Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
Vom Netzwerk:
der einen Cousin im Sicherheitsdienst hatte. Ein junger, als Kairoer Geschäftsmann getarnter Offizier, der die Anmietung der Wohnung überwacht hatte, war Gerüchten zufolge bereits dabei, seine Koffer zu packen.
    Die Kritik ging allerdings nicht an Rogers vorbei. Zumal er seine Inquisitoren eigenhändig mit dem Beweismaterial versorgte, das sie benötigten. Als er an jenem Tag aus der Wohnung in Heliopolis geflohen war, hatte er noch schnell die Tonbandaufzeichnung seiner missglückten Sitzung mit Jamal mitgenommen. Während einer nachträglichen Analyse in Kairo spielte Marsh das Band immer und immer wieder ab, vor allem die kurze Passage am Ende, in der Rogers die Abhöroperation vorschlug.
    «Das hört sich ja fast an, als hätten Sie sich entschuldigen müssen», sagte Marsh, als er sich das Band anhörte. «Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, wenn Sie von jemandem verlangen, für die Vereinigten Staaten von Amerika zu arbeiten! Das ist ein hartes Geschäft, und für Sentimentalitäten haben wir keinen Platz!»
    Rogers hielt den Mund. Aber später, als er Marsh in seinem Leinenkreppanzug einen von Hoffmans Lieblingssätzen zitieren hörte, fuhr er zusammen.
    «Es ist an der Zeit, diesen Palästinenser endlich an den Eiern zu nehmen und ordentlich zu drücken!», sagte der Mann aus Langley. Aus dem Mund von Marsh hörte es sich noch mieser an; und zudem ziemlich unglaubwürdig.
    Rogers konnte Marshs Hauptvorwurf nicht entkräften: Ein Versuch, eine Wanze zu installieren, war gescheitert, weil der Führungsoffizier keine Kontrolle über seinen Agenten gehabt hatte. Der Agent hatte geglaubt, er könne nein sagen.
    Rogers drängte darauf, noch einige Monate Geduld zu haben. «Wir müssen warten, bis die Wunden verheilt sind», sagte er Marsh. «Die Beziehung braucht Zeit, um zu reifen. Zu viel Druck könnte sie im Augenblick völlig zerstören.»
    Aber seine Argumente langweilten ihn selbst in zunehmendem Maße. Er hatte sie bereits ein Dutzend Mal vorgebracht. Zu diesem Zeitpunkt hörten sie sich selbst in seinen Ohren saft- und kraftlos an. Gib es zu, sagte er sich selbst, du hast versagt.
    Marsh hörte ihm mit der aufreizenden Höflichkeit eines Mannes zu, der weiß, dass er die bürokratische Schlacht gewonnen hat und sich daran nicht auch noch zu weiden braucht.
    Du blutloser Bastard, dachte Rogers, als er sich anhörte, wie Marsh sich bei ihm für all die Zeit und die harte Arbeit bedankte, die er investiert hatte, um das Fundament für diesen Fall zu legen.
     
    Schließlich kam ein Kabel von Stone mit dem Schlimmsten: Die Auswertung von PECOCK sollte vorübergehend eingestellt werden, um die Meinung ranghöchster Mitglieder der Nahost-Abteilung und des Stellvertretenden Direktors der Planung abzuwarten. Sie würden die weitere Entwicklung des Falles selbst in die Hand nehmen.
    Der nächste Schritt wäre dann ein Treffen zwischen dem Agenten und einem ranghöheren Mann aus dem Stab der Nahost-Abteilung. Beirut sollte die Vorbereitungen abwickeln. Das Treffen sollte in kontrollierter Umgebung, vorzugsweise in einem NATO -Land, stattfinden. Der Mann, der in der Anfangsphase des Falles mitgearbeitet hatte – womit Rogers gemeint war –, sollte beim nächsten Treffen mit PECOCK nicht zugegen sein.

[zur Inhaltsübersicht]
Teil V
    Juni–September 1970

Kapitel 20 Beirut; Juni 1970
    Als Rogers nach dem Malheur in Kairo wieder in Beirut eintraf, hatte bereits der libanesische Wahlkampf begonnen. Im August sollte ein neuer Präsident gewählt werden, und beide Lager prophezeiten im Falle eines Sieges der anderen Seite den Untergang des Libanon. In einem beunruhigenden Ausmaß hatten beide Seiten recht.
    Im libanesischen Wahlsystem spiegelte sich der Zustand der ganzen Nation. Es basierte auf einer ungeschriebenen «Übereinkunft», auf die sich die führenden Politiker 1943 geeinigt hatten, als Frankreich den Libanon in die Unabhängigkeit entlassen hatte. Diese Übereinkunft sah vor, den Christen das größte Stück des Kuchens zu geben – die Präsidentschaft und eine Mehrheit der Sitze im Parlament –, und jeder anderen religiösen Gruppierung im Land zumindest ein kleines Häppchen zuzugestehen.
    Die Parlamentssitze eines jeden Wahlkreises wurden proportional zur Stärke der religiösen Sekten verteilt. Die Wähler im Shouf-Distrikt im Südosten von Beirut waren aufgefordert, drei Maroniten, zwei Sunniten, zwei Drusen und einen griechischen Katholiken zu wählen. Die Wähler von Zahle, im

Weitere Kostenlose Bücher