Online Wartet Der Tod
ganz altmodisch einen Namen und ein Geburtsdatum.«
Name und Geburtsdatum von Richard Hamline tauchten in der NYPD-Datenbank nur einmal auf: Zwei Jahre zuvor hatte er Anzeige gegen unbekannt erstattet, weil ihm, als er kurz nach Mitternacht von der Arbeit gekommen war, jemand die Sporttasche von der Schulter gerissen hatte und damit geflüchtet war. Dem Bericht zufolge war Hamline in einer Wall-Street-Kanzlei Anwalt für Gesellschaftsrecht und wohnte im siebzehnten Stock eines Hochhauses gleich am Battery Park.
Ellie hielt den Polizeibericht in der einen und Richard Hamlines Führerschein-Foto in der anderen Hand. Das Bild war knapp acht Jahre alt. Und auch wenn es eine gewisse entfernte Ähnlichkeit mit dem Foto im Profil von Enoch aufwies, argwöhnte Ellie, dass das vorteilhaftere Bild bei FirstDate Schwindel war.
»Mein Gefühl sagt mir, dass das nicht sein kann«, erklärte sie. »Sein echter Name bei einem Account, von dem aus er zu seinen Opfern Kontakt aufnimmt? Das wäre zu einfach. Hier wird doch nur die nächste Spielrunde eingeläutet.«
»Haben Sie irgendeine andere Idee?«, fragte Flann. Ein Richter hatte bereits telefonisch einen Haftbefehl gegen Hamline erlassen. Die um sich greifende Medienhysterie angesichts des vermuteten Serienmörders hatte ihm diese Entscheidung sicher leichter gemacht.
»Nö. Ich wollte nur wissen, ob wir das Gleiche denken.« Es war noch vor acht Uhr abends – für einen Wirtschaftsanwalt nicht spät. »Wir sollten es zuerst im Büro versuchen.«
26
»Ich habe mir beinahe gedacht, dass Sie anrufen, Chef.« Charlie Dixons Ton war freundlich-resigniert. Er ließ sich in einen der dunkelgrünen Ledersessel sinken, die gegenüber von Barry Mayfields mächtigem Mahagonischreibtisch für Besucher bereitstanden. Links und rechts der Fenster im Rücken seines Chefs waren die US-Flagge und die des Justizministeriums drapiert. Er blickte hinaus auf das Gelände, wo das World Trade Center gestanden hatte.
»Haben Sie schon mal an einem Serientäter-Fall mitgearbeitet, Charlie?«
»Das nehme ich als rhetorische Frage.« Die meisten der mäßig begabten Agenten – wie Charlie einer war – kümmerten sich ihre gesamte Laufbahn hindurch um Bankraub und Schießereien. Nach dem richtigen Maß an Arschkriecherei und einer Prise Glück konnte Charlie eine halbwegs respektable Liste an Betrugsfällen vorweisen, die Serienmörder aber blieben den Superstars vorbehalten.
»Ich hatte vor fünfzehn Jahren einen«, sagte Mayfield. »Man kriegt Magengeschwüre, wenn man es mit so einem Kerl zu tun hat. Die Uhr tickt, und man weiß nicht, wie viel Zeit einem noch bleibt. Man übersieht ein Detail, kommt ein paar Stunden zu spät – und schon hat man die nächste Leiche.«
Charlie schwieg und betrachtete die Kristall-Golfballuhr auf dem Schreibtisch. Irgendwann würde Mayfield auf den Punkt kommen, das wusste er; er brauchte nur abzuwarten.
»Ich denke, wir können das nicht länger als die Idee eines durchgeknallten Cops abtun. Die Nachrichten sind voll davon: Das NYPD hat ganz offiziell einen neuen Serienmörder. Als die Polizistin hier anrief, hat sie von drei Opfern gesprochen – Ihre Tatiana eingeschlossen. Mit der Neuen sind es vier. Sie scheinen der festen Überzeugung zu sein, dass FirstDate damit zu tun hat. Ohne Genaueres zu wissen, vermute ich, dass sie momentan vor allem nach Übereinstimmungen zwischen den Opfern suchen. Was meinen Sie?«
»Wie gesagt, ich war noch nie an so einem Fall dran, aber das leuchtet mir ein.«
»Wenn man über ein Opfer nicht alles weiß, was nur rauszukriegen ist, kann das üble Folgen haben. Sie behandeln sie einfach wie ein Opfer, wo sie doch das wichtigste ist … oder sie werfen sie mit den anderen zusammen, obwohl sie gar nicht ins Muster passt. So was kann das Bild total verfälschen, verstehen Sie?«
Dixon wurde langsam ungeduldig, aber er gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. »Ich verstehe, ja.«
»Wie passt also Tatiana in den Fall, den das NYPD da jetzt hat?«
»Das wüsste ich selbst gern.«
»Es ist schon verrückt, dass sie gesagt hat, mit FirstDate sei etwas komisch, und jetzt gibt es drei weitere ermordete Frauen, die alle auf die eine oder andere Art mit dieser Firma zu tun hatten. Sie haben Mark Stern ja schon länger im Visier. Könnte er derjenige sein?«
Charlies Antwort kam prompt. »Nein. Er ist ein krummer Hund, aber so krank ist er nicht. Wissen Sie was, Barry, eine Möglichkeit, es rauszufinden,
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