Operation Beirut
immer größer werdenden Anteil der Mittel, die der Agentur zur Verfügung standen. Man hatte weder Geld noch Zeit, um eine neue Überwachungsoperation gegen einen palästinensischen Nachrichtenoffizier auf die Beine zu stellen, nur weil ein libanesischer Vertragsagent glaubte, dass er einen abgespannten und nervösen Eindruck machte.
Mitte Sommer erhielt Rogers einen merkwürdigen Anruf von Pater Maroun Lubnani. Für Rogers war er deshalb so merkwürdig, weil sie sich seit Monaten nicht mehr gesehen hatten.
Der maronitische Priester lud Rogers zu einem Spaziergang in den Hügeln über Kaslik ein. Das wäre eine Gelegenheit, sich zu unterhalten, sagte er. Rogers traf zur vereinbarten Stunde in Tennisschuhen und Bluejeans am Tor der Universität des Heiligen Geistes ein. Er war überrascht, Pater Maroun bereits am Tor wartend vorzufinden – noch dazu in alpiner Ausstattung: Bundlederhose, Kniestrümpfe und Tirolerhut. Der Priester thronte schwankend auf der silbernen Sitzstange eines Jagdstuhls.
Rogers überlegte, was er zu dieser exotischen Kostümierung sagen könnte, ohne den Mann zu beleidigen. Es fiel ihm nichts ein; also hielt er den Mund.
Pater Maroun begrüßte ihn ziemlich förmlich auf Französisch. Der amerikanische Nachrichtenoffizier und der libanesische Geistliche machten sich, einer hinter dem anderen, daran, die steilen Hügel von Kesrouan zu erklettern. Der Priester, so massig er auch war, erwies sich als überraschend beweglich. Er schien es zu genießen, den Pfad in Höchstgeschwindigkeit hinaufzulaufen, um hin und wieder anzuhalten und zu warten, bis ihn der Amerikaner eingeholt hatte. Fast eine Stunde lang ging es bergauf. Pater Maroun führte Rogers über einen Bergbach, ein schmales Gesims entlang und durch einen dichten Wald, bis zu einer Lichtung, die von unten unmöglich einzusehen war. Es war eine Hochwiese mit den weichsten und grünsten aller Gräser. Unter ihnen lag die Universität, die Küste und das blaue Mittelmeer.
Pater Maroun hielt inne und klappte den Sitz seines Jägerstuhls auf. Rogers setzte sich ins Gras und zündete sich eine Marlboro an. Der Priester nahm zu Rogers’ Überraschung eine Packung Camels aus seinen Lederhosen.
«Ich wusste gar nicht, dass Sie rauchen, Pater», sagte Rogers.
«Alle Libanesen rauchen», sagte der Priester.
Sie saßen da, der Priester auf seinem Ansitzstuhl und Rogers auf seinem Hintern, rauchten ihre Zigaretten und starrten auf die unvergleichliche Schönheit der hochsommerlichen libanesischen Berge.
«Es ist herrlich hier», sagte Rogers.
Der Priester sah ihn an und nickte feierlich.
«Sie müssen sich daran erinnern», sagte er, «wenn Sie sich eines Tages fragen, wofür diese verrückten Libanesen denn eigentlich kämpfen.»
Rogers nickte. Er fragte sich, ob ihm eine weitere Aufzählung der Leiden und Triumphe der maronitischen Kirche bevorstand. «Als Sie mich angerufen haben, Pater, sagten Sie, es gäbe da etwas, über das Sie mit mir sprechen wollten.»
«Aber ja», sagte der Priester. «Es gibt da in der Tat etwas. Unbedingt.»
Rogers wartete darauf, dass der Priester fortfuhr. Als er es nicht tat, half Rogers nach.
«Nun also, worum geht es?»
«Was?»
«Was wollten Sie mich fragen?»
«Ach ja, natürlich», sagte der Priester. «Was ich Sie fragen wollte, war, was Sie von der Führungsspitze der palästinensischen Guerillagruppe Al-Fatah halten.»
Diese Frage, ausgerechnet von einem maronitischen Priester gestellt zu bekommen, ist ziemlich seltsam, dachte Rogers.
«Das hängt davon ab, wen Sie meinen», antwortete er. «Einige der Fatah-Leute scheinen mir verlogene Maulhelden zu sein; andere scheinen es durchaus ernst zu meinen. Einige sind intelligent, und andere sind Narren. Nach dem zu urteilen, was ich so höre, sind jedenfalls die meisten korrupt.»
«Ja, das sicher», sagte Pater Maroun. Die Antwort entsprach offensichtlich nicht ganz dem, was er sich vorgestellt hatte. Er hatte seinen Tirolerhut abgenommen, und Rogers sah, dass seine Brauen schweißbedeckt waren.
Der libanesische Priester zündete sich eine weitere Zigarette an, schluckte umständlich und fuhr dann fort:
«Was halten Sie von Jamal Ramlawi?»
Rogers war sofort auf der Hut. Weder ein Zucken der Nasenflügel noch ein Zwinkern der Augenlider, das aus dem Rahmen gefallen wäre.
«Ich habe den Eindruck, dieser Ramlawi ist ein gescheiter und fähiger Mann, aber allzu viel weiß ich nicht über ihn», antwortete er gelassen.
«Was macht er
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