Operation Cyborg
Seine kleine Nina war sehr tapfer, sagte er sich, also mußte er das auch sein. Er wußte, daß er sich auf Nina verlassen konnte, aber es war ihm sehr schwer gefallen, sie mit in den Plan einzubeziehen. Aber es mußte sein. Auch wenn Tom Sanders als tot galt – das BKA war immer noch hinter Severin her. Also sollte er sich besser nicht draußen blicken lassen, wenn es um 'Severins' Angelegenheiten ging. Zumindest dann nicht, wenn Jazz nicht in unmittelbarer Nähe war, um ihn zu beschützen. Ungeduldig wartete Tom, daß Nina sich wieder meldete. Nach nur 20 Minuten, die ihm trotzdem wie eine Ewigkeit vorgekommen waren, klingelte sein Handy.
»Hat alles geklappt?«, fragte Tom atemlos.
»Ja keine Bange. Hab' den Schlüssel gefunden und ich habe unsern Geheimgang genommen. Im Postamt war es leer und niemand hat dort 'observiert' oder sowas«, sagte Nina. »Wenn das BKA oder sonstwer hinter dir her sein sollte, dann war bestimmt heute keiner von denen in Bockenheim.«
Tom beruhigten Ninas Ausführungen nur wenig. Er glaubte nicht, daß sie in der Lage war, einen observierenden BKA Beamten zu identifizieren. Also war er auf Nummer Sicher gegangen und hatte Nina angewiesen, 'ihren Geheimgang' zu benutzen als er sie zum Postamt schickte. Gut, daß er einen zweiten Schlüssel für das Postfach in der WG versteckt hatte. Gut auch, daß man über eine alte Luftschutztür aus dem Zweiten Weltkrieg im Keller des Hauses, in die Kellerräume des Nebengebäudes gelangen konnte. Und dessen Hauseingang lag in einer anderen Straße. Sollte jemand die WG überwacht haben, wäre es ihm sicher nicht aufgefallen, daß Nina die Wohnung verlassen hatte.
»War ein Brief im Postfach?«, fragte Tom gespannt.
»Ja, aber nicht an dich, sondern an an einen E. Stadiatis. Das Ding ist per Nachsendeauftrag und 'c/o' im Postfach gelandet«, sagte Nina.
»Das stimmt so«, erwiderte Tom.
»Ich will nicht wieder davon anfangen, Tom«, Ninas Stimme klang gepreßt. »Aber das alles wirkt auf mich, als wärst du in wirklich großen Scheiß verwickelt.«
»Das stimmt zwar, aber mit Freds Tod hat das nichts zu tun«, beharrte Tom.
»Ist schon gut, du hast mir ja bereits dein Ehrenwort gegeben. Der Brief ist übrigens aus Rußland. Von einer TriToyka Consulting Ltd. Was ist das?«, wollte Nina neugierig wissen.
»Mach' den Brief auf«, bat sie Tom.
»Da ist nur ein bedruckter Zettel drin. Zwei Zeilen. In der ersten steht 'tritoyka' in Kleinbuchstaben und in der zweiten irgendein Code«, sagte Nina ein wenig enttäuscht, und las auf Toms Bitte hin die Angaben vor. Tom notierte sie sich.
»Muß ich den Brief jetzt aufessen, oder zerstört er sich gleich selbst?«, fragte Nina, aber ihre Stimme paßte nicht zu dem Witz, an dem sie sich gerade versuchte.
»Naja, mal ehrlich, es wäre mir schon recht, du könntest den Brief vernichten«, sagte Tom. »Sicher ist sicher. Und bitte erzähle niemandem, daß ich noch lebe. Auch nicht Leon oder jemand anderem an der Uni. Am besten redest Du mit niemandem über mich. Weder mit der Polizei, noch mit der Presse. Vor allem die Pressefuzzis werden dich sicher auch noch belästigen. Bleib einfach bei der Geschichte, die die Schmierfinken schon abgedruckt haben, wenn dich jemand nach mir ausfragt, okay?«, bat Tom Nina inständig.
»Ich werde niemandem etwas sagen, versprochen. Du kannst dich auf mich verlassen«, entgegnete sie.
»Das weiß ich. Du bist die beste Freundin, die ich habe ... danke«, sagte Tom und machte eine kurze Pause. »Ich muß jetzt auflegen, aber ich melde mich morgen wieder bei dir.«
Nina schluckte die ersten Tränen herunter, die sie schon wieder heimsuchten.
»Paß auf dich auf Tom. Und melde dich auf jeden Fall wieder, hörst du. Wenn du einfach so abhaust, dann werde ich dich aufspüren, egal wo du dich versteckst. Und dann verpasse dir die Prügel deines Lebens«, sagte Nina.
»Oh bloß nicht«, sagte Tom und mußte nun doch schmunzeln. »Wie gesagt ich melde mich morgen. Es tut mir Leid wegen Fred. Ich weiß wie schlecht es dir jetzt geht. Sei stark Nina. Und mach's gut.«
Tom legte auf.
Nina war immer noch aufgewühlt, aber es ging ihr tatsächlich ein wenig besser, als noch vor einer halben Stunde. Sie ging in ihr Zimmer und begann, einen Koffer zu packen. Da klingelte das Festnetztelefon.
»Singer, vom FFM Kurier. Sind Sie Nina Weiland? Was können sie mir über...«
Nina hatte bereits wieder aufgelegt. Tom hatte recht gehabt. Die Meute war schon auf ihrer Fährte. Sie
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