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Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Titel: Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schulz
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Arm mit Foxxy Maddox, die mit der anderen Hand ihr Stoffpony (mit Steiff-Penis) an den Busen drückte, auf der Showbühne und wartete auf das Ergebnis des finalen Votings. In der Absicht, die Spannung ins Unerträgliche zu steigern, überdehnte Zeremonienmeister Max Pannkok sie wie den Gummizug einer Unterhose. (Hans Nogger: »Antikli-Max Pannkok«.) Dehnte sie, bis es einen einen Scheißdreck interessierte, wer diesen Scheiß gewann. Foxxy Maddox nämlich.
    Spannend war nur noch, wie Bulle Honk den sterbenden Schwan mimte. Während es Lametta und Konfetti regnete, während Luftballonkanonen aus allen Rohren feuerten und eine Kamera Foxxy Maddox verfolgte, die mit einem Amazonenschrei über die wie irre aus allen Ecken und Kanten blinkende und zatternde Bühne sprintete, um Nick Dolan hinter seinem Jurypult mit einem Hechtsprung flachzulegen, kreiselte eine andere Kamera mehrfach um Bulle Honk herum. (Und zwar zu einer Musik, die zum Gemütszustand sowohl der Siegerin als auch des Verlierers paßte wie Lümmeltüte auf Durchschnittspimmel: »Camellia« von Amanda McBroom, aus dem Soundtrack zu »The Rose«.) Und zwar aus melodramatischer Perspektive, so schräg von unten. Sein leerer Blick zum beschränkten Horizont besagte: Haus und Hof verbrannt, Frau und Kinder geschändet, Auto kaputt. Die weitaus beste Performance, die er während der gesamten Staffel geliefert hatte.
    [40]
    Am darauffolgenden Wochenende brachte Edda Onno frische Wäsche aus Hamburg mit – und den schief geknifften Bogen Papier mit der Überschrift Funktionaler Analphabetismus . »Hab ich in deiner hellen Hose gefunden«, sagte sie. »Was soll das denn bedeuten?«
    »Ach«, sagte Onno, »den hab ich ja ganz vergessen.«
    Sie setzten sich ins ehemalige Forstbüro, wo mein ausrangiertes Notebook stand, und Onno lieferte Edda die merkwürdige kleine Episode nach. »Und dann hat sie blind getippt, und … na ja, meine Hypothese ist, daß sie nach dem Zehnfingersystem geschrieben hat und dann eben um jeweils eine Taste nach links oder rechts verrutscht ist, oder oben oder unten. Das da«, sagte er dann und zeigte auf den Dreierblock ovj nom hröö sig fovj , »müßte irgend so was heißen wie ich find dich geil oder so ähnlich.«
    »Kommt nicht hin, du dusseliger Esel«, sagte Edda fast auf Anhieb, »allein von der Anzahl der Wörter.«
    »So ähnlich, hab ich gesagt, neunmalkluge Eule. Tibor hat’s ihr ja diktiert, und ich erinner’ mich nicht mehr genau. Aber das da drunter« – er meinte den Dreierblock govl ,ovj  – müßte fick mich heißen. Das«, sagte Acht-Daumen-Onno und setzte sich in Positur, »prüfen wir gleich mal nach.«
    Was jedoch insgesamt erheblich schwieriger war, als er es sich vorgestellt hatte.
    Die Kryptomeme govl ,ovj ließen sich natürlich ruck, zuck entziffern, weil man sie nur zu verifizieren brauchte: Wenn korrekte Grundhaltung asdf jklö (d.   h. kleiner Finger linke Hand = a , Ringfinger linke Hand = s usw.; g und h freilassen; Zeigefinger rechte Hand = j , Mittelfinger = k usw.), dann um eine Taste nach rechts verrutscht sdfg klöä (und die Tastenreihe darüber und darunter entsprechend). Schrieb man also in der verrutschten Grundhaltung blind fick mich , kam unweigerlich govl ,ovj heraus.
    Doch wie vorgehen, kannte man den ursprünglichen Wortlaut nicht ? Man mußte aus der verrutschten Grundhaltung Rückschlüsse ziehen, doch da einem die ja nie je in Fleisch und Blut übergegangen war, ging das nicht ohne mühsame Bastelei ab. Es dauerte, und immer wieder gab es Denkfehler, doch mit vereinten Geisteskräften lösten sie schließlich auch die anderen Rätsel: ovj nom hröö sig fovj bedeutete in diesem System ich bin geil auf dich . Und mit der Dechiffrierung des letzten Satzes – des Satzes, den Fiona, weiß der Himmel, warum, damals aus freien Stücken hinzugefügt hatte – löste sich auch das Rätsel der vielfachen Ypsilonen (= das längere Drücken der Shift-Taste für den großen Anfangsbuchstaben!): yyyyyyyyyyyypzzp odz rom hsmu öornt hieß folglich:
    Otto ist ein ganz lieber
    »Schäm dich …«, sagte Edda versonnen.
    Sie sagte das ganz leichtherzig, und zwar mit einem Zungenschlag, der ebenso gut spielerische Eifersucht hätte signalisieren können. Doch nach über dreißig Jahren verstand Onno genau, was Edda damit auf unpathetische Weise sagen wollte: Schäm dich, jene Person verraten zu haben.
    Und ich will verdammt sein, wenn er das nicht tat.
    [41]
    Desgleichen, was Albert Loy

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