Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition)
fraglich, ob die anderen das Depot finden. Und dann wird uns noch eine schlimme Zeit bevorstehen.
Ich bin damit beschäftigt, den Plan für ein Boot zu machen, das aus unserem Schlitten und Zeltmaterial im Notfall gebaut werden soll. Holz wäre wohl gerade genug da, wenn wir alles verwenden, aber schlimm steht es mit dem Segeltuch! Wir haben an wirklich wasserdichtem Segeltuch nur das Segel und die grünen Schlittensäcke, die aber auch schon beschädigt sind.
Da die Stücke aber klein sind, müssten sie oft genäht werden, und das würde sehr lang dauern und mit Nähzeug steht es etwas knapp, besonders Garn! Und wir haben nichts Brauchbares da, um die Nähte zu dichten. Es kann sich noch furchtbar strafen, dass wir das grosse Segeltuchstück, was ich noch zuletzt an der Westküste in de Q.havn holen wollte, nicht mithaben. –
In dem Zelt selber hatten wir ein genügend grosses Stück Stoff, aber der Zeltstoff ist nur Baumwolle und wird nicht dicht sein. Zur Probe haben wir ein Stück Schlittensack aus demselben Stoff über das grosse Nansengefäss gehängt und Wasser drauf geleert. Aber sehr bald war das Wasser durch gelaufen. Also ist es nichts damit, denn wir haben nichts zum Dichten. Das Einzige wäre der Pemikan, aber den dürfen wir nicht dazu verwenden und zudem wäre auch der Erfolg recht fraglich.
Ich bin nach allem Versuchen überzeugt, dass wir kein wasserdichtes Boot fertig kriechen. Es bleiben uns also im Notfall nur noch 2 Möglichkeiten. Entweder:
Wir bauen ein undichtes Boot und versuchen darin zu fahren, während einer immer Wasser ausschöpft.
Wenn mehr Wasser reinkommt, wie wir schöpfen können, müssen wir halt versuchen, an Eisbergen und Grosseisschollen zu landen, dort immer das Boot zu entleeren und so schnell wie möglich die nächste Landungsmöglichkeit an einem andern Eisberg zu erreichen. Da der Fjord sehr viel Eisberge hat, so wäre die Ausführung dieses etwas gefährlichen Plans möglich.
Wir würden ja auch Eisberge finden, und Schollen auf denen man Zeltplätze bez. Lagerplätze machen könnte (das Zelt wird dann ja zum Bootbau verwendet sein). An Storisschollen findet man immer Landungsmöglichkeiten und Lagerplätze, an den Eisbergen allerdings viel seltener. Und Storis ist viel weniger da.
Aber wir haben Steigeisen und Pickel, und würden auch schwierigere Stellen überwinden können, und nur wenn keine ebenen Stellen oben vorhanden wären, könnten wir uns welche mit dem Pickel aushauen. Gemütlich wäre ein Nachtlager auf einem schwimmenden Eisberg aber nicht, denn er kann jeden Augenblick kalben, und wer weiss, ob er uns nicht von unserem Ziel wieder weiter abbringt. Also wenn irgend möglich, sollten wir dann die Querung des Fjords an einem Tag erzwingen und müssten uns zu dem Zweck erst die schmalste Überfahrtsstelle ermitteln. Wenn wir viel Treibeis hätten, wäre es schon eine andere Sache!
Oder: Wir warten an der Fjordküste, bis der Fjord zufriert, und gehen dann mit den Schlitten weiter. Das würde aber bis November oder Dezember dauern. Pemikan und Petroleum wäre noch für 2 Monate da. Dann müssten wir mit den 27 Hunden auskommen und vielleicht schiessen wir auch Bären und dann kanns nicht fehlen. Das Sattessen und die Abwechslung hört dann allerdings für lange auf, und dann kann auch Skorbut kommen und die Wartezeit wird einem sehr lang werden und dann kommen wir dies Jahr nicht mehr heim und man wird zu Hause uns für verloren halten. ...
Beide Möglichkeiten überlegen wir hin und her in allen Einzelheiten, und wir sind der Ansicht, dass es besser wäre, den gefährlichen Bootsplan auszuführen. – Entschliessen für das eine oder andere können wir uns ja erst gegebenenfalls, wenn der Bootsbau gemacht und der Erfolg damit ausprobiert ist.
Wir haben aber auch noch andere Arbeit wie Bootspläne. Es müssen Hunde geschlachtet werden. Wir wollen täglich etwa 3 bis 4 Hunde machen.
24. August 2012
Ostgrönland
Bis zum Zeltplatz 29, dem Ort, wo sich de Quervain und Gaule von den anderen beiden verabschiedeten, um das Depot zu suchen, sind es von unserem Lager aus etwa zwei Kilometer. Am Eisrand entlang folgen wir den Kurven und Windungen der Randmoräne nach Norden. Direkt über das Eis wäre die Strecke kürzer, doch dann müssten wir ständig über Bäche klettern. Die Halbschuhe fühlen sich leicht an, das lose Geröll unter den Füßen ungewohnt hart.
Viele Tage sind wir nur über gefrorenes Wasser gestapft. Ab heute sind wir keine Expedition
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