Operation Amazonas
beobachten war, während gleichzeitig die Gesamtzahl der weißen Blutkörperchen abnahm. Zwar war es noch zu früh, eine Schlussfolgerung zu ziehen, doch anscheinend trat diese Besonderheit bei allen Erkrankten auf. Dies mochte ein Weg zur Früherkennung sein. Lauren las die letzte Zeile.
Basophilenzählung: 12 (H) 0-4
»Mein Gott.« Sie senkte das Diagramm auf den Tisch. Jessies Basophilenwert lag über dem Normalwert. Sogar weit darüber.
Lauren schloss die Augen.
»Ist Ihnen nicht gut, Dr. O’Brien?«
Lauren hatte die Schwester gar nicht gehört. Die grauenhafte Erkenntnis nahm sie vollständig in Anspruch: Jessie war am Dschungelfieber erkrankt.
11.48 Uhr
Amazonas-Dschungel
Kelly folgte den im Gänsemarsch aufgereihten Expeditionsteilnehmern, todmüde, aber fest entschlossen, in Bewegung zu bleiben. Sie waren die ganze Nacht durchmarschiert und hatten nur hin und wieder eine kurze Pause eingelegt. Nach dem Angriff waren sie zwei Stunden am Stück auf den Beinen gewesen und hatten bei Sonnenaufgang eine Weile gerastet, während die Ranger Kontakt mit dem Basislager in Wauwai aufnahmen. Sie hatten beschlossen, zumindest bis Mittag durchzuhalten und dann über Satellit mit den Staaten Kontakt aufzunehmen. Anschließend sollte sich das Team ausruhen, neu gruppieren und das weitere Vorgehen festlegen.
Kelly sah auf die Uhr. Es ging auf Mittag zu. Gott sei Dank. Waxman dachte bereits laut über einen geeigneten Lagerplatz nach. »In sicherer Entfernung von irgendwelchen Wasserläufen«, meinte er warnend.
Immer wieder hatten sie Bächen und Tümpeln ausweichen müssen oder waren in aller Eile hindurchgewatet. Weitere Angriffe hatte es nicht gegeben.
Manny hatte eine Erklärung vorgeschlagen. »Vielleicht bewohnen die Tiere ja nur ein fest umgrenztes Territorium. Vielleicht ist das der Grund, weshalb man sie nicht schon eher entdeckt hat.«
»Mir soll’s recht sein«, hatte Frank säuerlich bemerkt.
Sie stapften weiter, und der Nieselregen machte allmählich dichtem, feuchtem Nebel Platz. Die Feuchtigkeit machte alles schwerer: Kleidung, Rucksäcke, Stiefel. Trotzdem beklagte sich niemand über die Strapazen. Alle waren begierig, das nächtliche Grauen möglichst rasch hinter sich zu lassen.
Von vorne meldete ein Ranger: »Eine Lichtung!« Es war Corporal Warczak. Als Fährtensucher war es unter anderem seine Aufgabe, auf Zeichen von Gerald Clark zu achten. »Die Stelle scheint mir gut geeignet für ein Lager!«
Kelly seufzte. »Wurde auch Zeit.«
»Sehen Sie sich mal um!«, sagte Waxman. »Vergewissern Sie sich, dass keine Wasserläufe in der Nähe sind.«
»Jawohl, Sir! Kostos erkundet bereits das Gelände.« Nate, der bloß ein paar Schritt vor Kelly ging, rief nach vorn:
»Aber seien Sie vorsichtig. Es könnte sein, dass –«
Vorne schrie jemand gequält auf.
Alle erstarrten, bloß Nate stürmte los. »Verdammt noch mal, wieso hört eigentlich niemand auf mich?«, murmelte er im Laufen. Er blickte sich nach Kelly und Kouwe um und schwenkte den Arm. »Sie müssen uns helfen! Sie beide!«
Kelly schickte sich an, ihm zu folgen. »Was ist denn los?«, fragte sie Kouwe.
Der Professor lockerte bereits die Rucksackriemen. » Supay chacra , könnte ich mir vorstellen. Ein Teufelsgarten. Kommen Sie.«
Teufelsgarten? Das klang gar nicht gut.
Captain Waxman befahl den anderen Rangern, bei den Zivilisten zu bleiben. Zusammen mit Frank folgte er Nate.
Kelly eilte nach vorn und sah zwei Soldaten am Boden liegen. Es sah aus, als ob sie miteinander kämpften; der eine wälzte sich am Boden, der andere schlug mit der flachen Hand auf ihn ein.
Nate rannte auf sie zu.
»Befrei mich von den verfluchten Biestern!«, schrie der am Boden liegende Ranger, sich durchs Unterholz wälzend. Es war Sergeant Kostos.
»Ich versuch’s ja«, erwiderte Corporal Warczak, unablässig auf ihn einschlagend.
Nate schob den Corporal beiseite. »Aufhören! Sie reizen sie nur noch mehr.« Dem Soldaten am Boden befahl er: »Nicht rühren, Sergeant Kostos!«
Kelly konnte mittlerweile erkennen, dass der Mann mit etwa zweieinhalb Zentimeter langen schwarzen Ameisen bedeckt war. Es mussten Tausende sein.
»Hören Sie auf, sich zu bewegen, dann lassen die Tiere Sie in Ruhe.«
Kostos blickte Nate an, mit tränenden Augen und voller Wut, tat jedoch wie geheißen. Er hörte auf, um sich zu schlagen, lag still da und japste.
Kelly bemerkte die Schwellungen an seinen Armen und in seinem Gesicht. Er sah aus, als hätte man
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