Operation Genesis (Ein Delta-Team-Thriller) (German Edition)
tat sein Möglichstes, die nicht-menschlichen Augen zu vergessen, die ihn aus dem Gras heraus angestarrt hatten. Aber sie waren wie eingeätzt in seine Netzhaut, als hätte er vor dem Betreten eines dunklen Raums in grelles Licht gesehen. Er konnte ihren starren Blick noch auf sich fühlen. Denkend. Planend. Er wusste, wie es ist, in die Augen eines Raubtiers zu blicken. Das gehörte zu seinem Job. Aber das hier war anders gewesen. Urweltlicher. Geradezu böswillig. Grausamkeit um ihrer selbst willen.
Eine Kugel grub sich neben seinem Kopf in einen Baum und riss ihn aus seinen Gedanken.
Das Schachteam rannte um sein Leben. Die Fallen, die sie gelegt hatten, waren eine nach der anderen ausgelöst worden und mussten massive Verluste verursacht haben. Doch sie schienen die überlebenden Soldaten nur noch mehr anzustacheln. Anstatt sich zu reorganisieren und eine Strategie zurechtzulegen, stürmten sie zum Angriff, als wäre ihnen ihr Leben keinen Pfifferling wert. Sie feuerten wild drauflos. Sie schrien. Sie lachten höhnisch.
Wie sich herausstellte, war die Strategie brillant. Das Schachteam war völlig unvorbereitet darauf, einen Sturmangriff auf breiter Front zurückzuschlagen. Sie hatten soeben mit ihrem Aufstieg in die Berge begonnen, als die Hauptstreitmacht der regulären VPA-Soldaten ins Dorf schwärmte und die Hütten und die Toten beschoss. Dann,wie eine Hundemeute auf der Fuchsjagd, waren sie den Fußspuren des Schachteams hinauf in die Berge gefolgt. Sie feuerten während der Verfolgung pausenlos drauflos. King bezweifelte, dass die Schüsse gezielt waren, aber irgendwann würde einer einen Glückstreffer landen.
»Knight«, sagte King. »Such eine Stelle, wo wir diese Mistkerle festnageln können.«
Als schnellster Mann des Teams sprang Knight voraus, die Bergflanke empor. Dabei sah er sich nach links und rechts um und hielt Ausschau nach geeigneter Deckung. Die Baumstämme standen weit auseinander und fächerten sich zu dicht belaubten Ästen auf, deren Blätterdach kaum einen Sonnenstrahl durchließ. Auf dem Waldboden lag eine dicke Schicht Pflanzenreste und sonst kaum etwas. Sie brauchten etwas Massives, Kugelfestes, und zwar sofort.
Knights Puls beschleunigte sich, während er höher und höher sprintete. Mit jedem Schritt fühlte er sich dem Versagen näher. Das Leben seiner Teamgefährten hing von seinem Erfolg ab. Er kannte solche Situationen. Jedes Mitglied des Teams war schon mindestens einmal darauf angewiesen gewesen, dass Knight den perfekten Schuss setzte. Aber diesmal war es anders. Seine Geschicklichkeit im Umgang mit einem Scharfschützengewehr half jetzt nichts, höchstens seine Schnelligkeit, oder dass Mutter Natur einen Felsblock zur Verfügung stellte oder eine Spalte oder …
Da! Der graue Felsen hob sich deutlich von den braunen Pflanzenresten auf dem Boden ab. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Er hielt an und blickte zurück. Er konnte die Köpfe der anderen auf und ab tanzen sehen, während sie versuchten, ihn einzuholen.
Weiter unten erkannte er die Verfolger. Es waren mehr olivgrüne Uniformen, als er zählen konnte. Er fragte sich,ob das hier zu ihrem Alamo werden würde. Dann schüttelte er den Kopf. Wäre das Schachteam am Alamo dabei gewesen, die Sache wäre anders ausgegangen.
»King, direkt oberhalb von dir. Etwa eine Minute beim jetzigen Tempo. Jede Menge Deckung.«
»Verstanden, Knight. Kannst du uns ein bisschen Luft verschaffen?«
»Verpasse denen gleich eine Dosis Gottesfurcht.« Knight hatte den Felsblock in drei Schritten erreicht und kletterte hinauf. Erst als er oben stand, erkannte er, dass es keine natürliche Felsformation war. Es war eine Mauer. Oder die Reste davon – zehn Meter lang, einen Meter fünfzig hoch und sechzig Zentimeter dick. Uralt allem Anschein nach, aber stabil wie der Teufel. Eine bessere Verteidigungsposition konnte man sich nicht wünschen.
Er sprang hinter der Mauer hinab und benutzte sie als Stütze für das Zweibein seines halbautomatischen Heckler & Koch-PSG-I-Scharfschützengewehrs. Durch das Zielfernrohr sah er Somi an der Spitze des Teams, gefolgt von Queen, Rook und Pawn. King bildete die Nachhut und war daher das Hauptziel der verfolgenden Soldaten.
Knight verlagerte sachte den Lauf. Ein schnellfüßiger Soldat hatte King gegenüber aufgeholt. Er lag nur noch sieben Meter zurück und setzte gerade dazu an, das Magazin seines Sturmgewehrs in Kings Rücken zu leeren. Es war ein schwieriger Schuss; King lief im
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