Operation Beirut
für sich genommen schon ein ernstes Problem. Aber wenn es sich bei dem Attentäter um einen ehemals als potenziellen Rekruten eingestuften Mann handelte – einen Mann, der sich dem Anwerbungsversuch widersetzt hatte –, dann war das ohne Zweifel eine Katastrophe.
Am Montagmorgen ging Stone als Erstes zum Direktor. Der Direktor hielt sich in seinem privaten Esszimmer auf und war beim Frühstück, als Stone eintrat. Er pulte eben den weichen Teig aus dem Innern eines Brötchens. Das war eine der exzentrischen Eigenheiten des Direktors: seine Vorliebe für das weiche Innere eines Brötchens. Wie viele Männer mit guter Erziehung hatte er in Sachen Tischmanieren einen eigenen Stil entwickelt. Stone fasste das Nachrichtenmaterial zusammen. Der Mann auf dem Band war fraglos Jamal Ramlawi. Es gab keinen Grund, an der Aussage des Libyers zu zweifeln, dass er dem Palästinenser Waffen und Sprengstoff besorgt hatte. Es handelte sich um einen Fall mit höchst beunruhigenden Aussichten, sagte Stone.
«Was zum Teufel geht da vor sich?», brummte der Direktor. «Dieser Bursche ist doch unser Mann in der Fatah, oder nicht?»
«Ja und nein», sagte Stone. «Wir haben ihn zu rekrutieren versucht, aber es hat nicht geklappt.»
«Er hätte also ein Motiv.»
«Es scheint wenigstens so.»
«So eine Scheiße», meinte der Direktor. Er stand auf und ging vom Tisch zum Fenster hinüber. Stone bemerkte, dass die Beine seiner grauen Nadelstreifenhose mit winzigen Bröseln der Brötchenkruste übersät waren.
«Welche Verbindung gibt es bei dieser Geschichte zum Schwarzen September?», wollte der Direktor wissen.
«Ich weiß es nicht», sagte Stone. «Vielleicht keine.»
«Nun, dann finden Sie es heraus. Wenn wir nämlich einem Terroristenkrieg zwischen dem Schwarzen September und den Vereinigten Staaten zusteuern, dann würde ich das gerne wissen. Um genau zu sein: Ich würde so etwas gerne vermeiden. Verstanden?»
«Jawohl, Herr Direktor.»
«Sie müssen dieses Problem lösen. Auf der Stelle. Wir werden nicht dulden, dass da draußen irgendwelche Palästinenser auf den Präsidenten schießen. Oder auf irgendeinen anderen Amerikaner, wenn wir schon davon sprechen. Wir haben ein Wahljahr. Wir können es uns nicht leisten, dass Terroristen amerikanische Bürger töten, ganz gleich wo. Und schon gar nicht in diesem Jahr. Richtig?»
«Ja, Sir.»
«Finden Sie eine Lösung!», wiederholte der Direktor.
Stone nickte.
«Da wäre noch die Frage, was wir mit den Italienern und den anderen Diensten machen, mit denen wir liiert sind. Was sollen wir denen sagen?»
«Sagen Sie keinem ein Wort», antwortete der Direktor mit Nachdruck. Er fügte hinzu, dass er für den Augenblick noch nicht einmal daran dachte, die Informationen um die Identität «Nabils» mit dem Weißen Haus zu teilen, geschweige denn mit ausländischen Regierungen.
Noch am selben Tag schickte der Direktor Stone los, um seine Sachen für einen Flug nach Beirut zu packen. Ein Jet der Luftwaffe stand zu seiner Verfügung.
Während des langen Fluges nach Beirut mühte sich Stone damit ab, einen Aktionsplan auszuknobeln, der dieses Feuer löschen würde und vielleicht auch noch verhinderte, dass sich ein neues entzündete.
Stone war erschöpft, als er in Beirut ankam. In Europa hatte er zwar für einige Stunden Station gemacht, aber nicht lange genug, um sich hinlegen zu können. Als er im Libanon ankam, traf er sich auf der Stelle zu einer Besprechung mit Hoffman und Rogers. Die Besprechung fand in der abhörsicheren «Blase» tief im Innern der Botschaft statt, die die CIA für besonders sicherheitsgefährdete Konferenzen benutzte. Sie war ganz in Weiß gehalten und mit so viel schalldämmendem Material ausgelegt, dass die Worte in der Luft zu sterben schienen, kaum dass man sie ausgesprochen hatte. Stone brachte eine Zusammenfassung des Nachrichtenmaterials aus Rom und erklärte, die diesbezüglichen Ermittlungen hätten die CIA überzeugt – und zwar über jeden Zweifel –, dass dieser «Nabil», der angeblich die Ermordung des Präsidenten der Vereinigten Staaten plante, mit PECOCK identisch sei, dessen Fall die Beiruter Station ja bestens kenne.
«Was meinen die Herren dazu?», fragte Stone, als er seine Erklärungen abgeschlossen hatte.
«Ich meine, dass uns da einer gewaltig foppen will», sagte Hoffman mürrisch.
«Und wer könnte das sein, Frank?»
«Das weiß ich noch nicht, aber so ist es jedenfalls. Ich meine, warum sollte ein
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