Operation Genesis (Ein Delta-Team-Thriller) (German Edition)
Ihren Ehering?«, wollte Sara wissen und versuchte die Pistolenmündung, die sich unter ihrem Kinn ins Fleisch grub, zu ignorieren. Weston presste so fest zu, dass sie ihren eigenen Puls zwischen den Kiefern spüren konnte. Einen Moment lang glaubte sie, er würde abdrücken, aber er überlegte es sich anders. Seine Augen waren nass.
Nasse Augen bedeuten, dass er nur verschwommen sieht, dachte Sara. »Sie müssen sie immer noch lieben.«
»Eine Weile lang, ja. Ihre Reaktion war verständlich.« Weston wischte sich mit dem Ärmel über die Nase, schniefte und betrachtete den Ring an seinem Finger. Der Goldreif glitzerte im schimmernden, aquamarinblauen Licht des Raums. »Aber jetzt …« Er lachte, ein wenig zu irre für Saras Geschmack. »Aber jetzt kriege ich das verdammte Ding einfach nicht mehr ab.«
Die Waffe senkte sich ein wenig.
»Wissen Sie, ich wünschte, sie könnte all das hier sehen. Was aus mir geworden ist. Dass mein Beruf kein Humbug war. Dass ich doch ein guter Vater bin.«
Seine Augen standen voller Tränen.
»Ich weiß, dass es nichts ändern würde …«
Einen Augenblick lang erschlaffte Westons Arm. Die Pistolenmündung zeigte zu Boden.
»Das würde ihn nicht zurückbringen.«
Weston blinzelte. Tränen liefen ihm über die Wangen. Sein Blick verschwamm.
Sara wartete nicht länger.
Sie trat zu, wie ihr Vater es sie in zehn Jahren als ihr Fußballtrainer gelehrt hatte. Immer mit dem Spann! Und es wurde ein Volltreffer auf den Stofffetzen, der Westons Weichteile verhüllte.
Er schrie auf und ging in die Knie. In rasendem Zorn hob er die Waffe und drückte ab, doch der furchtbare Schmerz in seinem Unterleib und die Tränen in seinen Augen machten das Zielen unmöglich. Der Schuss ging daneben. Eine zweite Chance bekam er nicht. Saras nächster Tritt traf sein Handgelenk, und die Pistole schlitterte durch den Raum, bis sie hinter einem Stapel Feuerholz liegen blieb.
Weston grunzte und holte zu einem wilden Schwinger aus. Er traf Sara mit dem Handrücken am Mund und spaltete ihr die Lippe. Aber der Schmerz und das Wissen, was sie gleich tun würde, spornte sie nur noch mehr an. Sie brauchte diese gespaltene Lippe und hatte Westons Schlag daher zugelassen.
Sie warf sich auf ihn, packte seinen schütteren Bart mit der linken Hand und riss seinen Kopf zur Seite. Mit der rechten Hand umklammerte sie seinen linken Arm. Dann schoss sie wie ein wildes Tier vor und grub ihre Zähne in seine Schulter. Obwohl er aufheulte und sich wegdrehte, hing sie an ihm fest wie ein hungriger Vampir und sorgte dafür, dass das Blut, das durch seinen Körper strömte, sich mit ihrem eigenen aus der offenen Lippe vermischte. Er würde ihr das Heilmittel geben, ob er wollte oder nicht.
»Aufhören!«, schrie er, vor Panik überschlug sich seine Stimme. »Gehen Sie weg von mir! Bitte!«
Sara ließ ihn los und trat zurück. Weston sank zuBoden, sein Oberkörper voller Blut, das Gesicht tränenüberströmt. An seiner Schulter sah sie alte Narben unter den frischen Bissen, die sie ihm zugefügt hatte. Narben von seinem Martyrium mit den alten Müttern. Einen Augenblick lang tat ihr der Mann leid. Er hatte Schreckliches durchgemacht, so viele Qualen erlitten. Kein Wunder, dass er sein seelisches Gleichgewicht verloren hat, dachte sie.
»Sie können nicht fort!«, brüllte er, und Geifer sammelte sich in seinem Bart.
Sie antwortete nicht. Sie streifte die Stiefel ab, und die Kälte des Steinbodens im Tempel traf ihre Füße wie ein Schock, doch jetzt konnte sie sich völlig lautlos bewegen. Sie dachte daran, nach der Pistole zu suchen, aber vielleicht kam er wieder auf die Beine, bevor sie sie fand. Also schnappte sie sich stattdessen seinen Gürtel mit dem Messer vom Bett und rannte zur Tür hinaus.
Westons Stimme verfolgte sie. »Aus Mount Meru gibt es für Sie kein Entkommen, Pawn! Ob Sie eines gewaltsamen Todes sterben oder an Altersschwäche, es wird hier geschehen!«
Einen Moment lang war sie in Versuchung, zurückzulaufen und ihm das Messer in den Bauch zu rammen. Das würde eine Menge Probleme lösen. Aber sie war keine Mörderin, und was sie ihm abgerungen hatte, war viel zu wichtig.
Sie besaß das Heilmittel.
Sie war das Heilmittel.
Zwei Stufen auf einmal nehmend rannte sie die Treppe hinunter. Die Vorsicht beim Hinaufklettern war vergessen, während sie, endlich frei, hinuntersprang. Sie musste entkommen. Sie musste überleben.
Als sie unten ankam, stolperte sie, kullerte über den harten
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