Operation Beirut
Rogers ein, ihr einen Besuch abzustatten – allein. Rogers seufzte und schüttelte den Kopf. Was für eine außerordentliche Frau. Er schrieb eine kurze Notiz, in der er höflich dankend ablehnte. Ich habe im Moment schrecklich viel zu tun. Das Schlimmste an der Arbeit, so schrieb Rogers, ist, dass sie einem zu wenig Zeit zum Spielen lässt. Vielleicht ein andermal. Als er an diesem Nachmittag das Büro verließ, hatte Rogers den Eindruck, als lächelte seine Sekretärin, die ihm den Brief von Solange nach hinten gebracht hatte; so als teilte sie jetzt ein Geheimnis mit ihm.
Der Terrorfeldzug der Fatah begann am 28. November 1971 in Kairo, als ein Team von vier Palästinensern den jordanischen Premierminister ermordete. Sie erschossen ihn am helllichten Tag vor den Augen einer Gruppe weiterer Würdenträger, als er die Halle des Kairoer Sheraton betrat. Zeugen sagten aus, einer der Todesschützen habe sich über den Körper des sterbenden jordanischen Politikers gekniet und von seinem Blut geleckt. Die Attentäter waren gleich anschließend von der ägyptischen Polizei festgenommen worden. Sie sagten aus, sie seien Mitglieder einer bisher unbekannten Organisation namens Schwarzer September, die sich nach dem Monat der Vertreibung der PLO aus Jordanien im September 1970 benannt habe.
Das nächste Ziel war der jordanische Botschafter in London. Als der jordanische Beamte eines Tages im Dezember in sein Büro fuhr, stand ein Bewaffneter auf einer Verkehrsinsel und schoss mit einer Maschinenpistole auf seine Mercedes-Limousine. Der Botschafter überlebte. Der Schütze, ein Algerier, entkam. Die Jordanier schrieben diese Operation dem gleichen Ring zu, der ihren Premierminister ermordet hatte. Sprecher der Fatah bestritten jegliche Verantwortung und schoben die Schuld dem Schwarzen September zu. Die Untersuchungen überschlugen sich in dem Bemühen, Beweismaterial zusammenzutragen, aber außer Gerüchten förderten sie nichts zutage. Die Gruppierung war erschreckend diskret. Sie war wie ein Tier, das keine Fährte hinterließ.
Einige Monate später begannen in Beirut die Bomben zu explodieren. Es waren keine großen; oft war es nichts weiter als eine Stange Dynamit. Es ging nur darum, die Libanesen zu verwirren und zu demoralisieren. Die Beirutis gaben ihren jeweiligen Lieblingsschurken die Schuld – den Palästinensern, den Syrern, den Israelis; je nach politischer Perspektive. Die schmerzliche Wahrheit war jedoch, dass niemand wirklich wusste, wer dafür verantwortlich war. Es war das Jahr der Bomben.
Dann schlug der Schwarze September wieder in Europa zu. Dieses Mal griff man Ziele an, die etwas mit Israel zu tun hatten. Erdölanlagen israelischer Firmen in Rotterdam und Hamburg; eine Elektronikfirma in Westdeutschland, die umfangreiche Geschäfte mit Israel tätigte. Außerdem exekutierte man fünf mutmaßliche Mitglieder des jordanischen Mukhabarat. Die Terroristen wurden zu Helden der arabischen Welt und riefen eine ganze Reihe von Nachahmern auf den Plan. Innerhalb der Fatah herrschte Eifersucht, als verschiedene Unterführer ihre eigenen Terroristennetze aufzubauen versuchten.
Es dauerte nicht lange, und die Israelis verstärkten ihre Angriffe gegen die Fatah. Nach einem Feuerüberfall der Fedajin auf israelisches Gebiet fiel die israelische Armee im Süd-Libanon ein. Die Israelis blieben vier Tage. Politiker in Jerusalem behaupteten, dass man einen entscheidenden Schlag gegen die Guerillas geführt hätte. Die israelische Operation verschärfte die innenpolitische Krise des Libanon, als mittellose Flüchtlinge aus dem Süd-Libanon – meist schiitische Moslems – in die Slums am Stadtrand von Beirut strömten. Die Libanesen baten inständig um entschiedene Maßnahmen, zu denen ihre korrupte und gelähmte Regierung jedoch nicht in der Lage war.
Der Schwarze September setzte seinen Rachefeldzug fort. Die Gruppe überfiel das Büro einer jordanischen Luftfahrtlinie in Rom, ein jordanisches Flugzeug in Kairo, die Jordanische Botschaft in Bern, die Jordanische Botschaft in Kairo. Außerdem zog sie eine spektakuläre, wenn auch letztlich verhängnisvolle Operation gegen Israel über die Bühne. Mitglieder des Schwarzen September entführten eine Maschine der Sabena Airlines auf ihrem Flug nach Tel Aviv und hielten die Passagiere als Geiseln auf dem Flughafen von Lod fest. Israelische Kommandosoldaten stürmten das Flugzeug als Mechaniker verkleidet und töteten zwei der vier Entführer.
Die Israelis
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