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Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Titel: Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schulz
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vorgelassen zu werden. Und noch nie hatte er jemand enttäuscht. Daran hatte es weißgott nicht gehapert, als er mit dem Plemplem pleitegegangen war. Dabei tat er oft gar nicht viel. Betteten Mütter ihm ihre grölenden Ausgeburten in den schimmeligen Arm, verwandelte er die dank seines schnurrenden Rs binnen Sekunden in die niedlichsten Babys unserer Stammesgeschichte.
    »Weißt du, wie du steinreich werden könntest?« hatte Raimund mal gefragt. »Als Psychiater. Der Guru der Gurus. Der –«
    »Genau«, bestätigte ich. »Noppe Viets, Begründer der Onnopathie ™ .«
    »Njorp«, bestätigte Onno. »Und ihr meine ersten Bekloppten.«
    Die Froindstraße lag am Südrand der vornehmen Uhlenhorst. Diesseits des Mundsburger Damms war sie eine kurze, geknickte Einbahnstraße. Von hier aus war man in anderthalb Minuten an der Außenalster, auf der Autobahn nach Berlin in acht. Um nach dem arctissilbernen Porsche Boxster Spyder HH – Q 69 Ausschau zu halten, war Onno zu Beginn seiner ersten Observation einmal ganz durchgefahren, hatte den Bogen über Graumannsweg, Buchtstraße und Mundsburger Damm zurückgeschlagen und dann noch einen andersherum, über Kuhmühle und Armgartstraße. Zwei, drei Porsche, doch kein Boxster Spyder. Daraufhin die ideale Parklücke gefunden.
    Voluminöse Bäume standen der Straße gespreiztes Spalier. Die meisten schon sehr grün, waren ihre Blätter doch so klein, daß das Schwarz der Stämme und Äste noch deutlich zutage trat. Frisch erblüht, mischten diese erhabenen Wächter Leben unter die verwitterte Soldateska der Bogenlaternen und hüteten zugleich die vier- bis fünfstöckigen Häuser. Eine Drossel sang inkognito, und dito antwortete ihr eine aus der Nebenstraße.
    Schräge drückte Onnos Schmuddelford den Schnabel gegen einen der massiven Masten. Anderseits angekettet ein rostiges Damenradskelett mit Plastiktüte überm Sattel. Der Hauch von Endzeitatmo, den die beiden Wracks atmeten, wurde von der Umgebung überzeugend ignoriert. Spiegelgleich die noblen, architravgekrönten Eingänge der Häuser Nummer 11 und 13, lumineszierten deren Türblätter cremeweiß. Im Rundbogenfenster des angrenzenden halbhexagonalen Vorbaus strahlte eine Lampengans aus Plexiglas, als habe man sie mit Morphium gemästet.
    Onno hatte den Innenspiegel verdrehen und tief in den Sitz rutschen müssen, um die Tür Nummer 10 bequem im Blick zu behalten. Ein längsgeparkter Mini Cooper verdeckte die vier Steinstufen, die hinaufführten; die verschnörkelte Flügeltür und der verfrühte Lichtschein aus dem Paneel der Klingelschildchen aber waren gut zu beobachten. Unter den Namen tatsächlich Schulze-Pohle, das hatte Onno zu Beginn der Observation geprüft – quasi mit hochgeschlagenem Trenchkragen. Queckenborns Auskunft zufolge war Fiona hier mit ständigem Wohnsitz behördlich gemeldet. War außerdem derzeit nicht im Urlaub oder ähnliches. Das »Liebesnest« – aus lauter Daffke dachte Onno gern in Boulevardjargon –, das der Poptitan für Miss Popo angemietet hatte, lag diesem zufolge im sechsten Stock des Hauses, eine Kombination von Mansarde und Penthouse.
    Einmal pro Tag werde sie mindestens nach Hause kommen, hatte Queckenborn ausgesagt. Und zwar hörbar gequält, denn er würde bis Sonntag in Köln festsitzen, wo die Challenges für die Sparte TX im Studio produziert wurden – sowie die Jury-Urteile. (BQ wurde bekanntlich aus einem Stripschuppen in Prenzlberg übertragen, PN wie erwähnt aus der Showbar Hammonia auf St. Pauli.)
    Weit und breit hauptsächlich Wohngebiet. Eine Pension. Kein Laden. Tankstelle zu weit weg. Nichts hatte Onno dabei, kein Getränk, keinen Appel, kein Ei, keine Pinkelflasche, kein gar nichts. Aufs Diktiergerät schnurrte er entsprechende Notizen. Nicht mal Lektüre, ärgerte er sich ein Weilchen, bevor ihm die erleichternde Erleuchtung kam, daß Lesen das Gegenteil von Observation gewesen wäre.
    Zäh hatte er ausgeharrt in seinem Onnomobil, obwohl zwischenzeitlich selbst zur ZP geworden (= Zielperson, vgl. Internet). Halbherzig gedeckt von der illuminierten Hausgans, observierte ihn durch die plissierte Gardine des Vorbaus an Nummer 13 seit zweieinhalb Stunden eine schattenhafte Miss Marple in hager. Was, so fragte sie sich sicher, lungert dieser unrasierte alte Hippie da in diesem vollgekoteten Rollator herum? Als es noch hell war, hatte Onno zur Tarnung damit begonnen, alle zehn Minuten auf die Armbanduhr zu schauen und schwer geprüfte Miene zu machen. Er wartete

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