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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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sommersprossig, seine Augen waren scharf wie die eines Habichts.
    «Eine wirklich interessante Rede», sagte der Mann mit einer Stimme, der man einen leichten europäischen Akzent anhörte. «Aber ich glaube, Sie schmeicheln uns Israelis ein wenig zu sehr.»
    Er reichte Marsh eine Karte.
    «Mein Name ist Avidor», sagte der Mann. «Ich arbeite an der Israelischen Botschaft.»
    Marsh nickte mit dem Kopf.
    «Vielleicht könnten wir dieser Tage einmal zusammen zu Mittag essen», sagte Avidor. Marsh, der sich in all der Aufmerksamkeit sonnte, nahm das Angebot an; und er war hocherfreut, als Avidor einige Tage darauf anrief und ihm Zeit und Ort vorschlug.
     
    Ze’ev Avidor war der Chef der Washingtoner Mossad-Station. Er hatte mit einer bestimmten Absicht Kontakt zu Marsh aufgenommen, und zwar mit einer, die ihm vom Berater für Terrorfragen des neuen israelischen Präsidenten zugeteilt worden war. Seine Aufgabe bestand darin, eine Angelegenheit wieder anzupacken, die während der letzten Jahre geruht hatte – die Frage nach einer amerikanischen Infiltration der PLO  –, und so viel wie möglich über einen bestimmten, im Verdacht stehenden Palästinenser herauszufinden.
    Die neue israelische Regierung spielte mit dem Gedanken, einen alten Plan wieder zum Leben zu erwecken, so hatte der Berater für Terrorfragen Avidor erklärt. Sie wollten endlich die Arbeit zu Ende bringen, die man vor sechs Jahren in Angriff genommen hatte; nämlich jene zu bestrafen, die für das Massaker in München verantwortlich gewesen waren. Es war da noch einer am Leben – und zwar ausgerechnet jener Mann, der die Operation geplant hatte; und das bereitete der neuen israelischen Regierung die größten Sorgen.
    «Wir müssen unbedingt erfahren, ob dieser Mann noch immer unter der Kontrolle der CIA steht», hatte der Berater Avidor mitgeteilt. «Wir haben zwar keine Angst davor, die Amerikaner zu kränken, wenn uns nichts anderes übrigbleibt. Aber wir wollen ihnen die Möglichkeit einräumen, nein zu sagen. Und vielleicht ist es gar nicht so schlecht für uns, wenn dieser Kontakt zwischen den Amerikanern und der PLO in die Brüche geht.» Der Berater für Terrorfragen gab Avidor eine Liste von Leuten, die mit den Einzelheiten des Falles vertraut sein dürften. An der Spitze dieser Liste stand der Name «John Marsh».
     
    Sie trafen sich in einem weit vom Schuss gelegenen chinesischen Restaurant in der Nähe der Wisconsin Avenue in Bethesda. Nur einer der anderen Tische war besetzt.
    «Wir haben Ihre Arbeit sehr bewundert», sagte Avidor leise, nachdem sie sich gesetzt hatten. «Vor allem, als Sie den Nahen Osten unter Ihrer Leitung hatten. Wir waren schockiert, als Sie den Aufgabenbereich wechselten.»
    Marsh fühlte sich geschmeichelt. Es war schon Jahre her, dass ihn ein anderer Nachrichtenoffizier wegen seiner Arbeit gelobt hatte. «Ich habe versucht, das zu tun, was ich für richtig hielt. Aber es gab Leute, die anderer Ansicht waren.»
    «Ich habe so etwas läuten hören», sagte Avidor. Er verfolgte das Thema nicht weiter. Er wollte Marsh in keiner Weise drängen. Der Kellner kam und nahm ihre Bestellungen entgegen. Marsh schwankte zwischen Rind à la Szechuan und Rind à la Hunan und entschied sich dann für Ente in Orangensauce. Avidor bestellte sich Ei foo yung.
    «Ich nehme nicht an, dass Sie eventuell an ein wenig Beraterarbeit interessiert wären?», fragte Avidor.
    «Ich fürchte nein», sagte Marsh. «Danke für das Angebot, aber ich glaube nicht, dass das angebracht wäre.»
    «Selbstverständlich. Ich wollte die Frage einfach nur mal gestellt haben.»
    «Nur damit wir beide uns richtig verstehen», sagte Marsh. «Sie fragen, und ich gebe Ihnen die Antworten. So ist es mir am liebsten. Geradeheraus auf den Tisch, ja oder nein. Ich denke, wir können in unserem Geschäft schnell in Schwierigkeiten kommen, wenn wir das Abc vergessen.»
    «Wir sehen die Dinge genauso», gab Avidor zur Antwort. «Das ist es, was uns bei unserer Arbeit mit Amerika solche Angst macht. Unsere Geschäfte mit Ihnen sind oft so ungeschäftsmäßig. Wir wissen nie so recht, wo wir eigentlich stehen.»
    Marsh nickte ernsthaft. Ihm war, als hätte er eine verwandte Seele gefunden. Das ist genau der Grund, aus dem die Israelis die Besten sind, sagte er sich. Weil sie verstehen, dass die Nachrichtenarbeit ein Geschäft ist; ein Geschäft, in dem Kontrolle das oberste Gebot ist.
    «Wir befürchten, dass uns die Vereinigten Staaten am Ende verraten

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