Operation Overkill
hing. »Gut, Sitzung um zehn Uhr drei beendet. Machen wir uns an die Arbeit.«
343
Amerikanische Botschaft,
Grosvenor Square, London
»Was meinen Sie, John? Können sie nicht oder wollen sie nicht?«, fragte Walter Hicks, der sich mit hallender Stimme auf der sicheren Transatlantikleitung meldete.
»Ich weiß es nicht genau«, erwiderte Westwood.
»Roger ebenso wenig. Aber wenn ich raten müsste, würde ich auf beides tippen. Wir haben keinerlei Hinweis darauf, dass der SIS eine hochrangige Quelle in Moskau hat. Die Berichte der britischen Nachrichtendienste, die ich in den letzten sechs Monaten zu sehen bekommen habe, deuten nicht darauf hin, dass sie einen wichtigen Informanten im näheren Umfeld von Regierung oder militärischer Führung sitzen haben. Außerdem haben auch wir nichts Handfestes, das wir dem SIS zeigen könnten. Selbst wenn sie also eine solche Quelle hätten, wären sie vermutlich nicht bereit, sie aufs Spiel zu setzen, obwohl wir dem JIC
reinen Wein eingeschenkt haben. Und ich kann es ihnen auch nicht verübeln«, fügte er hinzu.
»Nein, vermutlich nicht«, pflichtete Hicks ihm bei.
»Okay, John, wir haben ein paar gute und ein paar schlechte Nachrichten«, meldete sich Cliff Masters aus Langley. »Die gute Nachricht lautet, dass RAVEN gestern Kontakt mit Rigby aufgenommen hat.«
»Gestern?«, fragte John Westwood. »Und warum erfahre ich das erst jetzt?«
»Aus den üblichen Gründen«, erwiderte Walter Hicks. »Erst mussten wir die Mitteilung von Moskau 344
nach Langley schaffen. Dann musste sie übersetzt und ausgewertet werden – was nicht ganz einfach war.
Anschließend mussten wir entscheiden, was wir damit machen wollen. Diesmal handelt es sich um sehr genaue Angaben.«
»Aha?«
»RAVEN teilt mit, dass die letzte Komponente am Neunten dieses Monats im Westen eintreffen wird –
das ist der nächste Dienstag. Außerdem lässt er uns wissen, dass der Vollzug zwei Tage später stattfinden wird, am Donnerstag, dem Elften.«
»Was meint er mit ›Komponente‹?«, fragte Roger Abrahams.
»Das wissen wir nicht«, erwiderte Masters. »Aber wir sind hier allgemein der Meinung, dass er eine Art Waffe meinen muss.«
»Herr im Himmel«, murmelte Westwood. »Stand sonst noch was in der Mitteilung?«
»Das war der ganze Inhalt, von einem russischen Wort abgesehen – Pripiska. «
»Wegen diesem Wort hat sich die Übersetzung verzögert«, sagte Hicks. »Nach Auskunft der Linguistik-Abteilung handelt es sich um einen alten, umgangssprachlichen Ausdruck, der in etwa bedeutet, dass man falsche Angaben zur industriellen und landwirtschaftlichen Produktion macht. ›Die Bücher frisieren‹
trifft es von der Übersetzung her am ehesten.«
»Mir ist nicht klar, was das mit diesem Angriff zu tun haben könnte«, sagte Westwood.
»Uns auch nicht«, entgegnete Hicks. »Unsere Ana-345
lytiker vermuten, dass Pripiska möglicherweise der russische Codename für das Unternehmen ist, aber das ist mehr oder weniger nur geraten. Okay«, fuhr Hicks mit forschem Tonfall fort, »wir haben jetzt ein Datum vorliegen, etwas, an das wir uns halten können, aber ansonsten ändert sich dadurch gar nichts.
Ich möchte weiterhin, dass Sie sich nach Paris begeben, John, und zusehen, ob Sie bei den Franzosen irgendetwas erreichen. Roger, Sie reden noch mal mit Ihrem SIS-Mann und geben den Inhalt dieser neuen Mitteilung an das Joint Intelligence Committee weiter.
Ich glaube nicht, dass es irgendetwas nützt, aber man kann ja nie wissen.«
»Was gedenken Sie zu unternehmen?«, fragte Westwood.
»Allzu viele Möglichkeiten haben wir nicht«, erwiderte Hicks. »Der Direktor der Agency ist nach wie vor abwesend, deshalb leite ich derzeit den Dienst. Ich treffe mich in knapp zwei Stunden mit dem Präsidenten, und soweit ich das ersehen kann, bleibt mir nur eins übrig. Ich werde ihm raten, die Gefahr ernst zu nehmen und das Militär in Einsatzbereitschaft zu versetzen.«
East Anglia
Richter, der lieber auf der Old North Road, der A10, nach Cambridge fuhr als auf der schnelleren A1 (M) oder der Mil, näherte sich gerade Ware, als er den grauen Vauxhall Cavalier entdeckte. Er hielt sich vier 346
Autos hinter dem älteren Escort, den man ihm im Fuhrpark zur Verfügung gestellt hatte – der Transportoffizier hatte die Sache mit dem Granada offenbar noch nicht vergessen. Der Cavalier war ein alltägliches und unauffälliges Auto, aber Richter meinte es auf dieser Fahrt schon dreimal gesehen zu haben,
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