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Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Titel: Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schulz
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11/13.
    Dienstagnachmittags hatte Edda Dienstbesprechung. Normalerweise war jetzt gerade Feierabend. Vielleicht erwischte er sie also noch. Onno zückte sein Handy und drückte auf die Schnellwahl mit der Kennung ›Edda Lili‹.
    »Liliput, Edda Viets?« Bis heute packten ihn mitunter Rührung und ungläubiger Stolz, daß jene schöne, feste, weiche, runde Frau bereitwillig seinen Namen trug.
    »Na, Dickerchen?«
    »Na, Pantoffeltierchen?«
    »Was?«
    »NA, PANTOFFELTIERCHEN?!«
    »Ach so. Duhu? Schnecke? Ich hab’ ’n Job!« Und Onno erzählte.
    »Detektiv. Nick Dolan. Ich krieg ’n Föhn. Aber unser Popöchen? Du willst unser Popöchen bespitzeln und verpetzen? Unser Popöchen verpetzen bei diesem unappetitlichen – nee, allesguhut«, unterbrach sie, als Kollegin Frieda dazwischenquasselte. »Das ist meinMahann! Der hat sienichtmehr alleee!«
    »Sei doch nicht so unknuffig«, sagte Onno.
    »Unknuffig? Was ist das denn.«
    »Das Gegenteil von knuffig.«
    »Und was ist das ?«
    »Knuffig? Äh … cool. ’ch, ’ch, ’ch …«
    »Klingt aber uncool.«
    »Unknuffig?«
    »Nee, knuffig.«
    »Ja, aber knuffig. Jedenfalls, von wegen ›unappetitlichen‹ – öff, öff, sie hat ihn sich ja ausgesucht. Da fanden wir ›unser Popöchen‹ zum Schluß ja auch nicht mehr sooo gut.«
    »›Ausgesucht‹, ›auch nicht mehr so gut‹, alles klar, Herr Kommissar. Was wollen wir essen? Wann kommst du denn nach Haus?«
    »Nicht vor acht, denk’ ich mal.«
    19:40 Uhr. Mit knurrendem Magen, mit voller Blase und zugleich dehydriert hockte Onno in seinem Ford Guano. Auf dem Beifahrersitz. (Aus einem Internet-Interview mit einem gewissen Detekteichef: »Bei längeren Beobachtungen vom Auto aus ist es sinnvoll, auf dem Beifahrersitz zu sitzen, dann scheint es nämlich, als warte man auf jemanden, das ist weniger auffällig.«) Seit mehr als vier Stunden behielt er den Eingang von Haus Nummer 10 per Rückspiegel im Auge. Und zwar, das mußte ihm der Neid lassen, ohne signifikante Ermüdungserscheinungen.
    Denn wenn es überhaupt irgend etwas gab, das ein Onno Viets konnte – das ein Onno Viets gar besser konnte als viele andere –, dann war es: sitzen. Das war neben seinen sensationellen Pingpong-Reflexen die zweite seiner drei Superkräfte. Egal, wo und wann, wie und wieso – Onno konnte stundenlang sitzen. Tagelang. Jahrelang; notfalls auf einem Schleifstein. Ischias? Hämorrhoiden? Nee. Nich. Onno Sitzriese.
    Auf Feten war er stets beliebter Gast. Aber auch, um der Wahrheit die Ehre zu geben, nicht ganz und gar ungefürchtet. Mitsamt seiner selten minder feierlustigen Edda kam er immer gern und ging immer ungern. Legion die Gartenstühle, aus denen ihn im Morgennebel die Feuerwehr hatte schweißen müssen. Legion die Sofas, Sessel, Küchenbänke, denen er Flausen ausgetrieben hatte. Nur durch höchste Konzentration seiner über die Jahrzehnte nahezu unverändert gebliebenen fünfundsiebzig Kilogramm Lebendgewicht auf die Gesäßmuskeln. Durch energischen Nießbrauch der Erdanziehungskraft. Aktive Passivität. Zen in Reinform. Zen ohne den Zenquatsch.
    Raimund hatte hinsichtlich Onnos Berufsmisere vorgeschlagen, er möge doch im Akkord Eier ausbrüten. »Oder werd König! Im Thronen schlägt dich keiner! Oder wenigstens Pfahlsitzen wie all diese Guinness-Rekord-Idioten … Gibt’s nach’m halben Jahr nicht immerhin ’n Präsentkorb oder irgend ’n Scheiß?«
    Und wo wir grad dabei sind: Superkraft No.   3 war das bereits angesprochene Charisma für Arme. Eine Eigenschaft, über die er im Vergleich zu seinen Mitmenschen in außergewöhnlichem, ja übernatürlichem Maße verfügte. Sie bewirkte, daß sich jede/r rund Einskommasiebte gern zu ihm gesellte und mehr oder weniger rasch zu erzählen anfing. Nicht nur die Mühselige und der Beladene, sondern rein arithmetisch mehr als die Hälfte aller, die ihm länger als fünf Minuten begegneten. Onnos Haselnußaugen (Muttererbschaft) strahlten Muße ab, unendliche Muße, und im Verbund mit seinem gütigen Grinsen signalisierten sie die Urpotenz, des Nächsten Seele zu bezeugen.
    Mit Folgen. Homosexualität eines Familienvaters? Onno Pfarrer. Promiskuität einer 16jährigen Verkäuferin? Onno Onkel. Untreue im Amt eines Kegelclubkassenwarts? Onno Advokat.
    Ich zitiere aus meiner Eloge zu Onnos Fuffzigstem: Onno Paps und Onno Mama,   /   Onno Papst und Onno Lama …
    Besoffene, Einsame, alleinerziehende Bluter – alle standen sie Schlange, um zum hl. Onno

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