jemand FirstDate benutzt, um an Single-Frauen heranzukommen und sie umzubringen. Seine Angst kam nicht daher, dass er unser Mann wäre – er hatte Sorge, dass diese Informationen seine Firma kaputt machen könnten, wenn sie bekannt werden. Wenn er beschließt, im großen Stil zu morden – warum sollte er damit zugleich seine Lebensgrundlage zerstören?«
»Also suchen wir jemanden, der mit irgendwem zu tun hat, der Tatiana zum Schweigen bringen wollte. Vielleicht hat er sie umgebracht, ist darauf abgefahren und hat FirstDate genutzt, um weitere Opfer zu finden und seine Enoch-Persönlichkeit zu entwickeln?« Flann sah die Schwachstelle selbst. »Aber wenn er Anfänger ist und FirstDate als Spielwiese betrachtet, wie kann er dann Amy Davis auf die Webseite gelockt haben?«
»Schon klar«, sagte Ellie. »Es passt alles nicht zusammen. Aber der Sache mit Tatiana müssen wir nachgehen. Einen anderen Anknüpfungspunkt haben wir nicht.«
»Der Doorman in Megan Quinns Haus sagt, der Mann, der die Blumen geliefert hat, habe akzentfrei gesprochen; also war es wohl kein Russe.«
»Und Peter Morse sagt, der Mann am Telefon habe einen Südstaateneinschlag gehabt. Vielleicht kann der Latino-Doorman den Tonfall eines Südstaatlers nicht von dem eines ganz durchschnittlichen Weißen unterscheiden? Wir suchen also einen Mann mit Südstaatenakzent, Verbindungen zu russischen Kriminellen und einem Faible für eine obskure religiöse Schrift? Ist ja ein Kinderspiel.«
Ellie beugte sich über Flanns Schreibtisch, um nach der Konditoreischachtel zu angeln. Dabei fiel ihr Blick auf das aufgeschlagene Notizbuch von Caroline Hunter. Flann hatte eine Stelle mit einem neon-orangefarbenen Post-it-Zettel markiert.
»Was ist da?«, fragte sie und drehte das Buch zu sich hin.
»Schauen Sie sich’s an.« Der Zettel klebte neben einer Randnotiz: MC Becker.
Ellie erkannte den Schriftzug. Bei der Lektüre der Polizeiberichte zu dem Mord an Tatiana Chekova hatte sie die ganze Zeit gewusst, dass sie kurz zuvor irgendwo auf den Namen Becker gestoßen war. Aber den Zusammenhang mit Caroline Hunters teils völlig ungeordneten Notizen hatte sie nicht hergestellt.
»Mein alter Kumpel aus Scarsdale«, sagte Flann.
Es überraschte Ellie nicht, dass er, wenn es um Ed Becker ging, zu vorschnellen Schlüssen neigte. »Das können Sie nicht wissen, Flann.«
»Wir hatten ihn die ganze Zeit vor der Nase. Er hat sich den Mordfall Tatiana gekrallt. Jetzt taucht sein Name in Caroline Hunters Notizbuch auf. Und einen Akzent kann man leicht nachmachen.«
»Der Name ist sehr verbreitet.« Ellie sah sich die Notiz noch einmal an. »Und so, wie es hier steht, könnte es beinahe auch McBecker heißen. Schwer zu sagen.«
»Für mich sieht es eher nach MC Becker aus. Laut Dixon hat Tatiana gesagt, dass die Leute, die sie kannte, Cops vom NYPD in der Tasche hatten, und ich weiß aus erster Hand, dass bei Becker früher schon mal so was war. MC könnte eine Abkürzung sein, zum Beispiel für einen Treffpunkt.«
»Vielleicht sind es auch die Initialen von seinem Sohn? Becker hat doch erzählt, dass der seine Verlobte online kennengelernt hat. Vielleicht gibt es auch gar keinen Bezug. Ich kann ihn anrufen. Einfach fragen.«
»Dann sagt er, es handelt sich um einen Zufall
Weitere Kostenlose Bücher