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Operation Glueckskeks

Titel: Operation Glueckskeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: York Pijahn
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Manufactum-Hackbrett aus neunfach gelaugtem Akazienholz ein nutzloses sein. Bolognese! Der Schrecken aller Johann Lafers und Sarah Wieners, die lieber vier Stunden Kniescheibengeschnetzeltes vom Koalabären-Männchen in Mandelmilch dünsten, als einfach mal Spaghetti aufzusetzen. Bolognese! Du bist der Feind all jener, die jeden Freitag mit Oberkochmütze Markus Lanz eine stressige Leistungsschau machen, in der es 17 verschiedene Sorten schottischen Hochland-Roquefort und luftgetrocknete Anchovis-Herzen gibt. Aber nie Kartoffelbrei oder Erbsensuppe. Nie »Gemüse mit«, sondern immer »Gemüse an«. In der Wein atmet, statt getrunken zu werden. In der Gemütlichkeit zu Tode flambiert und gelabert wird, bevor es Dinge wie Rosmarin-Süßkartoffel-Eis gibt. Was nicht nur bekloppt klingt, sondern auch genauso klosteinig schmeckt. Und dann soll man all den Mist auch noch loben.
    Höre ich mich aufgedreht, genervt und hysterisch an? Ich bin es. Die Bolognese hingegen hat mit all dem nichts zu tun. Neben dem überkandidelten Fernsehgekoche steht sie wie Bud Spencer neben einem Supermodel, das zwar toll aus der Wäsche guckt, mit dem man aber nicht drei Sätze reden kann. Könnte die Bolognese sprechen, würde sie einem ins Ohr
raunen: »Lass uns nicht über Kalorien reden, ich mach dich glücklich, Kleiner!« Und auch wenn die Bolognese aus den räudigsten Dosentomaten gekocht ist, die laut Aufdruck auf der eingedellten Büchse bis 2028 halten sollen - schon der erste Bissen feuert einen zurück in die eigene Vergangenheit. An einen Kindergeburtstagstisch, der einem bis zum Kinn reicht, an dem gegessen wird bis zum Umfallen, und zwar nur mit der Gabel. Nicht weil man das in einem total authentischen Studiosus-Reiseseminar in Umbrien gelernt hat. Son- dern weil es unglaublich Spaß macht, wenn einem Nudeln durchs Gesicht fliegen. »Wer will noch was? Ich! Ich! Ich!« Das ist der Soundtrack zu einer guten Bolognese. Mampfen, bis man auf dem Rücksitz eines VW Passat von einem Erwachsenen nach Hause gefahren wird, die Zahnspangendose vor der Brust. Rülpsend. Glücklich. Noch mal rülpsend. Immer noch glücklich. Und bereit für die Verdauungsstarre.
    Spaghetti Bolognese feuern einen zurück in die Vergangenheit, als es noch Spaß gemacht hat, wenn einem Nudeln durchs Gesicht flogen.
    Man kann das natürlich bescheuert und retro finden, ein schwiemeliges Lob der Einfachheit. Klar. Doch dann erwischt man sich dabei, wie man nachts auf dem Weg ins Bad Richtung Küche abbiegt, denn da steht der Topf mit den Nudeln und der Sauce. Und man will essen. Bis man den Löffel abgibt.

Espresso ti amo: Der Geist aus der Maschine
    Ü ber der Erde lag Dunkelheit. Sie war ein wüster Ort. Und die Nebel lichteten sich erst, als er erschien: klein und unfassbar stark, süß, sein Duft wogte ihm voran. Und die, die verzagt und mutlos waren, richteten ihre Augen auf ihn …
    So muss es gelaufen sein, als der Espresso in die Welt kam, der King of Wach. Ich sag es lieber gleich: Hier schreibt Dein treuester Anhänger, Espresso Darling, Caffè, amore mio. Muss man noch erwähnen, dass Espresso mehr ist als Kaffee in kleinen Tassen? Nein - aber ich tue es trotzdem. Um die Antwort des Schriftstellers Wolf Wondratschek auf diese Frage aufschreiben zu dürfen. Zwar sei in so einer Tasse nur wenig drin, so Wondratschek - und jetzt kommt’s -, »aber das Licht im Schliff eines Diamanten ist ja auch keine Leselampe«. Bingo. Ich verneige mich, wie viele Espressi muss man drin haben, um auf so eine smarte Formulierung zu kommen. Hoch die Tassen. Runter damit.
    Gegen den Espressotrinker wirkt jemand mit einer Tasse Tee wie ein Dauergast im Reha-Zentrum. Wie einer, der sich die Strickjacke schief zugeknöpft hat und dem immer ein bisschen die Nase läuft. »Ich glaube, der Tee muss noch ein bisschen ziehen« - bevor der Teetrinker diesen Satz vollendet,
hat der Espressotrinker schon drei Witze erzählt und dem Tee-Typen dessen Earl-Grey-Beutel ans Ohr gehängt. Kein Wunder, dass Espressobars keine kaminseligen Abhänger-Lounges sind, sondern Durchgangsstationen, in denen man steht, nicht sitzt. Rein, raus, wach. Die beste von ihnen ist übrigens die erste Autobahnraststätte nach dem Brenner auf italienischer Seite: Stilfes in Südtirol. Endlich das Schild »Autogrill«, endlich Italien und »prego« statt »bitte«. Baristas mit blauen Polohemden, welche die metallenen Espressofilter nicht ausklopfen, sondern aushämmern. Hier wird kein Getränk

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