Operation Overkill
Bykow zurück, als er die Speznas -Männer auf-fordern wollte, den Reifen zu wechseln. »Nein«, sagte er. »Rufen Sie einen Reifendienst an.«
»Warum, General?«, fragte Bykow.
»Weil das sicherer ist«, erwiderte Modin. »Wir haben noch einen langen Weg vor uns, wenn wir die deutsche Grenze überquert haben, und sobald wir im Westen sind, möchte ich kein Aufsehen erregen.
Wenn so etwas noch mal passieren sollte, können wir uns selbst helfen und müssen niemanden rufen. Hier in Polen sieht die Sache anders aus.« Bykow bestätigte mit einem Nicken, dass er die Entscheidung einleuchtend fand.
473
Vierzig Minuten später traf der Werkstattwagen ein, aber da zwei Schrauben festsaßen, dauerte es alles in allem beinahe zwei Stunden, bis der neue Reifen montiert war. Es war schon fast halb elf, als der Konvoi weiterfahren konnte. Bevor die entsprechenden Befehle erteilt wurden, winkte Modin Bykow zu sich, worauf die beiden Offiziere eine Karte zurate zogen. Laut Plan sollte der Konvoi bei Jakuszyce die tschechische Grenze überqueren und dann über Prag und Pilsen nach Waidhaus an der deutschen Grenze fahren.
»Wir haben noch eine andere Möglichkeit«, wandte Bykow ein und deutete auf die Karte. »Wir könnten in Richtung Wroclaw umkehren und dann auf der E22
nordwestlich fahren, an Legnica vorbei.«
»Und danach?«, wollte Modin wissen.
Bykow deutete auf die Karte. »Durch Boleslawiec nach Zgorzelec.«
»Und über Görlitz nach Deutschland«, stellte Modin fest. »Ja, das hat gewisse Vorteile, weil wir dann auf der E63 und der E6 bis Nürnberg durchfahren könnten, und auf der Autobahn kämen wir sicher schneller voran als auf dem Weg durch Tschechien.«
Modin schaute auf seine Uhr, dann wandte er sich wieder der Karte zu und dachte nach. »Nein«, sagte er schließlich. »Ich glaube, wir sollten weiterfahren wie geplant. Diese Strecke wurde ausdrücklich gewählt, damit der Konvoi die deutsche Grenze möglichst weit westlich passiert.«
»Einverstanden«, sagte Bykow. »Das ist der sicherste Weg.«
474
»Heute ist es zu spät zur Weiterfahrt. Wir kehren nach Wroclaw zurück«, erklärte Modin gähnend,
»und machen dort irgendwo Halt. Morgen früh sind wir trotzdem an der tschechischen Grenze.«
Middlesex
Bentley und Richter brachen kurz nach acht mit dem Saab auf, um bei einem Chinarestaurant etwas zum Abendessen zu besorgen und damit Richter von einer öffentlichen Telefonzelle aus in Hammersmith anrufen konnte. »Zwanzig vor zehn im Dover Court Hotel«, sagte der Offizier vom Dienst lediglich, nachdem sich Richter zu erkennen gegeben hatte, und legte auf.
17
Montag
Ickenham, Middlesex und Dover
Richter war um sechs Uhr wach, und um kurz nach halb sieben kam er zwar noch immer etwas steif, aber vollständig angezogen in Bentleys Küche. Er hatte nach wie vor scheußliche Schmerzen, aber er konnte sich einigermaßen bewegen und wusste, dass er auch ohne allzu große Schwierigkeiten mit der Honda zurechtkommen würde.
Um sieben brach er auf. Innerhalb von drei Minuten war er auf der A40 und fuhr nach Osten in Richtung London. Gut eine Stunde später hielt er an der A2 in Bexley an und tankte. Der Verkehr wurde allmählich dichter, aber die meisten Autos fuhren in die City, während Richter in der entgegengesetzten Richtung unterwegs war. Bei Strood stieß er auf die M2, zockel-te aber weiter gemächlich dahin, da er noch viel Zeit hatte.
Um halb zehn fuhr er mit der Honda auf den Parkplatz des Dover Court Hotel und hielt in der hintersten Ecke. Er stellte den Motor ab; nahm den Helm ab und schloss ihn in dem Staufach unter dem Sitz ein.
Punkt neun Uhr vierzig ging er in die Lounge, fand einen freien Tisch und bestellte sich ein Kännchen 476
Kaffee. Richter entdeckte die beiden FOE-Männer, sobald sie durch die Tür kamen, und winkte ihnen zu.
Wenn man sich in aller Öffentlichkeit mit Kollegen vom Geheimdienst trifft – und die Lounge des Dover Court Hotel war um diese Tageszeit ziemlich voll –, darf man nicht so tun, als wollte man nicht gesehen werden, sonst fällt man erst recht auf. Wenn sich jedoch Geschäftsleute begegnen, die einander kennen, erregt das keinerlei Aufsehen. Nicht, dass Richter wie ein Geschäftsmann aussah. Ein-, zweimal schon hatte man seine Jeans und die Lederjacke mit abfälligen Blicken gemustert, und sein verpflastertes Gesicht wirkte auch nicht unbedingt Vertrauen erweckend.
Die beiden Männer kamen an Richters Tisch und setzten sich. Richter blickte
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