Online Wartet Der Tod
mir noch über die Leute erzählen, die möglicherweise hinter Tatiana her waren?«
»Zwei Männer sind auf der Grundlage dessen, was Tatiana uns geliefert hat, angeklagt worden.« Er gab ihr einen dünnen Hefter mit einem Formular Nummer 302, wie die FBI-Leute es für Kurzberichte über Befragungen benutzten. An das Formular war ein Foto geheftet. »Ich habe anhand von Tatianas Tipps zwei Festnahmen veranlasst. In dem einen Fall ging es um Heroingeschäfte in einem Club, in dem sie gearbeitet hat. Der Mann hieß Alex Federov. Das brauchen Sie sich nicht aufzuschreiben – Federov ist, zwei Monate nachdem er seine Strafe angetreten hatte, im Gefängnis umgebracht worden.«
Hatchers Neugier war geweckt. »Könnte das irgendwie mit dem Mord an Tatiana zusammenhängen?«
Dixon schüttelte den Kopf. »Nein. Das habe ich überprüft. Es hat sich herausgestellt, dass er im Gefängnishof eine Klinge in den Bauch gekriegt hat, weil er – das müssen Sie sich mal vorstellen – irgendwie an einen Band Harry Potter herangekommen war, für den ein Zellengenosse schon länger auf der Bibliothekswarteliste stand.«
»Bleibt noch der andere.« Hatcher nahm das Foto vom Formular ab, um es sich genauer anzusehen. »Das ist er?«
»Lev Grosha. Er hat in einem Motel in Brooklyn Kreditkartennummern ausspioniert. Und zwar hat er die Frau an der Hauptkasse bestochen, damit sie die Karten durch einen Scanner zieht. Hohes Betrugspotenzial. Als die Staatsanwaltschaft sich seiner annahm, dachten wir, er würde kooperieren. Das ist heutzutage praktisch die einzige Möglichkeit, etwas von der Strafe erlassen zu bekommen.«
»Und stattdessen?«
»Hat Grosha sich in allen Punkten für schuldig erklärt und die Haftstrafe in vollem Umfang angetreten.«
»Wo sitzt er?«
»MDC Brooklyn. Er hat eine kranke Mutter oder so was, deswegen haben sie ihn nicht weiter weggeschickt.« Das Metropolitan Detention Center lag gleich am Gowanus Expressway, zur Bucht hin.
»Können Sie mich auf seine Besucherliste setzen?«, fragte Hatcher.
»Kein Problem«, erwiderte er und notierte sich das. »Tun Sie mir einen Gefallen? Wenn Sie auf etwas stoßen, das direkt zu Stern führt, benachrichtigen Sie mich dann? Ich glaube nicht, dass er Ihr Täter ist, aber irgendetwas ist mit ihm. Mein Eindruck ist, dass er viel zu viel Geld hat, gemessen an dem, was die Firma einbringt.«
Angesichts der illegalen Methoden, derer er sich bedient hatte, um Stern zu überwachen, war Dixon froh, dass Hatcher nicht danach fragte, wie er zu diesem »Eindruck« gelangt war.
»Klar«, versprach sie. »Danke, dass Sie mich angerufen haben. Und für den Kuchen.«
Dixon stand auf und schlüpfte in seinen Mantel. Zufrieden mit seiner Entscheidung, was er erzählt hatte und was nicht, verließ er das Café. Er hatte dem NYPD die Informationen geliefert, die sie brauchten, und war damit aus dem Schneider. Hatcher schien eine gute Polizistin zu sein. Vielleicht übernahm sie nun die Last, und er konnte das alles hinter sich lassen.
Ellie beobachtete, wie Charlie Dixon zu einem blauen Impala ging, der ein Stück die Straße hinunter parkte. Dann zog sie ihr Handy hervor, klappte es auf und öffnete das Bildarchiv. Auf dem kleinen Display erschien Charlie Dixon, in Farbe, den Kaffeebecher knapp unterhalb des Kinns. Die Aufnahme war gar nicht schlecht.
Bevor sie ging, erstand sie eine Portion Tiramisu, zum Mitnehmen hübsch verpackt in einem Karton mit Schleife. Eine Überraschung für Flann. Leider wartete auf sie eine Überraschung ganz anderer Art. Vor dem Polizeirevier, kaum fünfundzwanzig Meter von ihr entfernt, stand Peter Morse. Es war nicht zu fassen. Millionen Leute hatten unzählige Male zufälligen Sex mit Fremden. Sie hatte das ein Mal getan – ein einziges Mal –, und der Typ tauchte buchstäblich vor ihrer Tür auf.
Sie stieg ein paar Stufen einer Metalltreppe hinunter, die zu einer im Souterrain gelegenen Wäscherei führte, und verkniff sich einen Kreischer, als eine Ratte über ihren Fuß huschte. Von ihrem Versteck aus beobachtete sie, wie Peter eine der Glasschwingtüren des Reviers öffnete. Wie lange wollte sie hier in der Kälte herumstehen, in diesem Wäschereigestank, nur um ihm nicht zu begegnen? Bis ich sehe, dass er geht, dachte sie, egal, wie lange es dauert.
Ihr Handy klingelte. Sie klappte es auf und erkannte Flanns Nummer.
»Hallo?« Sie flüsterte, als könnte Peter sie vom gegenüberliegenden Polizeirevier aus hören.
»Sind Sie bald
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