Operation Genesis (Ein Delta-Team-Thriller) (German Edition)
vorbei und sah nur glitzerndes Blau. Ein senkrechter Sturzflug.
Er öffnete den Mund zum Schrei, doch kein Ton drang heraus. Er hämmerte mit beiden Fäusten auf seinen Sitz ein. Innerlich schrie er ihr zu, die Maschine hochzuziehen. Hochziehen!
Das unendliche blaue Glitzern kristallisierte sich zu einem Meer von Wellenkämmen. Ein durchdringendes Brausen erfüllte das Cockpit. Das Geräusch wurde immer lauter, immer durchdringender. Dann hob sich der blaue Ozean ihnen entgegen und griff nach ihnen.
King schlug die Augen auf. Dunkelheit umschloss ihn. Doch das Brausen in seinen Ohren blieb. Jeder Muskel tat ihm weh.
Immer wenn er unter starkem Stress stand, träumte King vom Tod seiner Schwester. Das war der Auslöser für ihn gewesen, zur Army zu gehen. Den Gedanken, dass sie tot war, konnte er auch jetzt nur schwer ertragen. Heute fühlte es sich besonders real an, als hätte er tatsächlich mit in dem abstürzenden Flugzeug gesessen. Doch dann kehrte mit Macht die Erinnerung an die Folter zurück, und er wusste nicht so recht, was ihm lieber war.
Einen Moment lang fragte er sich, ob er noch immer in seinem Alptraum gefangen war, denn das unablässige Brausen wollte nicht aufhören. Es klang wie das Geräusch, wenn sein Großvater nachts vor dem Fernseher eingeschlafen war, nach der Johnny Carson Show und der Nationalhymne, sechs Stunden weißes Rauschen. King hatte das wahnsinnig gemacht, doch seit dem Tod seines Großvaters vermisste er es plötzlich und ließ gelegentlich den eigenen Fernseher über Nacht durchlaufen. Es schienen nicht mehr viele Familienmitglieder übrig zu sein, die er mochte. Jedenfalls bis das Schachteam zusammenfand. Siewaren seine Ersatzfamilie, und er die Vaterfigur. Der sprichwörtliche Haushaltsvorstand.
Und jetzt ließ er seine Familie im Stich.
Er hob ächzend den Kopf. Seine Muskeln zuckten unkontrolliert, als er sie anspannte, und hörten erst auf, als er sich aufrecht gegen den Pfahl lehnte, an dem er festgebunden war.
»Es regnet.« Queens Stimme wirkte so kräftig wie eh und je. Im Geiste sah King sie vor sich, wie sie gewesen war, stark und schön. Aber er wusste, dass sie halb nackt dastand und ein Brandmal trug, das nie verblassen würde.
»Es tut mir leid«, sagte er.
»King.« Ihre Stimme klang sanft, fast zärtlich. »Halt den Mund.« King brachte ein unterdrücktes Lachen zustande, aber es schmerzte wie der Teufel.
»Leute?« Eine dritte Stimme, zittrig und leise. Sara.
»Wir sind hier, Sara.«
»Ich kann euch nicht sehen.«
»Das kommt vor mitten in der Nacht«, meinte Queen. »Es ist finster.« Ein Tisch kam ins Wanken, und sein Inhalt schepperte. Was zum Teufel war das? King durchbohrte die Dunkelheit mit Blicken. Jemand war bei ihnen im Zelt.
»Sprecht weiter«, sagte Sara.
»Sara, sei still«, zischte King und brachte es fertig, dass seine Stimme streng klang, obwohl sie nur ein Hauch war. Er wollte noch etwas hinzufügen, doch da berührte eine Hand sein Gesicht. Er zuckte zurück, und eine zweite Hand legte sich auf seine andere Wange. Dann glitten sie herab, und zwei Arme umschlangen ihn.
Er erwartete, im nächsten Moment entweder zerquetscht oder erstochen zu werden, doch der Schmerz blieb aus. Er fühlte nur einen zitternden Körper, der sich an den seinenpresste. Saras Stimme ertönte aus nächster Nähe, während sie die Stirn an seine Schulter legte. »Gott sei Dank. Alles in Ordnung?«
King war sprachlos. Offensichtlich ging sein Traum doch noch weiter. Wie war es möglich, dass Sara frei war?
»Wie?«, brachte er heraus.
Sara schniefte und wischte sich die tränenüberströmten Wangen. »Ich lese gern und gehe ins Kino. Man weiß doch, dass man die Muskeln anspannen muss, wenn man gefesselt wird, damit die Stricke locker bleiben.«
Kings Brust erbebte unter stummem Gelächter. Doch ein schmerzhafter Stich brachte ihn schnell wieder zu sich. »Normalerweise überprüfen sie das«, sagte er.
»Vielleicht bei Soldaten, aber nicht bei Laborratten vom CDC.«
Queens Stimme unterbrach sie. »Verdammt noch mal, Frau, binde uns endlich los!«
»Tut mir leid«, meinte Sara und begann dann hastig, Kings und Queens Fesseln zu lösen. Fünf Minuten später hatten sie ihre Kleider wiedergefunden und sich angezogen. Es fehlten lediglich die Seuchenmonitore und Queens BH. Einer der Soldaten hatte ihn wohl als Trophäe geklaut. Dann machten sie sich auf die Suche nach Waffen. Ihre Schießeisen hatten die VPLA-Soldaten an sich genommen, aber King
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