Operation Overkill
HS-146
weich auf und rollte zu einem Stellplatz fernab vom Flughafengebäude. Der Anblick der bulligen C-130
Hercules mit den RAF-Kennzeichen, die nur ein paar Meter entfernt stand, kam Richter nur zu bekannt vor.
Ross erwartete ihn an der Seitentür eines Hangars.
Richter grüßte ihn kurz und ging in das Gebäude. Colin Dekker war über einen Laptop gebeugt, der an ein Handy angeschlossen war. »Colin«, sagte Richter,
»wird Zeit, dass wir uns mal anderweitig treffen.«
Dekker blickte auf und grinste ihn an. »Das musst ausgerechnet du sagen. Okay, dein Mr. Simpson ist fleißig gewesen, während du in deinem Privatjet nach Frankreich gegurkt bist. Ich habe keine Ahnung, woher er sie hat, aber draußen vor dem Hangar stehen drei Renault Espace V6, voll getankt und abfahrbereit.
Das sind unsere Transportmittel. Außerdem hat er Lacomte eingeschaltet, und der hat seinerseits der France Télécom Beine gemacht, sodass wir jetzt genau wissen, von wo aus dieser Dernowi anruft. Ich habe vor ein paar Minuten eine E-Mail aus London erhalten. Außerdem wissen wir«, fügte Dekker hinzu, »wie dieser Dernowi heißt, beziehungsweise, unter wel-821
chem Namen er seinen Telefonanschluss beantragt hat.«
»Und zwar?«, fragte Richter, als Dekker den Laptop zuklappte und das Kabel abzog, mit dem er an das Handy angeschlossen war.
»Abdullah Mahmoud.«
»Ein Araber. Das ergibt schon mehr Sinn. Weiß man irgendwas über ihn?«
Dekker schüttelte den Kopf. »Bislang noch nicht, aber wir durchstöbern derzeit die Datenbanken unserer Verbündeten. Vermutlich ist es ein Deckname, also versprich dir nicht zu viel davon.«
»Und wo steckt er?«, fragte Richter.
»In einem reizenden kleinen Dorf namens St.
Médard. Das ist ein Weiler in der Nähe einer Ortschaft namens Manciet, an der N124 gelegen, hinter Auch. Von hier aus etwa hundertzehn Kilometer in Richtung Westen, auf ziemlich bescheidenen Straßen.
Wir sollten uns also lieber ranhalten.«
Buraydah, Saudi-Arabien
Sadoun Khamil ließ den Computer eingeschaltet, als er für ein paar Minuten aus dem Zimmer ging und einem seiner Männer auftrug, ihm etwas zu essen und zu trinken zu besorgen, da er davon ausging, dass ihm eine lange Nacht bevorstand. Er war kaum drei Minuten weg, als seine Mailbox einen leisen, doppelten Rufton von sich gab, der den Eingang einer E-Mail 822
anzeigte. Aber erst sechs Minuten später kehrte er zu-rück und warf einen Blick auf den Bildschirm. Weitere vier Minuten dauerte es, bis er die Nachricht entschlüsselt hatte, dann beugte sich Khamil vor und las den Text langsam und sorgfältig.
Die Antwort aus Pakistan entsprach seinen kühns-ten Erwartungen. Die Führung von al-Qaida hatte den sofortigen Vollzug von El Sikkiyn bewilligt. Zu der Fatwa und den belastenden Hinweisen bezüglich der Russen wollte man sich anschließend äußern, aber Khamils Anweisungen waren klar und unmissverständlich – er sollte Abbas den Auftrag erteilen, die letzte Phase unverzüglich in die Tat umzusetzen.
Eine Zeit lang saß Khamil reglos da und las die Mitteilung mehrmals durch, um sicherzugehen, dass er nichts missverstanden hatte. Er überlegte, ob er Abbas in Klartext verständigen oder ihn sogar anrufen sollte, entschied sich dann aber für die abgesprochene Ver-fahrensweise. Er verfasste zwei kurze Absätze an Abbas, fügte den Text hinzu, den er aus Pakistan erhalten hatte, und verschlüsselte die gesamte Nachricht.
Er baute den Text so in eine Werbe-E-Mail ein, dass es aussah, als wäre eine Zeile verrutscht, wählte einen geeigneten Sendeweg und schickte sie ab.
Er ließ den Computer weiter laufen und die Tür offen, damit er hören konnte, wenn weitere E-Mails für ihn eingingen. Dann begab er sich in den Aufenthalts-raum, wo vier seiner Männer im Schneidersitz am Boden hockten und sich eine arabische Fernsehsendung anschauten. Er wies sie an, auf den amerikanischen 823
Nachrichtensender CNN umzuschalten, den sie über Satellit empfingen. Das, so wusste er aus Erfahrung, war aller Wahrscheinlichkeit nach der erste Sender, der die Nachricht bringen würde. Vorausgesetzt, dass CNN den Sendebetrieb noch aufrechterhalten konnte, nachdem El Sikkiyn angelaufen war.
28
Freitag
Gascogne
Die Straßen waren nicht so schlecht, wie Colin Dekker befürchtet hatte, sodass die drei Renault fast die ganze Strecke mit gut hundertzwanzig Kilometern pro Stunde fahren konnten. Richter behauptete, er wäre immer noch nicht richtig wach, was auch nicht
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