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Operation Amazonas

Titel: Operation Amazonas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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National Academy of Sciences . 1999 zog ein Forschungsteam in Philadelphia eine Gruppe Mäuse mit geschädigtem Immunsystem groß. An den Mäusen wollten sie Multiple Sklerose und Aids studieren. Als sie mit der Arbeit an den immungeschädigten Tieren begannen, trat jedoch ein merkwürdiges und unerwartetes Phänomen auf.«
Kouwe hob eine Braue. »Worum handelte es sich?«
»Die Forscher hatten den Mäusen Löcher in die Ohren gestanzt, eine gebräuchliche Methode zur Markierung von Versuchstieren. Nun stellten sie fest, dass die Löcher erstaunlich schnell zuheilten, ohne Narben zu hinterlassen. Die Ohren hatten Knorpelgewebe, Haut, Blutgefäße und sogar Nerven nachgebildet.« Kelly legte eine Kunstpause ein, dann fuhr sie fort. »Im Anschluss an diese Entdeckung stellte Dr. Ellen Heber-Katz, die Leiterin der Forschungsgruppe, ein paar Experimente an. Sie amputierte einigen Mäusen die Schwänze, die daraufhin nachwuchsen. Sie durchtrennte Sehnerven, die anschließend wieder heilten. Nach der Entfernung eines Teils der Wirbelsäule wuchs auch dieses in weniger als einem Monat nach. Eine solch phänomenale Regeneration war bei Säugetieren bislang unbekannt gewesen.«
Kouwe nahm die Pfeife aus dem Mund, seine Augen hatten sich staunend geweitet. »Und was war die Ursache?«
Kelly schüttelte den Kopf. »Der einzige Unterschied zwischen diesen und gewöhnlichen Mäusen war das defekte Immunsystem.«
»Und was bedeutet das?«
Kelly verkniff sich ein Grinsen. Allmählich erwärmte sie sich für das Thema, zumal sie einen so aufmerksamen Zuhörer hatte. »Aus Untersuchungen von Tieren mit der erwiesenen Fähigkeit, Gliedmaßen zu regenerieren – dazu gehören Welse, Amphibien und Reptilien –, wissen wir, dass sie allenfalls über ein rudimentär ausgebildetes Immunsystem verfügen. Daher hat Dr. Heber-Katz die Hypothese aufgestellt, die Säugetiere hätten vor langer Zeit ein Tauschgeschäft gemacht. Um uns vor Krebs zu schützen, haben wir auf die Fähigkeit zur Regeneration von Gliedmaßen verzichtet. Unser kompliziertes Immunsystem ist nämlich vor allem darauf ausgerichtet, unerwünschte Zellwucherungen zu verhindern. Das ist natürlich ausgesprochen sinnvoll, aber gleichzeitig blockiert ein solches Immunsystem eben auch die Versuche des Körpers, ein beschädigtes oder verlorenes Glied zu regenerieren. Es verhält sich zu den noch undifferenzierten Zellen, die entstehen, wenn ein neuer Arm wächst, wie zu Krebszellen und eliminiert sie.«
»Dann ist die Komplexität unseres Immunsystems also gleichzeitig ein Segen und ein Fluch.«
Kelly kniff vor Konzentration die Augen zusammen. »Es sei denn, man könnte das Immunsystem gefahrlos ausschalten. Wie diese Mäuse.«
»Oder wie Gerald Clark?« Kouwe musterte sie aufmerksam. »Sie glauben also, sein Immunsystem sei lahmgelegt worden, sodass er den Arm regenerieren konnte, was allerdings zur Folge hatte, dass sich in seinem Körper der Krebs ausbreitete.«
»Schon möglich. Aber es war sicherlich nicht ganz so einfach. Was ist das für ein Mechanismus? Warum ist der Krebs so plötzlich ausgebrochen?« Sie schüttelte den Kopf. »Und noch wichtiger: Wodurch wurde die Veränderung ausgelöst?«
Kouwe nickte zum finsteren Dschungel hinüber. »Falls ein solcher Auslöser existiert, ist er hier zu finden. Gegenwärtig werden drei Viertel aller gebräuchlichen Krebsmittel aus Pflanzen des Regenwaldes gewonnen. Warum sollte eine Pflanze nicht auch das Gegenteil bewirken – nämlich Krebs auslösen ?«
»Ein Karzinogen?«
»Ja, aber eins mit erwünschten Nebenwirkungen … wie zum Beispiel die Regeneration.«
»Das klingt fantastisch, doch in Anbetracht von Agent Clarks Verfassung scheint alles möglich. In den nächsten Tagen werden die Forscher von MEDEA auf meine Bitte hin Gerald Clarks Immunsystem untersuchen und die Tumore genauer unter die Lupe nehmen. Vielleicht fällt ihnen ja etwas auf.«
Kouwe stieß eine Qualmwolke aus. »Wie immer die Antwort lauten mag, sie wird nicht im Labor gefunden werden. Da bin ich mir sicher.«
»Aber wo dann?«
Statt zu antworten deutete Kouwe mit dem glimmenden Pfeifenkopf einfach auf den finsteren Wald.
    Stunden später, etwas tiefer im Wald, hockte eine nackte Gestalt reglos in der Dunkelheit, knapp außerhalb der Reichweite des Feuerscheins. Ihr schlanker Körper war mit einer Mischung aus Asche und Meh-nu-Frucht bemalt, in einem komplizierten blau-schwarzen Muster, das sie in einen lebendigen Schatten verwandelte. Schon seit

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