Operation Macho
besser fühlen.“
„Okay, dann erzähle ich es dir“, sagte Lynn. „Meine Eltern haben Probleme, und deshalb …“
„Siehst du? Ich wette, bei denen geht es auch um sexuelle Dinge. Sprecht alles offen aus, und ihr werdet sehen, dass ihr mehr miteinander gemeinsam habt, als ihr denkt.“
Mühsam beherrscht stieß Tony die Worte zwischen den Zähnen hervor. „Wir sind vollkommen normal. Alle vier. Ist das jetzt klar?“
Lächelnd lehnte Jeff sich auf seinem Sitz zurück. „Du reagierst genau wie meine übrigen Patienten. Aber wenn du bereit bist, diese andere Seite an dir zu akzeptieren, dann ruf mich an. Ich kenne eine großartige Schwitzhütte.“ Er setzte sich einen Kopfhörer auf und schaltete einen kleinen Rekorder an, den er in der Hosentasche trug.
Tony blickte zu Lynn. Ja, dachte er, kein Zweifel, ich stehe auf Frauen. Im Moment wollte er ihr gern den Hals umdrehen, weil sie ihn in so eine Situation gebracht hatte, aber mehr noch sehnte er sich danach, diesen Hals zu küssen.
Sie presste die Lippen aufeinander und kämpfte gegen ein Lachen an.
Tony senkte die Stimme. „Das macht dir großen Spaß, stimmt’s?“
Wortlos nickte sie.
Allmählich konnte er auch über die Situation lächeln. „Ich musste mir ja in meinem Leben schon vieles anhören, aber so etwas noch nie. Was mag erst der Rest der Leute hier denken, nachdem ich lauthals über meine sexuellen Vorlieben berichtet habe.“
„Das spielt keine Rolle. Ich weiß, dass du ein ganzer Mann bist.“ Nach einer kurzen Pause sah sie ihn fragend an. „Oder etwa nicht?“
„Dafür wirst du büßen.“ Entschlossen nickte er und lächelte. Während das Flugzeug zum Landeanflug auf Phoenix ansetzte, überlegte er sich, wie er Lynn beweisen konnte, dass seine Drohung durchaus ernst gemeint war.
Als Lynn die Flüge reserviert hatte, hatte sie dafür gesorgt, dass ihre Eltern zuerst ankamen, sodass sie schon in der Ankunftshalle auf Tony und sie warten mussten. Dabei hatte sie sich ihren großen Auftritt genau ausgemalt.
Nach der Landung drängten die Passagiere zum Ausgang, und Tony beugte sich zu Lynn. „Lassen wir unserem neuen Freund Jeff ein bisschen Vorsprung“, flüsterte er.
Gerade in diesem Augenblick stand Jeff auf und legte Tony die Hand auf die Schulter. „Vergiss meine Nummer nicht“, sagte er. „Ich bin immer für dich da, wenn du einen Freund brauchst.“
„Verstanden“, erwiderte Tony, ohne ihn anzublicken.
„Wir sehen uns wieder.“ Jeff drückte ihm die Schulter und ging zum Ausgang.
„Das hoffe ich zu vermeiden“, murmelte Tony.
„Keine Sorge.“ Lynn bekam Mitleid mit ihm. „Ist dir jemals ein Sitznachbar aus dem Flugzeug später wiederbegegnet?“
„Du hast recht. Ist er weg?“
„Gerade zur Tür raus. Ich glaube, wir sind in Sicherheit.“
„Dann lass uns für deine Eltern so tun, als seien wir ein sexuell völlig normales Pärchen.“
Das Herz schlug Lynn bis zum Hals, als sie den Rollkoffer hinter sich herzog, während Tony dicht hinter ihr ging. Ich muss mir immer sagen, dass meine Eltern sich sonst scheiden lassen, nahm sie sich vor. Sie lieben sich, und eine Scheidung wäre ein entsetzlicher Fehler.
Kurz bevor sie aus dem Gang in die Halle traten, blieb sie stehen und blickte sich zu Tony um. „Bist du bereit?“
„Ja. Sobald wir aus dem Gang kommen, lege ich den Arm um dich. Sieh mich bewundernd an.“
„Bewundernd. Verstanden.“ Sie ging los.
Während der nächsten Sekunden erlebte sie einen Schock nach dem anderen. Zuerst entdeckte sie ihre Mutter, deren sorgfältige Frisur verschwunden war. Sie sah jetzt aus, als habe sie in eine Steckdose gefasst, doch die wild abstehenden roten Locken passten in keiner Weise zu dem ernsten Gesicht von Gladys Morgan. Sie trug ein hautenges grünes Top aus schimmerndem Stretch und gleichfarbige Shorts. Fast rechnete Lynn damit, Rollerblades an den Füßen ihrer Mutter zu sehen, doch Gladys trug Schuhe mit Plateausohlen.
Gleichzeitig zog Tony Lynn an sich und strich ihr mit den Lippen über den Hals. „Küss mich, Schätzchen“, flüsterte er.
„Tony, meine Mutter …“
„Deine Mutter braucht etwas zum Staunen.“
„Sie hat … oh nein!“ Lynns Blick streifte etwas weiter, und sie erkannte ihren Vater, der die Arme verschränkt hatte und ihr entgegensah. Bud Morgan hatte sich den Kopf kahl geschoren, und das Licht der Lampen spiegelte sich auf seinem Schädel. Um den Hals hatte er eine Kette mit einer modischen Sonnenbrille hängen,
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