Operation Ocean Emerald
einen Passagier. Ich betone Ihnen gegenüber,
monsieur le lieutenant
, dass ich es ernst meine.«
Das folgende Schweigen schien eine Ewigkeit zu dauern. Delacroix vermutete, dass Vierto mit einem Vorgesetzten sprach.
»Einverstanden. Wir geben Ihren Befehl an die Schiffe weiter, die in der Region unterwegs sind. Aber wir müssen uns auch mit den schwedischen, estnischen und lettischen Behörden in Verbindung setzen, um die Information allen Betroffenen übermitteln zu können.«
Delacroix ließ den Anflug eines Lächelns erkennen, das er jedoch sogleich wieder erstickte.»Ausgezeichnet, Herr Leutnant.«
Der große schwarze Lexus fuhr durch das Tor im hohen, undurchdringlichen Heckenzaun auf das Gelände des Delano Hotels in Miami. Ein Bediensteter in weißen Shorts und Hemd, der für das Parken der Fahrzeuge zuständig war, brachte den Wagen in die Tiefgarage.
Die beiden Männer in den dunklen Anzügen, die demLexus entstiegen waren, betraten die überdachte Terrasse mit den weiß getünchten hohen Säulen. Der Portier öffnete den beiden Männern die Tür, als sie zwischen Korbsesseln hindurch ihren Weg in die hohe Lobby fortsetzten.
»Wenn alles gut geht, verkaufen wir siebzig Prozent der Karibik-Saison ohne Rabatte. Das ist bei der aktuellen Marktsituation ein verdammt guter Schnitt«, sagte Max Lownie senior zu seinem Gesprächspartner, während sie einen langen Gang entlangmarschierten. Über zehn Meter hohe Säulen und vom Boden bis zur Decke gespannte weiße Stoffe unterteilten den Raum. Die Kombination von Stilmöbeln und Gartenstühlen aus Metall war nicht nach Lownies Geschmack, aber der exklusiven und vermögenden Kundschaft des Hotels Delano gefiel so etwas.
»Wir wollen Geld in der Kasse haben und kein wenn, wenn, wenn. Die Buchungen für die Ocean Emerald beruhen auf vielen Wenns.«
Lownie registrierte, dass der Tonfall von Jeremy Rosenblatt, dem Mitglied der Geschäftsleitung der Atlantic-Bank, die mit ihren Krediten die Ocean Emerald finanzierte, noch eisiger geworden war.
»Niemand konnte den elften September oder den Irakkrieg vorhersagen, und schon gar nicht, dass sich der Einsatz dort dermaßen in die Länge ziehen würde«, sagte Lownie beschwichtigend.
»Wir können keine einzige Zahlungsrate mehr aufschieben«, sagte der Mann von der Bank leise.
»Der Verkauf für die Wintersaison läuft gut an.«
»Hoffen wir es.« Rosenblatt stellte sein Glas auf einem runden Tisch mit brennender Kerze ab. Auf allen Tischen im Delano schienen Kerzen zu brennen. »Tut mir leid, Max. Ich hoffe, das wird sich nicht auf unser persönliches Verhältnis auswirken.«
»Die Dinge streiten, nicht die Männer«, sagte Max Lownie senior, klang dabei aber nicht sonderlich überzeugend. Sie gingen auf die Veranda, die zum Garten hin lag. Dort sollte Lownie mit den Chefs einiger kalifornischer Reisebüros und einem Reisejournalisten zu Abend essen. Das Delano war fürchterlich teuer, aber bei Reisebüro-Managern und Vertretern des öffentlichen Wortes durfte man nicht geizig sein.
»Wie geht es Gabriela?« Zur Abwechslung klang Rosenblatts Stimme einmal freundlich.
»Hervorragend. Sie ist gerade mit meinem Sohn auf der Emerald.«
»In welcher Gegend?«
»Auf dem Weg nach St. Petersburg …«
Lownies Handy klingelte. Seine Sekretärin hatte einen Filter aktiviert, der nur wenige ausgewählte Nummern durchließ. »Entschuldigung.«
»Max, hier ist der Teufel los
«
, sagte der für Seefahrtangelegenheiten zuständige Manager der Reederei.
»Die Emerald ist auf der Ostsee gekapert worden.«
Lownie ließ sich entgeistert auf ein Korbsofa fallen. »Was hast du gesagt?«
25
Kühles Wasser floss aus dem edel verchromten Hahn in Aaros Hände. Er löschte seinen Durst, streckte sich nach einem Handtuch und trocknete sich ab.
Auf der Herrentoilette der Aufzugshalle im Bugbereich von Deck 7 schaute er in den Spiegel, zerknüllte das Papierhandtuch und warf es in Richtung Abfalleimer. Der Ball prallte vom Rand des Eimers auf den Fußboden und blieb neben einer Grünpflanze liegen. Aaro zog eine Grimasse. Er war der miserabelste Basketballspieler der Brüsseler Europa-Schule, wenn nicht ganz Europas. Und er mochte keine kleinen Rückschläge. Die großen Umwälzungen nahm er dagegen ganz gelassen.
Mit übertriebenem Ächzen bückte sich Aaro, um das Papierhandtuch aufzuheben, aber plötzlich hielt er inne. Sein Blick fiel auf die Kunststoffwurzeln der Grünpflanze, die sich zwischen die braunen Steinchen
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